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Berliner Zeitung:
Ein Judenplatz für Berlin

Von Jan Ross

Der Vorschlag hat etwas Atemberaubendes, die Sprache Verschlagendes, und vielleicht ist er deshalb bislang nicht wirklich erörtert, ja kaum ernsthaft wahrgenommen worden. Vor zehn Tagen veröffentlichte die "Zeit" auf ihrer Titelseite einen kurzen Artikel des Journalisten Dieter Bachmann, der statt eines Holocaust-Mahnmals in Berlin die Umbenennung des Potsdamer Platzes in "Judenplatz" anregte. "Man wird sich dort verabreden, auf dem Judenplatz. Eine U-Bahn-Station wird so heißen. Dem Taxifahrer wird man die Adresse angeben, Judenplatz. Man wird das Verdrängte bei jeder Gelegenheit aussprechen. Es braucht fünf, sechs Straßenschilder, sonst nichts. Das ist das Denkmal, das wehtut."

Das ist es wirklich. Jeder, ausnahmslos jeder, der von der Idee hört, ist in ganz anderer Weise verwirrt und schockiert als bei der Betrachtung oder Diskussion der bildnerischen Mahnmal-Entwürfe. Im Vergleich mit dem tatsächlich verstörenden "Judenplatz" erweist sich die Harmlosigkeit und damit die Unangemessenheit des Ausweichens in die Kunst, wie sinnreich oder großartig sie auch sein mag.

Es ist die krude Direktheit, von der die außerordentliche Wirkung ausgeht; es heißt eben nicht "Platz der jüdischen Opfer" oder "Platz der Opfer des Holocaust". "Judenplatz" klingt brutal, wie "Judenstern" oder "Judenmord".
Es ist ein Name, der der Sache, um die es geht, gleichsam ins Gesicht sieht. Der Haß, den die Verfolger in das Wort "Jude" legten, klingt ebenso darin mit wie eine Selbstverständlichkeit, die es nicht mehr geben kann und die doch das wenn auch unerreichbare Ziel alles Lernens aus der Erinnerung ist.

Dieses Mahnmal hätte die Zeit, die weitergehende Geschichte, vor deren gewandeltem ästhetischem Geschmack jeder avantgardistische Kunstversuch einmal läppisch oder überholt wirken kann, nicht zu fürchten. Was man sich bei dem Wort "Judenplatz" denken wird, mag sich verändern mit der wachsenden Entfernung vom Nationalsozialismus.
"Einstmals", schreibt Dieter Bachmann, "wird auch dies wieder ein gewöhnlicher Platz sein, ein Straßenname unter anderen wie Hohenzollernallee oder Kurfürstendamm". So schneidend die Bezeichnung "Judenplatz" jetzt auch wirkt, sie versperrt nicht eine Historisierung im guten, nicht apologetischen, sondern zukunftsoffenen Sinn.

Sie würde das Vergehen der Vergangenheit ebenso anzeigen wie ihre Wiederkehr. Jede Schändung eines jüdischen Friedhofs, jede Hakenkreuzschmiererei an einer Synagoge würde den Klang des Namens wieder verschärfen. An einem Judenplatz in Berlin wäre jederzeit abzulesen, wie es um Deutschland steht.

Ein Service von Berliner Zeitung, TIP BerlinMagazin, Berliner Kurier und Berliner Abendblatt
© G+J BerlinOnline GmbH, 12.03.1998

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