Schimon Peres:
Prophet, der im eigenen Land nichts gilt
Von Ulrich W. Sahm, Jerusalem
Schimon Peres ist seit über 60 Jahren führender
israelischer Politiker. Er war zweimal Ministerpräsident, hielt fast jeden
Ministerposten inne, gab 1996 den Befehl zum Krieg im Libanon, der
sogenannten Operation "Früchte des Zorns" und erhielt den
Friedensnobelpreis. Peres tat, was jeder zweite Politiker in Israel tut: die
eigene Partei verlassen und sich ein neues politisches Lager suchen.
Im Ausland wird Peres als "Mann des Friedens" verehrt. In Israel ist er bei
Rechten ein Defaitist und "Linker". Linke sehen in ihm einen "Verlierer" und
machtgierigen Opportunisten. Mit der Wahl von Amir Peretz, schob die
Arbeitspartei den 82-Jährigen auf das Altenteil.
Doch Peres, der immer nur "zum Wohl seines Staates" handelte, kann von der
Macht nicht ablassen. Mit hehren Worten, weiter für den Frieden arbeiten zu
wollen, was übrigens zum rhetorischen Programm eines jeden israelischen
Politikers gehört, rechtfertigte Peres seinen wenig überraschenden Wechsel
in das Lager Ariel Scharons. Bei Scharon sitzt er ohnehin als "Vize" im
Kabinett, nicht aber als ordentlicher Stellvertreter und als "Minister",
aber ohne Ministerium.
Peres ist eine tragische Figur, ein ewiger Verlierer. Bei den Osloer
Verträgen und der Anerkennung der PLO stand er im Schatten Jitzhak Rabins.
Den einseitigen Gaza-Rückzug wie die Einbetonierung der künftigen
Staatsgrenze Israels mit Zaun und Mauer befahl Scharon. Peres machte gute
Miene zum bösen Spiel und predigte "Frieden".
Peres pilgerte als letzter israelischer Politiker zu Jassir Arafat, um auf
dem Flughafen von Gaza noch sinnlos einen Waffenstillstand zu vereinbaren,
während im Hintergrund die Maschinengewehre knatterten. Genauso weiß er auch
jetzt nicht, wann die Zeit gekommen ist, das eigene Scheitern einzugestehen.
Peres, "dessen ganze Vergangenheit noch vor ihm liegt", wie ein Kommentator
ulkte, merkt nicht, dass ihn niemand mehr wirklich will. Scharon verspricht
ihm "Zusammenarbeit", aber keinen Posten. Ähnlich wie seinerzeit Willy
Brandt, wird Peres noch im Ausland herumgereicht wegen schöner Worte, die im
eigenen Land als lächerlich bis weltfremd eingestuft werden. Die Bibel nennt
so etwas einen "Propheten, der im eigenen Land nichts gilt".
© Ulrich W. Sahm / haGalil.com
hagalil.com 02-12-2005 |