Das Ziel war erreicht, dachte man in Israel, die
«islamische Bombe» wurde verhindert. Doch wie so oft, war auch dieses
Gefühl der Sicherheit von nur kurzer Dauer. Iran und Libyen bauten nach
glaubhaften Analysen weiter an der islamischen Bombe und spätestens seit
den pakistanischen Tests am Donnerstag ist es amtlich: Die islamische
Bombe existiert.
Umgehend begann denn auch die Debatte, was diese
Verwirklichung aller israelischen Ängste nun konkret bedeutet. Gerald
Steinberg vom Begin-Dayan-Zentrum für Strategische Studien in Tel Aviv,
meinte noch am Donnerstag, die pakistanische Bombe sei nur im
südasiatischen Kontext von Bedeutung. Dies sei nicht die Bombe, vor der
sich Israel fürchten müsse.
Doch am Freitag gab es schon wesentlich besorgtere
Stimmen im Land. Inzwischen hatte sich Pakistan offiziell zur Atommacht
erklärt. Gerüchte, daß Pakistan die im April getestete Ghauri-
Langstreckenraketen mit Atomsprengköpfen bestückt hat, wurden von der
Regierung weder bestätigt noch dementiert. Vom pakistanischen
Nachbarstaat Iran abgeschossen, könnten sie Israel überall treffen.
Im Mittelpunkt der israelischen Analysen stand am
Freitag, ob nicht die Sanktionen vor allem der USA und Japans das genaue
Gegenteil des Beabsichtigten erreichen: Pakistan könnte beim Ausbleiben
von Finanzhilfen in Milliarden-Höhe zur Aufrechterhaltung des Friedens
im Lande genötigt sein, zu verkaufen, was es an Wertvollem besitzt.
Das Wertvollste scheint zur Zeit seine zur
Bombenreife entwickelte Nuklearkapazität. «Hard cash», meinte der
PBI-Report, ein Analyse-Papier israelischer Geheimdienstexperten, sei
auch zur Weiterführung des pakistanischen Atomprogramms der wichtigste
Rohstoff. Als wichtigster Käufer der pakistanischen Technologie wird in
Israel der Iran angesehen, der finanzkräftige und zur totalen
Vernichtung Israels entschlossene Staat der Mullahs.
Mit besonderer Sorge sehen israelische Experten die
Tatsache, daß die USA trotz aller Spionage-Satelliten die indischen
Atomtests nicht vorhersahen und daß sie trotz ihres Status' als einzig
verbliebener Weltmacht die pakistanischen Tests nicht verhindern
konnten. «Könnten nicht Bagdad und Teheran ebenfalls in der Lage sein,
zu verschleiern, woran sie arbeiten und dann der Welt plötzlich die
Überraschung präsentieren?», fragte ein Geheimdienstler.
Die Debatte in Israel hat wie immer, wenn es um
dieses Thema geht, einen weißen Flecken: Die eigene Nuklearkapazität.
Obwohl nie offen eingeräumt, gibt es keine ernstzunehmenden Zweifel mehr
an der Existenz der «jüdischen Bombe». Im Internet sind Sites einsehbar,
die zeigen, wo im Lande die angenommenen etwa 60 Atomsprengköpfe der
Israelis gelagert sind.
Israel hat den Atomteststopp-Vertrag unterzeichnet,
aber nicht den Vertrag über die Nichtweiterverbreitung der Waffe - denn
das hätte die Anerkennung ihres Besitzes bedeutet.