Der 'Schöne Toni' Malloth auf
der Bühne Joshua Sobols
"Schöner Toni" im Theater im Künstlerhaus:
Nicht Rache,
sondern Gerechtigkeit
Von Brigitte Suchan
Als österreichische
Erstaufführung bringt der "Verein lebendes Theater" Joshua Sobols
Dokumentationsdrama "Schöner Toni" im Theater im Künstlerhaus. Sobols Stück
liegt die Dokumentation "Haus Deutschland" oder "Die Geschichte eines
ungesühnten Mordes" von Peter Finkelgruen zugrunde.
Ausgehend von einer Zeitungsnotiz beginnt
der jüdische Journalist Peter Finkelgruen in der Vergangenheit zu
forschen und stellt dabei fest, daß sein Großvater in der kleinen
Festung Theresienstadt während des Zweiten Weltkrieges vom Wachmann
Anton Malloth ermordet wurde. Der Südtiroler Anton Malloth, 1988 von
Italien an Deutschland ausgeliefert, wird auf Staatskosten in einem
Münchner Altersheim untergebracht und erhält 1989 die deutsche
Staatsbürgerschaft, die verhindert, daß er in die Tschechoslowakei
abgeschoben wird, wo er wegen Kriegsverbrechen in Abwesenheit zum Tode
verurteilt wurde. Peter Finkelgruen stellt die Ergebnisse seiner
Recherchen den deutschen Gerichten zur Verfügung und erwartet, daß die
Gerechtigkeit im Sinne des Rechtsstaates ihren Lauf nimmt. Das
angestrebte Ermittlungsverfahren gegen Anton Malloth wird jedoch
eingestellt, Finkelgruen dazu verurteilt die Gerichtskosten zu bezahlen.
Anton Malloth, den die Insassen des Lagers Theresienstadt angstvoll
"Schöner Toni" nannten, lebt auch heute noch unbehelligt in einem
Altersheim.
Joshua Sobol hat aus dieser wahren
Begebenheit ein erschütterndes und anklagendes Theaterstück gemacht. Die
Geschichte seiner Familie erfährt der Enkel Peter Finkelgruen in
Rückblenden. Sobol bringt sie in Verbindung mit der Lebensgeschichte des
Anton Malloth, der nach seiner Auslieferung nach Deutschland einem
Staatsanwalt Rede und Antwort geben muß.
Hubert Tscheppe als Anton Malloth liefert
eine beeindruckende Studie eines einfachen Mannes, den die Umstände und
seine Gesinnung zum mehrfachen Mörder gemacht haben. Er ist nicht das
böse Monster, sondern einer von vielen, der nette Nachbar von nebenan,
den Tscheppe dem Publikum beängstigend nahebringt. Jörg Stelling gibt
einen souveränen Staatsanwalt, für den die ganze Geschichte mehr eine
organisatorische als eine menschliche Herausforderung ist. Stolz
präsentiert er den "ganzen Holocaust auf zwölf Disketten". Wer darin
nicht aufscheint, hat nicht existiert. Beeindruckend ist auch Bigi
Fischers alte Tante Bela, die Finkelgruen in einer berührenden Szene
schließlich von der Ermordung seines Großvaters erzählt.
In der sachlichen Regie von Günther
Treptow bemühen sich Christoph Künzler als Peter Finkelgruen, Ruth
Brauer, Klaus Fischer, Willy Höller, Katharina Manker und Alexander
Mitterer mit unterschiedlichem Erfolg um ihre Rollen. Die Aufführung hat
vor allem zu Beginn einige Längen und während der fast
zweieinhalbstündigen Spieldauer ohne Pause kommt manchmal die Spannung
ein wenig abhanden. Trotzdem ist "Schöner Toni" ein berührender und, in
Zeiten wie diesen, ein wichtiger Theaterabend.
19.4.1998
- SS-Malloth:
Der Mann muss vor Gericht gestellt werden
Die Zeiten, als Anton Malloth noch der »schöne Toni«
war, sind längst vorbei. Mittlerweile ist er 85 und lebt in einem
Altenheim in Pullach, München. Die Heimkosten werden vom Sozialamt
gezahlt. Das ist praktisch, denn so kann er die Einnahmen aus der
Vermietung seines Mehrfamilienhauses in Meran anderweitig verwenden,
z.B. für die »Stille Hilfe für Kriegsgefangene und Internierte e.V.«,
die sich so rührend um ihn kümmert.
- Himmlers Tochter
hilft den alten Gefährten
Gudrun "Püppi" Burwitz in der "Stillen Hilfe" für
bedrängte SS-Männer. Auch Anton Malloth ist ihr und ihren Freunden
dankbar.
Publikation: März 98
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