In diesem Zusammenhang wurde auf Mitglieder
einer im Osten Berlins beheimateten «Kameradschaft Treptow» aufmerksam
gemacht, die ein Mitglied der reformkommunistischen Partei des
Demokratischen Sozialismus (PDS) wegen Äußerungen über Rechtsextremisten
mit einer Rohrbombe umbringen wollten.
Ein sozialdemokratischer Stadtpolitiker hatte
in Berlin nachts an einer Bushaltestelle ein bedrohliches Erlebnis. Als
zwei junge Männer die Parteizugehörigkeit des Wartenden erfuhren, gaben
sie sich als Rechte zu erkennen und drohten: «Euch Linke kriegen wir
alle noch.» Der Politiker wurde geschlagen und ausgeraubt.
Selbst der deutsche Innenminister Manfred
Kanther sieht inzwischen die Gefahr rechtsterroristischer Strukturen im
Sinne einer «Braunen Armee Fraktion». Rechtsextremisten zögen «durchaus
solche Möglichkeiten ins Kalkül», hatte der Vizepräsident des
Inlandsgeheimdienstes, Klaus-Dieter Fritsche, jüngst angedeutet. Als
Beispiele nannte er ein im Januar in Jena (Thüringen) entdecktes
Sprengstofflabor, paramilitärische Übungen mit Waffen sowie in der Szene
kursierende Anleitungen zum terroristischen Handeln.
Bei einem Neonazi im Saarland wurden nach
Angaben des Geheimdiensts im vergangenen Jahr acht selbstgebastelte
Rohrbomben, eine Panzerfaust, ein Mörser, eine Schrotflinte und viel
Munition gefunden. Im Oktober wurden im Raum Meerane (Sachsen) bei
mehreren Neonazis Maschinenpistolen, Handfeuerwaffen und selbstgebaute
Sprengkörper sichergestellt.
Der Sozialforscher Bernd Wagner
erläuterte, daß rund 30 Prozent der jungen Leute in den ostdeutschen
Bundesländern rechtsextrem orientiert sind. Sie verträten die Meinung,
die Deutschen seien ein «homogener Stamm», der vor Rassenvermischung
geschützt werden müsse. Außerdem gebe es die Vorstellung, daß
Sozialkonflikte nicht mit rechtsstaatlichen Mitteln, sondern mit Gewalt
geregelt werden müßten. Die Gewaltbereitschaft sei jetzt besonders
ausgeprägt.
Besonders in Ostdeutschland hat sich eine
«totale rechtsextreme Szene» herausgebildet. Soziale Unsicherheit und
der radikale gesellschaftliche Wandel seit dem Untergang der
kommunistischen DDR und der Vereinigung beider deutscher Staaten
bereiten den Boden für ausländerfeindliche Gewalt. Die jungen Täter
lehnten den neuen Staat grundsätzlich ab. Diese Orientierungslosigkeit
verbunden mit Alkoholeinfluß und Gruppeneffekten, aber auch der
gezielten Agitation durch Rechtsextreme bilden die Basis für viele
Gewaltakte.
45 Prozent aller rechtsextremistischen
Gewalttaten wurden in Ostdeutschland registriert. «Eine große Welle von
Gewalt schwappt seit dem Ende der DDR von der Ostsee bis zur
tschechischen Grenze», so ein Angehöriger des Verfassungsschutzes.
Jugendclubs, Bahnhöfe und Tankstellen seien
im Osten der Bundesrepublik ohne die Anwesenheit der glatzköpfigen
jungen Männer mit den Bomberjacken und den Springerstiefeln kaum noch
vorstellbar. Sie haben sich zu lockeren Gruppen oder zu autonomen
Kameradschaften zusammengeschlossen. Immer häufiger werden
paramilitärische Organisationen und Terrorgruppen gegründet, hieß es.