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Neue Heimat Pariser Straße

Jüdische Kontingentflüchtlinge aus der Ukraine fangen, trotz großen Problemen, in München/Haidhausen ein neues Leben an.

N.F. Haidhausen

Die Menschen aus der Ukraine haben ihr Land nur ungern verlassen. Sie haben es meist für die Zukunft ihrer Kinder getan. Sie gehören zu den jüdischen Kontingentflüchtlingen, die derzeit nach und nach in die Sammelunterkunft in der Haidhauser Pariser Straße ziehen.

Sie leben dort ziemlich beengt. Eine ältere Frau bewohnt dort mit ihrer Tochter und Schwiegersohn ein Zimmer. Nebenan ist ein junges Paar mit einem dreijährigen Jungen untergebracht. Er soll es einmal besser haben, gesund aufwachscn, deshalb sind seine Eltern hier. In der Ukraine gibt es viel Smog, das Wasser ist schlecht, das ganze Land spürt immer noch die große Katastrophe von Tschernobyl. Viele Kinder sind krank. Der Dreijährige wird im Kindergarten von seinen Alterseenossen schnell Deutsch lernen.

Für die Älteren ist die Sprache ein großes Problem. Ein russisch-deutsches Wörterbuch stammt noch aus der Schulzeit - das Wort Girokonto gab es damals in der Ukraine noch nicht. Ein Konto zu eröffnen ohne das passende Wort zu kennen ist nahezu unmöglich. Ihr Deutschunterricht war nicht besonders gut. Wie hätten die Lehrer auch ahnen sollen, daß sie 30 Jahre später in München ein Konto eröffnen wollen. Seit Anfang Februar besuchen sie zwar einen Sprachkurs, aber Kontakt zu Deutschen haben sie nur im Arbeits- oder Sozialamt. Und dort sind die Sprachschwierigkeiten am größten. Das Sozialamt hat zwar einen Dolmetscher, die Formulare vom Arbeitsamt müssen die Flüchtlinge aber alleine ausfüllen. Die Papiere in bestem Amtsdeutsch sind für die Flücht linge ohne Übersetzungshilfe fast nicht zu bewältigen. Von der israelitisehen Kultusgemeinde - die die Betreuung übernehmen will - war noch niemand da.

Alles was möglich ist, erledigen die Flüchtlinge zu Fuß, denn das Sozialamt zahlt nur die Hälfte der MVV-Tageskarten. Den Rest müssen sie selber drauflegen. Häufige Fahrten mit dem MVV sind da nicht drin. Für sie ist München eine schöne Stadt. Von der schönen Stadt kennen sie bisher das Olympiazentrum, Marienplatz. Karlsplatz und den Spielplatz. In der Küche bevorzugen sie noch Heimisches: In der einen Wohnung duftet ein ziemlich gelungener Borschtsch. Flexibler sind sie bei der Auswahl der Getränke - das Münchner Bier hat es ihnen schon angetan.

Angst vor der Zukunft haben sie alle. Sie wollen arbeiten, aber manche sind schon in einem Alter, wo es bestimmt nicht leicht wird. Zumal die Neuankömmlinge mit den Ingenieurabschlüssen aus der Ukraine in München nicht viel anfangen können. Ein Kurs soll ihnen zum bundesdeutschen Diplom verhelfen. Das junge Paar mit dem dreijährigen Sohn ist auf dem Weg zum Arbeitsamt und macht den Fehler, an einem Musikladen vorbeizugehen. Der Kleine bleibt vor dem Schaufenster stehen und fängt an zu heulen: ,,Mama kauf mir eine Gitarre." Seine Mama droht ihm auf russisch mit drastischen Sanktionen. Er hört sofort auf zu jammern und läßt sich weiterziehen. Für Gitarren werden sie noch ziemlich lange kein Geld haben, denn es gibt Wichtigeres.

Haidhausener Anzeiger - Mittwoch, 18. Februar 1998
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