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50s.gif (1706 Byte)50 Jahre nach der Staatsgründung:
Kämpfer, Kibbuznik und Kollektiv

Histadrut, Hagana und Kibbuz, die Grundpfeiler für die Gründung Israels, sind morsch geworden

Von Gerold Büchner

Schon des Alters wegen ist er ein Vorfahr des modernen Israel: Der Kibbuz Degania am Südzipfel des Sees Genezareth begeht in diesem Jahr seinen 89. Geburtstag, während der Staat der Juden in diesen Tagen den 50. Jahrestag seiner Gründung feiert. Nun würde zwar kaum ein Kibbuznik behaupten, in der ältesten Kollektivsiedlung am See stehe die Wiege der Nation; doch als sich 1909 fünf jüdische Landarbeiter zusammentaten und auf den Äckern von Degania die ersten Furchen zogen, bereiteten sie den Boden für das Wahrwerden einer Vision.

Ohne die landwirtschaftlichen Pioniere und ihren Erfindungsreichtum wäre der weite Weg vom Zionistischen Kongreß zu Basel 1897 bis zur Unabhängigkeitserklärung 1948 kaum bewältigt worden. Die Kibbuzniks gehören zum Gründungsmythos Israels wie die Gewerkschaft Histadrut und die Verteidigungskräfte der Hagana. Der heutige Zustand dieser drei Säulen der Staatsgründung zeigt aber auch, wie schnell Mythen verblassen.

Die Vision hatten die Zionisten in Basel zu Papier gebracht: die „Schaffung einer öffentlich-rechtlich gesicherten Heimstätte in Palästina“ für das jüdische Volk. Wie aber sollte das gehen – aus dem Nichts einen Staat gründen, ohne Nation und Territorium, ohne bereits funktionierende Gemeinschaft im Land der Väter und der Träume? Theodor Herzl suchte die Antwort in der großen Diplomatie. Am liebsten wäre ihm ein Schutzbrief Kaiser Wilhelms II. für die Kolonisierung gewesen. Aber Deutschland zeigte wie die anderen Großmächte wenig Begeisterung für das zionistische Vorhaben. Zudem geriet der Jischuw, die damals etwa 50 000 Menschen große jüdische Gemeinde in Palästina, zunehmend in Bedrängnis. Die Siedlungen des französischen Barons Rothschild waren kaum lebensfähig, auf den Feldern arbeiteten immer mehr arabische Tagelöhner. Viele Juden wanderten ob der Mißstände wieder aus oder in die Städte ab. „Noch ein wenig, und wir sind verloren“, beschrieb der Lehrer Josef Witkin den Zustand des Siedlungsprojekts zu Beginn des 20.Jahrhunderts.

„Ein verwegenes Unternehmen“

Im Todesjahr Herzls aber begann 1904 mit der zweiten Alija (Einwanderungswelle) die Wende. Vor neuen Pogromen in Osteuropa flohen Zehntausende Juden ins Gelobte Land. Die Neuankömmlinge, unter ihnen der 19jährige David Grien aus dem polnischen Plonsk, brachten außer Aufbruchstimmung und meist sozialistischer Gesinnung nicht viel mit, aber sie waren voller Tatendrang. Bis zum Ersten Weltkrieg verdoppelten sie die Zahl der Siedlungen auf 40. Vor allem aber entstanden in diesen Jahren aus Frust über hemmende Hierarchien und aus der Not die ersten landwirtschaftlichen Kollektive. Wichtigster Grundsatz der Kibbuzim war die „jüdische Arbeit“, was eine Beschäftigung billiger arabischer Lohnkräfte ausschloß. Allein die jüdischen Pioniere sollten den Boden beackern und von der Milchkanne bis zur Kindererziehung alles teilen, um so die „neue Gesellschaft“ zu schaffen.

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Die Kibbuzim, ein „verwegenes Unternehmen des jüdischen Volkes“ (Martin Buber), legten den Grundstein für die Gemeinwirtschaft in Israel. Als David Grien, der seinen Nachnamen inzwischen zu Ben Gurion hebräisiert hatte, 1948 den Staat ausrief, lebte jeder zwölfte jüdische Bürger in einem Kibbuz. Weit größer noch war die Wirtschaftsleistung der Kollektive, die bis heute ein Drittel zur landwirtschaftlichen Produktion beitragen. Allerdings leben in den 270 Kibbuzim nicht einmal mehr drei Prozent der israelischen Bevölkerung. Mit der Zeit sind die hehren Grundsätze geschwunden: Heute werden Lohnarbeiter angestellt, immer mehr Kibbuznikim verdienen ihr Geld außerhalb der Siedlung. Das Verbot privaten Besitzes ist aufgehoben, in den Speisesälen vieler Kibbuzim müssen die Mitglieder für ihr Essen bezahlen. Aus dem sozialen Experiment ist eine fast normale Lebensform geworden.

Histadruth

Ähnliches widerfuhr den Gewerkschaftern. Wie die landwirtschaftlichen Kollektive stand auch die Histadrut bis zur Staatsgründung und noch lange danach für die Verbindung von Gemeinwirtschaft und Exklusivität: Offen für alle Juden und egalitär nach innen, verschlossen für die Araber. Die 1920 gegründete Histadrut übertrug das Prinzip „jüdischer Arbeit“ vom Feld auf die Fabrik. Die Gewerkschaft baute unter dem britischen Mandat eigene Betriebe und Kooperativen auf, gründete Schulen, eine Krankenversicherung, eine Bank und sorgte für Bildung wie Ausbildung ihrer Mitglieder. Erster Chef der Histadrut war Ben Gurion, der auch hier sein organisatorisches Talent bewies: Bereits 1930 gehörten dem Verband, der schon damals weit mehr als eine Gewerkschaft war, drei Viertel aller jüdischen Arbeiter in Palästina an. Nicht zuletzt unterstand der Histadrut die kurz nach ihr gegründete Hagana, der bewaffnete Selbstschutz der Siedler gegen arabische Überfälle.

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1948 wurde aus dem „Staat vor dem Staat ein Staat im Staat“, wie es ein heutiger Histadrut-Funktionär beschreibt. Noch vor wenigen Jahren war die Mehrzahl der Israelis organisiert, die Rundum-Versorgung der Gewerkschaft reichte von Kulturveranstaltungen bis zur Krankenbetreuung und Rentenzahlung. Der palästinensischen Minderheit in Israel hingegen verwehrte die Histadrut bis in die sechziger Jahre die Aufnahme; wenn schon die Arbeit nicht mehr allein „jüdisch“ war, sollte zumindest die soziale Sicherheit Vorrecht der Juden bleiben. Der Niedergang der Gewerkschaftsbewegung begann 1977, als nach 30 Jahren sozialdemokratischer Herrschaft der rechte Likud an die Regierung kam. Menachem Begin, zu Ben Gurions Lebzeiten dessen Erzrivale, kürzte die Subventionen für gemeinwirtschaftliche Betriebe. Die um Krankenkasse und Eigenbetriebe abgespeckte Histadrut hat heute nur noch einige hunderttausend Mitglieder und ist eine „normale“ Gewerkschaft.

„Armee als Schule der Nation“

Dritter Grundpfeiler beim Aufbau des Staates war die bewaffnete Verteidigungsorganisation, die Ben Gurion zwei Wochen nach der Unabhängigkeit zur regulären Armee umwandelte. Nach gewaltsamen Auseinandersetzungen zwischen Siedlern und Arabern war die Haganah 1921 von den Arbeitsparteien unter Federführung der Histadrut ins Leben gerufen worden. Sie blieb trotz Abspaltungen radikaler Gruppen, die Vergeltung für arabische Anschläge und offensiven Kampf gegen die Mandatsmacht Großbritannien forderten, stärkste militärische Kraft der Zionisten. Dazu trug auch ihre Verflechtung mit Histadrut und den Kibbuzim bei: Pioniere gründeten Wehrsiedlungen, Kibbuzniks gehörten zu den besten Kämpfern der Hagana.

Mit Hilfe der gewerkschaftlichen, militärischen und kollektiv-bäuerlichen Organisation prägten die Linkszionisten unter Ben Gurion das Aufbauwerk im Palästina der Mandatszeit und retteten ihre Vorherrschaft in den jungen Staat. 50 Jahre Unabhängigkeit und fünf Kriege gingen auch an den Streitkräften nicht spurlos vorüber. Sie waren einst „Schule der Nation“, das größte Integrationsprojekt für Millionen Neueinwanderer. Ausgerechnet der triumphale Sieg im Sechs-Tage-Krieg 1967 war Keim für inneren Zwist. Während in der einst von der Linken beherrschten Armee die Zahl religiöser Soldaten wächst, wollen immer mehr säkulare Jugendliche den Militärdienst umgehen. In der Bevölkerung mehren sich außerdem Zweifel, welchen Sinn etwa die andauernde Besetzung des Südlibanon oder der 1967 eroberten Palästinensergebiete haben soll.

Wieweit die Krise, in der die vorstaatlichen Institutionen 50 Jahre nach der Staatsgründung stecken, eine Normalisierung der Gesellschaft widerspiegelt, ist umstritten. Der Historiker Benny Morris spricht von einer „generellen Bewegung des Landes weg von der Ideologie“. Wichtig sei heute, „was gut ist für den einzelnen, nicht für das Kollektiv“. Der Soziologe S. N. Eisenstadt indes warnt davor, nach dem „Zerfall des Gesellschaftsmodells der Arbeiterbewegung“ allzuviel Hoffung in die Entwicklung einer „normalen“ Nation zu setzen.

Unstrittig ist, daß sich Israels Gesellschaft von vielen Anfangsgrundsätzen verabschiedet hat: Aus der Egalität wurde Individualismus, aus gewerkschaftlicher Allmacht eine weitgehend freie Marktwirtschaft, aus militärischer Geschlossenheit eine Debatte über Verteidigungspolitik. Einer 50jährigen aber wird man wohl zubilligen, daß sie das Erbe der Vorfahren auf Brauchbarkeit prüft.

SZ vom 02.05.1998

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