Erstmals schreibt ein Parlament die
Relativierung zwischen Hitler und Stalin fest: Litauen macht die "Theorie
der zwei Genozide" zum Gesetz
Der deutsche Botschafter in Litauen:
Die Litauer haben die Juden getötet, weil sie
Kommunisten waren
Alles
ist relativ - auch Massenmord
Eigentlich gab es
wirkliche Problem in Wilna in der letzten Woche. Der Parlamentspräsident
Landsbergis liess einen grossen Teil der politischen Führung des Landes
einschliesslich Parteifreunde durch eine Spezialtruppe des Innenministeriums
bespitzeln. Da traf es sich gut, ein Thema anzupacken, bei welchem der
nationale Konsensus sicher ist. Einstimmig beschloss der SEIMAS (Parlament)
in Wilna die Deportationen nach Sibirien als Genozid zu sehen. Der einzige
jüdische Abgeordnete im Seimas, ein Mitglied der "Konservativen" ,Immanuelis
Zingeris stimmte auch dafür.
In Zeitungen und antisemitischen
Publikationen wird immer wieder die abstruse These aufgestellt, Juden
hätten einen Großteil der kommunistischen Partei gebildet, wären also
hauptverantwortlich für die massenhafte Verschleppung von Litauern nach
Sibirien. Der deutsche Botschafter in Litauen Ulrich Rosengarten, ein
dumpfer CSU-Stahlhelm, zeigte sich von diesen Thesen beeinflusst, als er
dem Autor gegenüber beteuerte "Litauer hätten Juden getötet, da diese
Kommunisten waren". Wären die Juden keine Kommunisten gewesen, wäre
ihnen wohl auch nichts geschehen. Der Hass der Litauer auf die
Kommunisten ist sehr gut verständlich - und damit endlich auch der
Judenmord. Bravo! Der Mann ist noch im Amt...
Der litauische Historiker Liudas Truska konnte nachweisen, daß nur
18.4% der Parteikader der KPdSU im Jahre 1940 Juden waren. Mit Einmarsch
der Sowjets wurden die meisten jüdischen Organisationen verboten, die
Firmen verstaatlicht. Die Anzahl der deportierten Juden war höher als
der damalige Anteil an der Gesamtbevölkerung. Der Treppenwitz der
Weltgeschichte ist, daß die Wahrscheinlichkeit für Juden, die im Gefolge
des Hitler-Stalin-Paktes im Jahre 1940 nach Sibirien verbracht wurden zu
überleben größer war als für diejenigen, die zurückblieben. Ab Juni 1941
hatten die Deutschen ihre mörderisches Werk begonnen. In 42 Orten wurden
Juden von einhemischen litauischen Nazis massenhaft getötet, bevor die
Deutschen überhaupt eintrafen.
Eine lautstarke nationalistische Minderheit treibt Litauen vor sich
hin. Viele Parlamentarier trauen sich nicht gegen diese Symmetrie der
Horror-Regime des 20.Jahrhunderts aufzutreten. Sie fürchten sich davor
selbst mit dem kommunistischen System in Verbindung gebracht zu werden.
"Die baltischen Gesellschaften sind von der Idee geprägt, der Holocaust
im Baltikum wäre besser in das Bewusstsein der Öffentlichkeit im Westen
gebracht worden, als das Leid der Letten, Litauer und Esten" meint dazu
der in Münster lebende lettische Soziologe Ojars Rozitis.
Parallelen dieser Entwicklung zu jenen in der CDU, die heute ähnliche
Vergleiche in Deutschland, in Kampf gegen die PDS verwenden wollen, sind
nicht zufällig.
SLW
Bericht eines Augenzeugen von den
Massakern in Litauen (hebr.): ''Blutiger Schlamm, Boz shel Dam!'' -
http://www.hagalil.com/shoah/holocaust/boz-dam.ra
-
Thema Litauen
Adamkus: Kurzbericht - Lebenslinien
Gebürtiger Litauer, flüchtet 1944 in die USA und kehrt nach ueber 50 Jahren
als Präsident zurück
Der 71 jährige pensionierte Leiter
der US-Umweltbehörde im mittleren Westen besiegte am 6.1.98 mit
hauchdünnen 11.000 Stimmen Vorsprung seinen Gegner, den ehemaligen
Leitenden Staatsanwalt Paulaskas. Unter den 3.8 Millionen Litauern ist
er nach Meinungsumfragen sehr beliebt. Seine Unhabhängigkeit und
westliche Ausrichtung werden geschätzt. Die Übernahme einger Mitarbeiter
des Ex-Präsidenten Brazauaskas wird von Beobachtern als Zeichen der
Kontinuität verstanden.
Die Schliessung des Kernkraftwerkes Ignlina, der den
Typ Chernobyl entspricht, lehnt der ehemlige Umweltbeamte ab. Seit den
70-ern reiste Valdas Adamkus fast jedes Jahr nach Litauen. In der
Bwegung SANTATRA SVIESA liberaler litauischer Exilintellektueller fand
er seine geistige Heimat.
Ehemalige Weggefährten stellen jedoch fest, der neue
Präsident würde sich zu sehr den Wählern verpflichtet fühlen, die im
ersten Wahlgang Landsbergis ihre Stimme gaben. Der heutige
Parlamentspräsident Landsbergis und "Vater der litauischen Revolution"
von 1991steht nach Beobachtern 1998 hauptsächlich für "Mythologischen
Nationalismus".
"Das Charisma des Val Adamkus entspricht dem einer
baltischen Sphinx" sagte ein US-Journalist nach einem Gespräch. Der
litauische Präsident hat weitreichende Kompetenzen in der Aussen-und
Sicherheispoltik, denen des französischen Staatsoberhauptes nicht
unähnlich.
haGalil onLine 06-1998 |