Brücke
zwischen Frauenkirche und Synagoge
Dresdner Stiftung für das christliche Gotteshaus hilft
beim Neubau des jüdischen Gebetshauses
Die traurige Verbindung zwischen den beiden zerstörten
Bauwerken ist auch für viele Dresdner offenkundig: Die Reichspogromnacht am
9. November 1938, in der die Synagoge der Stadt von Dresdnern vernichtet
wurde, stand am Anfang der Katastrophe, an deren Ende die Frauenkirche in
Trümmer fiel. Nun wird in der sächsischen Landeshauptstadt eine positive
Verbindung zwischen der Frauenkirche und der Synagoge geknüpft. Während der
Wiederaufbau der nach der Bombennacht vom 13. Februar 1945 eingestürzten
Frauenkirche für alle sichtbar vorangeht, hilft die Stiftung Frauenkirche
dem Förderverein für den Bau einer neuen Synagoge, Geld für das Projekt zu
sammeln.
Für diesen Freitag laden der Förderverein und die
Frauenkirchen- Stiftung gemeinsam zu einem Benefizkonzert; gespielt wird
in der Unterkirche der Frauenkirche, die – unterhalb der Großbaustelle
im historischen Zentrum – bereits seit 1996 fertiggestellt ist.
Die Dresdner Synagoge war von 1838 bis 1840 nach
Entwürfen von Gottfried Semper nahe der Brühlschen Terrasse und unweit
der nach ihm benannten Oper erbaut worden. In der Reichspogromnacht
wurde sie in Brand gesteckt; die Stadt ließ die Reste abtragen und im
Straßenbau verwenden. Die Kosten für den Abriß wurden der jüdischen
Gemeinde aufgebürdet. Die jüdische Gemeinde zu Dresden hatte vor 1933 an
die 6000 Mitglieder, im Januar 1945 lebten nur noch 174 jüdische Männer,
Frauen und Kinder in Dresden. Sofern sie die alliierten Luftangriffe am
13. Februar überstanden hatten, konnten sie den Holocaust überleben:
Nach diesen Bombenangriffen fanden keine Deportationen von Juden mehr
statt.
Der Wiederaufbau der Gemeinde nach dem Krieg wurde durch
stalinistische „Säuberungen“ Anfang der fünfziger Jahre erschwert; viele
Mitglieder verließen die DDR. Später gab es nur ein eingeschränktes
Gemeindeleben für die zunehmend überalterte Gemeinde. Die Gottesdienste
werden seither in der umgestalteten Totenhalle des jüdischen Friedhofs
abgehalten. Vor der Wende lebten noch 60 meist betagte
Gemeindemitglieder in Dresden. Heute besteht dagegen wieder Bedarf für
ein Gotteshaus: Dresdens jüdische Gemeinde ist in den Jahren seit der
Wende vornehmlich durch Zuzug aus Osteuropa auf 160 Mitglieder
angewachsen.
Für den Bau einer neuen Synagoge hat sich ein großer
Unterstützerkreis gefunden, zu dem als Schirmherren neben
Ministerpräsident Kurt Biedenkopf auch Landesbischof Volker Kreß,
Bischof Joachim Reinelt und Oberbürgermeister Herbert Wagner zählen. Das
Engagement geht auf eine Initiative „Begegnung mit dem Judentum“ aus dem
Jahr 1981 zurück.
Sie bemühte sich mit Gesprächskreisen in der Dresdner
Annenkirche, in der Öffentlichkeit Verständnis für das Judentum zu
wecken. Ein Jahr vor der Wende erarbeitete der Arbeitskreis eine sehr
beachtete Ausstellung über „Leben und Leiden der Juden in Sachsen“. Der
damalige Pfarrer der Annenkirche, Siegfried Reimann, stieß 1995 mit
einem Brief an den Oberbürgermeister auch die Gründung der Initiative
für den Bau der Synagoge an.
Die neue Synagoge soll nach einem Entwurf des
Saarbrücker Architektenbüros Wandel, Hoefer, Lorch unweit ihres früheren
Standorts entstehen und weitgehend aus Spenden finanziert werden – die
Kosten werden auf 17 Millionen Mark veranschlagt. Am 9. November soll
der Grundstein gelegt werden. Bisher sind beim Förderverein 600 000 Mark
eingegangen, hinzu kamen staatliche Hilfen.
Jens Schneider SZ vom 27.02.1998
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