Die DVU-Parteizentrale in München gab am Freitag die
Teilnahme an der Bundestagswahl am 27.September bekannt. Die Beteiligung
am gleichzeitig stattfindenen Votum im ostdeutschen Bundesland
Mecklenburg-Vorpommern hatte schon vorher festgestanden. Nur in Bayern
(13.September) will die Partei nicht antreten, da sie mit der CSU
soviele gemeinsame Programmpunkte habe und eine Konkurrenzsituation
nicht im Sinne der gemeinsamen Ziele sei.
Mit einem altbekannten Gesicht gehen die
Rechtsextremen auf Stimmenfang. Der ehemalige Chef der
DVU-Konkurrenzpartei Republikaner (REP), Franz Schönhuber, will die DVU
ins Parlament in Bonn führen. Der 75jährige, der über seine Zeit in der
Waffen-SS ein Buch geschrieben hatte (Titel: 'Ich war dabei!'), hat es
sich zum Ziel gesetzt, den Streit unter den deutschen Rechtsparteien zu
beenden. «Die Programme sind nahezu identisch. Die Mitgliederstrukturen
zwischen DVU und Republikanern ebenfalls.» Die DVU habe reelle Chancen
auf den Einzug ins Parlament.
Sein Optimismus kommt nicht von ungefähr. Die
Parolen, mit denen die Partei am 26.April in Sachsen-Anhalt antrat,
finden besonders bei den Ostdeutschen Zuspruch. Nach einer Umfrage
stimmten 83 Prozent der Wahlkampf-Parole «Kriminelle Ausländer raus» zu,
59 Prozent dem Slogan «Deutsches Geld für deutsche Arbeitsplätze».
Doch auch für ganz Deutschland schätzt der
Politologe Jürgen Falter in einem Gespräch mit dem Nachrichtenmagazin «Der
Spiegel» das «Reservoir der Rechtswähler» auf über 20%. Es sei
jedoch unklar, wieviele davon als Wähler mobilisiert werden könnten.
Vor allem junge Menschen haben in Sachsen-Anhalt die
DVU gewählt. Die Konflikt-Situation seit dem Ende der kommunistischen
DDR mache sie leichter verführbar für radikale Ideologien als
Gleichaltrige im Westen, erklären die Experten. Auch der «stern»
schreibt: «Rechts-sein ist im Osten schon lange 'in'.» Motor der Trends
seien lose organisierte Kameradschaften. Ihnen gelinge es, mit
wechselnden Namen und Treffpunkten Jugendliche an sich zu binden:
«Rechtsradikaler Protest wird chic.»
Seit der Regionalwahl schlägt die Diskussion um die
Rechtsextremen immer neue Wellen. In ihrer Hilflosigkeit geizen die
bürgerlichen Parteien nicht mit gegenseitigen Schuldzuweisungen. Neue
Nahrung erhielt die Debatte durch den Bericht des Inlandsgeheimdienstes.
Im vergangenen Jahr wurden 48 400 Rechtsextremisten
(plus sieben Prozent) registriert. Die Zahl der gewaltbereiten Neonazis
beträgt 7 600 und stieg um 19 Prozent. Nach Erkenntnissen seien zwei
Drittel aller rechtsextremistischen Gewalttäter Jugendliche.
Insgesamt 11.719 Straftaten mit
rechtsextremistischem Hintergrund seien 1997 bekanntgeworden - ein
Zuwachs um 34%. Darunter seien 790 Gewalttaten, ein Anstieg von 27%.
Doch obwohl die Empörung in weiten Teilen der
Bevölkerung groß ist, werden diese Straftäter oft nachsichtig beurteilt.
«Politische Hintergründe werden ausgeblendet», schreibt die
Gerichtsreporterin der «Frankfurter Rundschau», Ingrid Müller-Münch, in
einem Bericht: «Denkstrukturen, nach denen rechtsextremistische Gewalt
ein 'dummer Jungenstreich' ist, zeigen sich überraschend
widerstandsfähig.»
Auch die DVU wird in Deutschland gern beschönigend
als «reine Protestpartei» bezeichnet. Ihre Wähler seien gar nicht
rechtsradikal, nahm zum Beispiel Sachsen-Anhalts Regierungschef Reinhard
Höppner seine Landsleute in Schutz: Viele hätten gar nicht realisiert,
daß es sich bei der DVU um eine rechtsradikale Partei handele. Der
Politologe Eckard Jesse, Experte für Extremismusforschung an der
Universität Chemnitz (Sachsen), erklärt zwar auch: «Eine Beschimpfung
der DVU-Wähler ist falsch.» Aber diese «Briefkasten- Partei» ohne
Programm und Personen müsse attackiert werden.
Er spricht damit einen schwachen Punkt der DVU wie
auch der REP an, die ihre Machtbasis immer wieder durch personelle
Querelen selbst untergraben haben. Es ist bekannt, daß der
DVU-Parteichef, der Verleger Gerhard Frey, keine Profilierung anderer
neben sich zuläßt. Einen Parteiapparat - und damit Konkurrenz für ihn -
gibt es nicht. Deshalb müsse auch dieses Mal der DVU in den Medien nur
ein «Forum zur Selbstentlarvung» gegeben werden. Auch eine von der
Ökopartei Bündnis 90/Die Grünen in Auftrag gegebenen Studie erklärt: Bei
den Rechten könnte man sich auf nichts mehr verlassen als auf die
«Spaltungsenergie als Folge der Führerideologie».
Doch so leicht läßt sich die Gefahr von Rechts wohl
nicht bannen. Jesse warnt vor der straff organisierten
Nationaldemokratischen Partei Deutschlands (NPD). Die Kader-Partei sei
gefährlich. Nach einem Bericht des Nachrichtenmagazins «Der Spiegel»
infiltriert die NPD gezielt DVU-Veranstaltungen und hofft, «langfristig
die Trümmer von Republikanern und DVU einsammeln zu können».