Schon in diesem Sommer, so hoffen sie, werden Reiche
aus aller Welt in die verarmte Kleinstadt nahe Jerusalem strömen und
sehr viel Geld beim Glücksspiel ausgeben. Manche Einheimische beschwören
schon das Bild von einem «zweiten Las Vegas» in der Wüste von Judäa.
Noch ist der Komplex aus Kasino, neunstöckigem
Luxus-Hotel und Restaurant am Eingang der vielleicht ältesten, aber
sicherlich am tiefsten gelegenen Stadt der Welt eine große Baustelle.
Das 50 Millionen Dollar-Projekt wird finanziert von der
palästinensischen Autonomie-Behörde und der österreichischen Gruppe
Casinos Austria.
Hunderte von Arbeitern aus aller Welt schuften im
Akkord in der sandigen Glut, um den glitzernden Spiel-Palast nach Plan
bis Mitte Juli fertigzustellen. Der palästinensische Projekt-Manager,
Abdul Nasser Dschibril, sagt: «Das Projekt wird Geld in die Region
bringen und in der Umgebung von Jericho mehr als 1 000 Arbeitsplätze
schaffen.» In Jericho werden bereits mehr als 100 Palästinenser von
österreichischen Fachleuten als Croupiers und Hotelangestellte
ausgebildet.
Die von der palästinensischen Wirtschaftsmisere
schwer geplagten Geschäftsleute in Jericho erhoffen sich von dem Projekt
bessere Einkünfte. «Die Spielbank ist gut für Jericho», sagt der
Besitzer eines kleinen Restaurants. «Vielleicht kommen dann endlich
wieder mehr Touristen hierher.»
Das Kasino-Projekt wird möglicherweise erstmals
Israelis in großen Reise-Gruppen nach Jericho bringen, eine
palästinensische Stadt, die sie ansonsten meiden. Denn in Israel (und
seit Februar auch in der sonst von israelischen Spielern scharenweise
besuchten Türkei) ist das Glücksspiel verboten.
Auch für reiche Araber aus ganz Nahost könnte sich
die palästinensische Spielbank als Magnet erweisen. Zwar gibt es auch in
Kairo und Beirut Luxus-Kasinos, in denen Öl-Scheichs Millionen
verspielen. Die Spielbank in Jericho liegt aber viel näher und könnte
sich nach Vorstellungen der Planer als neues «Mekka des Glücksspiels» in
Nahost erweisen.
Palästinenser reagieren jedoch nicht nur positiv auf
solche Aussichten. Die enge Beteiligung von Arafat-Berater Chaled
Salaam, dem «Wirtschaftszaren» der Autonomie-Gebiete, sowie dem Sohn des
Chef-Unterhändlers und Arafat-Stellvertreters Mahmoud Abbas (Abu Masen)
an dem Projekt hat unter vielen Palästinensern hinter vorgehaltener Hand
zu Spekulationen über Korruption geführt.
Besonders bei streng religiösen Palästinensern weckt
die Vorstellung eines Spielcasinos nur Mißtrauen und Ablehnung. Der
25jährige Munther Abdel Rahman aus Dschenin, der gerade sein Gebet in
der Moschee von Jericho beendet hat, sagt hitzig: «Das Kasino ist
schlecht für Religion und Traditionen. Es verstößt gegen den Islam, weil
es zur Auflösung sozialer Werte und schließlich jeglicher Moral führt.»
Sein Freund, der 23jährige Mohammed Khalil, denkt ähnlich: «Die
Autonomie-Behörde sollte ihr Geld lieber in Projekte investieren, die
besser für Land und Leute sind. Am meisten erregt sich ein älterer Mann:
«Wir wollen diese Leute hier nicht haben», sagt er wild gestikulierend.
«Die Leute in Jericho werden die Eröffnung verhindern, und wenn sie das
Kasino niederbrennen müssen.»