antisemitismus.net / klick-nach-rechts.de / nahost-politik.de / zionismus.info

haGalil onLine - http://www.hagalil.com
     

  

Spenden Sie mit PayPal - schnell, kostenlos und sicher!

hagalil.com

Search haGalil

Veranstaltungskalender

Newsletter abonnieren
e-Postkarten
Bücher / Morascha
Musik

Koscher leben...
Tourismus

Aktiv gegen Nazi-Propaganda!
Jüdische Weisheit
 

 

Einige Neuigkeiten zur französischen extremen Rechten:
Marine Le Pen demnächst in Israel?

Von Bernhard Schmid, Paris

Nicht unwahrscheinlich ist, dass die Tochter und mögliche Nachfolgerin des französischen Rechtsextremisten-Chefs Jean-Marie Le Pen in näherer Zukunft versuchen wird, sich nach Israel einladen zu lassen. Damit knüpft sie an frühere Versuche ihres Herren Papa an, sich durch einen Empfang in Israel – wie auch immer der näher ausfallen mag, allein die Tatsache zählt – scheinbar bestätigen zu lassen, dass man doch kein Nazi sein könne.

Die linksliberale Pariser Tageszeitung "Libération" schrieb in ihrer Ausgabe vom 14. Dezember 05: "Marine Le Pen, Vizepräsidentin des Front National (Anm. d. Autors: der 1972 von ihrem Vater gegründeten Partei), hat sich im Europaparlament in die Abgeordnetengruppe Frankreich-Israel eingeschrieben. Vor diesem Hintergrund versucht sie, an der nächsten Reise nach Tel Aviv, die vom Europäischen Parlament organisiert wird, teilzunehmen. Ein Flügel der extremen Rechten möchte heutzutage auf den Staat Israel setzen, um sich dem wachsenden Einfluss der Islamisten in arabischen Ländern zu widersetzen." (Ende des Originalbeitrags aus Libération)

Diese Meldung der Pariser Zeitung muss jedoch in einem Punkt korrigiert werden: Ein Teil der extremen Rechten strebt tatsächlich danach, sich durch eine (scheinheilige oder nicht) Berufung auf Israel eine Legitimität für ihren pauschalen Araberhass zu verschaffen. Am liebsten findet sie sich auch jüdische Kronzeugen dafür, dass sie behaupten könne, es gebe "viel zu viele Araber (als Einwanderer) in Frankreich". Nicht richtig ist dagegen, dass die extreme Rechte – jedenfalls so pauschal, wie Libération dies formuliert hatte – dabei dem Einfluss politischer Bewegungen von Islamisten entgegen treten wollen würde. Vielmehr erblickt zumindest ein relevanter Teil des rechtsextremen Spektrums im Islamismus jedenfalls insofern einen Kronzeugen und/oder Bündnispartner, als die radikalen Islamisten ihrerseits gegen eine "Vermischung der Kulturen" und für ein Streben nach "kultureller Reinheit" eintreten. Das bedeutet nicht, dass die organisierten Rassisten deswegen Moslems oder Araber lieb haben würden; aber aus Sicht jedenfalls mancher Rechtsextremen "lässt sich zumindest mit ihnen über eine Rücknahme der Immigranten in ihre Herkunftsländer verhandeln, weil diese Leute auch dafür sind, dass die Moslems 'bei sich' bleiben". Le Pen (der Vater) hat sich im Hochsommer 1997 mit dem damaligen türkischen Islamistenchef Necmettin Erbakan getroffen, und im Januar 1998 an einem Empfang in der iranischen Botschaft in Paris zum Jahrestag der so genannten "islamischen Revolution" im Iran teilgenommen. Im Juni 1998 saß Le Pen gar, auf Einladung des Iran her, anlässlich des Fußball-WM-Spiels zwischen der iranischen und der US-amerikanischen Mannschaft in Lyon auf der Ehrentribüne. Diese Positionierung, die damals viele Beobachter sehr überraschen sollte (was Le Pen wiederum besonders daran gefiel), entspricht entspricht zumindest einer Periode seiner "Politik", die sich gewöhnlich sprunghaft entwickelt und im Laufe der Jahre unterschiedliche Phasen aufweist, in denen jeweils ein Thema oder eine Provokationsmasche gerade Konjunktur hat.

Jean-Marie Le Pen hatte auch eine pro-israelische Phase, die begann, als der damalige (freiwillig dienende) Offizier der Fremdenlegion Le Pen 1956 am französisch-britisch-israelischen "Suezfeldzug" gegen Ägypten teilnahm. In der ersten Jahreshälfte 1957 folterte Le Pen eigenhändig im Algerien, wo damals der blutigste Kolonialkrieg Frankreichs stattfand. In dieser Phase galt der Staat Israel in weiten Teilen der politischen Klasse der französischen Vierten Republik als wichtigster Verbündeter. Le Pens damalige pro-israelische Position war daher überwiegend außenpolitisch begründet, und bestimmt nicht in einer Ablehnung des Antisemitismus; letzterer Widerspruch ließ sich jedoch vermeintlich dadurch auflösen, dass der Rechtsextremist der Auffassung war, die Juden Europas würden bzw. sollten eben nach Israel gehen und damit den Kontinent verlassen. Jean-Marie Le Pen, der seit langem ein kaputtes Auge hat und in den sechziger und siebziger Jahre durch seine Augenbinde bekannt war (während er heute ein Glasauge trägt), verglich sich deshalb in jener Zeit gern selbst mit Moshe Dayan. Zuletzt traf er im Februar 1987 in New York mit Vertretern des Jewish World Congress zu einem Diner zusammen. Dieses Treffen hatte Jacky Torciner organisiert, der damals als Vertreter der Herut-Partei ("Freiheitspartei", des Vorläufers des Likud-Blockes) in den USA firmierte und der Le Pen als "vielleicht autoritären, aber nicht antisemitischen" Staatsmann "ähnlich unserem General Sharon" betrachtete. (1)

Nachdem Jean-Marie Le Pen aber am 13. September 1987 offen die Existenz des Holocaust im französischen Fernsehen angezweifelt hatte und diese angeblich offene Frage einige Sätze später als (seiner Auffassung nach unwichtiges) "Detail der Geschichte" bezeichnet hatte, brachen aber alle Bemühungen um irgendwelche Kontakte nach Israel erst einmal ab. Sein Plan, das Land im Vorfeld der Präsidentschaftswahl vom April 1988 demonstrativ zu bereisen, scheiterte deswegen, und Le Pen wurde seinerzeit in Israel zur Persona non grata erklärt. An alte Zeiten versuchte er später noch einmal anzuknüpfen, als er in einem Interview mit Haaretz vom April 2002 – kurz vor der damaligen Präsidentschaftswahl – vorgab, Ariel Sharon positive Tipps "für den Umgang mit dem Terrorismus" zu geben, da er, Le Pen, sich seit "meiner Erfahrung in Algerien" in der Materie auskenne. Von offenen Sympathiebekundungen in Israel war (jedenfalls in Frankreich) deshalb aber zum Glück nichts mitzubekommen. Allerdings hatte der mit der israelischen Rechten sympathisierende Präsident des Zentralrats der französischen Juden CRIF (Roger Cukiermann) sich in Haaretz verhalten positiv über Le Pens Wahlerfolg vom 21. April 2002 geäußert: Es handele sich um "ein Signal an die Moslems (in Frankreich), dass sie ruhig bleiben sollen". Jedoch rief Cukiermann vor der Stichwahl zwischen Amtsinhaber Jacques Chirac und Le Pen vom 05. Mai 2002 dann klar zur Stimmabgabe für Chirac auf.

Mutmaßlich versucht also Marine Le Pen, die als "Modernisierin" der französischen extremen Rechten antritt und als eine von den beiden aussichtsreichsten BewerberInnen um die Nachfolge ihres Vaters an der Parteispitze gilt, sich in die Traditionslinie vorangegangener Versuche ihres Herrn Papa zu stellen. Gelänge es ihr, zumindest ein paar Fühler nach Israel auszustrecken, so könnte ihr dies als Beleg für den "bestimmt nicht nazi-ähnlichen oder faschistischen Charakter" des, oberflächlich modernisierten, französischen Rechtsextremismus gelten. Die Le Pen-Tochter hatte in jüngerer Vergangenheit anscheinend auch eher in diese Richtung zu denken begonnen (während andere Teile der extremen Rechten eher den Antisemitismus privilegieren und dafür sogar bereit sind, den anti-arabischen Rassismus zugunsten einer vermeintlich palästinenserfreundlichen Demagogie zurückzustellen, namentlich die militante Unterströmung "Les Identitaires"). Im Regionalwahlkampf 2004 hatte sie etwa die, vor allem zu Anfang dieses Jahrzehnts zu verzeichnenden, Angriffe von meist männlichen Jugendlichen aus Migrantenfamilien auf jüdische Einrichtungen und Personen verurteilt - um sie dann aber Beleg für die angebliche Richtigkeit "unserer Diagnose" (dass es nämlich zu viele Immigranten in Frankreich gebe) heranzuziehen.

Zu wünschen wäre es wohl, wenn Menschen in Israel der möglichen künftigen Chefin des französischen Rechtsextremismus einen buchstäblich "gebührenden Empfang", eine klare Abfuhr bereiten könnten…

Bruno Gollnisch: Gerichtsprozess wegen Holocaustleugnung

Dass, parallel zu dem rassistisch motivierten Hass auf arabische (und andere) Einwanderer, auch der Antisemitismus und/oder Auschwitzleugnertum weiterhin zu den Grundbestandteilen dieser extremen Rechten zählt, bewies erst im Oktober vorigen Jahres der andere aussichtsreichste Anwärter auf den zukünftigen Vorsitz beim FN. Bruno Gollnisch, "Generalbeauftragter" (délégué général) des Front National und damit derzeit "Nummer Zwei" in dessen Parteiapparat hinter Jean-Marie Le Pen, hatte damals auf einer Pressekonferenz in Lyon offen die Gaskammern und "die Zahl der Toten" in Frage gestellt. Die Universität Lyon-III, an der Gollnisch als Juraprofessor (mit Spezialisierung auf internationales Recht sowie japanisches Recht, der Mann ist mit einer Japanerin verheiratet und vom "Nationalstolz" ihres Herkunftslands fasziniert) wirkte, hat Gollnisch deswegen zu Anfang dieses Jahres 2005 vom Dienst suspendiert. In den kommenden 5 Jahren, die de facto den Zeitraum bis zu Gollnisch regulärem Pensionseintritt umfassen, ist der rechtsextreme Politiker dort mit totalem Unterrichtsverbot belegt. In dieser Periode, die wohl bis zu seiner Rente laufen wird, erhält er noch die Hälfte seines normalen Gehalts. (Wir berichteten ausführlich)

Das Europäische Parlament in Strasbourg hat nunmehr am letzten Dienstag (13. Dezember 05) beschlossen, die Immunität, die Bruno Gollnisch bisher als dessen Abgeordneter genoss, aufzuheben. Eine große Mehrheit der Europaparlamentarier folgte damit dem Antrag der Berichterstatterin in dieser Angelegenheit, der liberalen britischen Abgeordneten Diana Willis. Diese hatte plädiert, Gollnisch habe die inkriminierten Äußerungen "nicht in seiner Eigenschaft als Parlamentarier", sondern im Rahmen seiner sonstigen politischen Aktivitäten getätigt, weshalb der Immunitäts-Entzug rechtlich einwandfrei möglich sei. Dem folgte eine klare Mehrheit, nachdem der Rechtsausschuss des EP mit der Frage der formellen Richtigkeit des Beschlusses befasst worden war und seinen Beschluss mehrfach hinausgeschoben hatte.

Damit macht das Europaparlament jetzt den Weg für die Strafverfolgung Bruno Gollnischs in Frankreich endgültig frei. Dort wird am 23. Mai 2006, vor dem Lyoner Gericht für Strafsachen, der Prozess gegen den rechtsextremen Politiker beginnen. Das Antirassismus-Strafgesetz, das ursprünglich 1972 vom französischen Parlament angenommen worden war, war im Juli 1990 speziell verschärft worden, um v.a. die Leugnung des Holocaust strafrechtlich sanktionierbar zu machen. Gollnisch kann zu einer Haft- und/oder Geldstrafe verurteilt werden. Den unmittelbaren Anlass für diese Ausdehnung des Antirassismus-Strafgesetzes auch auf die "Leugnung von Verbrechen gegen die Menschlichkeit" und ihre Relativierung lieferte die Schändung des jüdischen Friedhofs im südfranzösischen Carpentras, in der Nacht des 8. Mai 1990, durch französische Neonazis. Diese barbarische Schändung (die Leiche eines frisch verstorbenen 83jährigen war dabei auf einen Sonnenschirm aufgespießt worden) zog damals eine gigantische Mobilisierung gegen den Antisemitismus, und gegen Le Pen nach sich, dessen Aufstieg gerade in jener Periode als besonders bedrohlich erlebt wurde. In Paris demonstrierten 200.000, mit der verbreiteten Parole: "Le Pen, die Worte – Carpentras, die Tat".

Gollnisch fühlt sich "verfolgt" und findet demagogische Argumente

Anlässlich seiner auf das Votum folgenden Pressekonferenz in Strasbourg, bei der Gollnisch von seinem (bei dieser Gelegenheit wortkargen und ungewöhnlich stillen) "Chef" Jean-Marie Le Pen begleitet wurde, stimmte der rechtsextreme Politiker einmal mehr das altbekannte Liedchen von der "politisch motivierten Verfolgung" gegen seine Person an. Da der französische Justizminister Dominique Perben bei den nächsten Kommunalwahlen im Jahr 2008 für den Oberbürgermeistersessel von Lyon kandidieren wolle, sei es nur darum gegangen, "ihm einen gefährlichen Konkurrenten aus dem Weg zu räumen". (Lyon ist die regionale Wirkungsstätte Gollnischs.) Diese Melodie tönte freilich altbekannt und reichlich langweilig.

Ein wenig geschickter war es hingegen, dass Gollnisch sich demagogisch auf eine jüngste Äußerung von Präsident Jacques Chirac bezog. Der französische Staatspräsident hatte sich vorige Woche von einem Gesetz, das die konservative Parlamentsmehrheit am 23. Februar 2005 (zum Teil auf  die Initiative dumpfer Hinterbänkler hin) angenommen hatte, distanziert. Der umstrittene Gesetzestext schreibt in seinem Artikel 4 den Lehrern und ForscherInnen in Frankreich vor, künftig in ihrem Unterricht, ihrer Lehre oder ihrer wissenschaftlichen Arbeiten "den positiven Beitrag der französischen Präsenz in Übersee und insbesondere in Nordafrika" (sprich: des Kolonialismus) zu berücksichtigen und hervorzukehren. Dieser heiß umstrittene Gesetzesparagraph, der - zunächst von breiten Kreisen unbemerkt – durch rechte Parlamentarer in das (ansonsten Fragen der materiellen Entschädigung früherer Kolonialfranzosen behandelnde, und in anderen Teilen eher harmlose) Gesetz hineingeschrieben worden war, hat mittlerweile einen Proteststurm ausgelöst. Zahlreiche Lehrkräfte und Wissenschaftler haben öffentlich erklärt, dass sie sich nicht "für eine staatlich vorgeschriebene Sichtweise auf die Geschichte" an die Leine nehmen lassen würden. Vielfach wird in der Öffentlichkeit an die brutalen Seiten des französischen Kolonialismus erinnert. Infolge des Hagels von Protesten gegen dieses Gesetz, das am 29. November 05 nochmals durch eine Parlamentsmehrheit bekräftigt worden ist (nachdem die Sozialdemokraten über seine Revision und Abmilderung hatten abstimmen lassen), musste der autoritär-populistische Innenminister Nicolas Sarkozy am 8. Dezember 05 seinen vorgesehenen Besuch auf den französischen Antilleninseln absagen. Dort, wo viele EinwohnerInnen von früheren Sklaven abstammen, kann man sich für die "positiven Seiten" des Kolonialismus nun wirklich nicht erwärmen.

Der rechtsradikale Politiker Gollnisch aber zog eine – grob missbräuchliche – Parallele zwischen der distanzierenden Äußerung Chiracs ("es ist nicht Aufgabe des Gesetzes, die Geschichte zu schreiben") und dem Ansinnen, ihn selbst zukünftig vor Gericht zu stellen. Dabei versuchte Bruno Gollnisch, den angeblich bestehenden Widerspruch aufzuzeigen. Einerseits sage der Vertreter der Staatsspitze, es dürfe keine vom Gesetz diktierte Geschichtsschreibung geben - aber andererseits wolle man ihn, Gollnisch, auf der Grundlage "illegitimer und freiheitsgefährdender Gesetze" in Sachen Auschwitzleugnung (wie des Gesetzes von 1990) verurteilen. Die Wahrheit über die Existenz von Auschwitz und anderer Vernichtungslager lediglich als politisch motivierte "staatlich vorgeschriebene Geschichtsschreibung" herabzustufen: Dies beweist einmal mehr, sofern es noch nötig gewesen wäre, welchen (Un-)Geist diese Leute verbreiten.   

Bruno Gollnisch posaunte anlässlich seiner Pressekonferenz hinaus, er werde im Lyoner Gerichtssaal "nicht als Angeklagter, sondern als Ankläger" auftreten. Ob er allerdings bei oder nach dem wirklich stattfindenden Prozess im Frühsommer kommendes Jahres immer noch so große Töne spucken wird, bleibt abzuwarten.

Anmerkung:
(1)
Ein (deutschsprachiger) näherer Bericht über dieses Zusammentreffen findet sich etwa in dem Bändchen des – mittlerweile verstorbenen – Schriftsteller Lothar Baier von 1988: "Firma Frankreich". Der Autor dieser Zeilen sprach ferner darüber mit Lorrain de Saint-Affrique, dem ehemaligen Kommunikationsbeauftragten und späteren Kritiker Le Pens, anlässlich eines Interviews im März 1997.

hagalil.com 19-12-2005

Werben in haGalil?
Ihre Anzeige hier!

Advertize in haGalil?
Your Ad here!

 

haGalil.com ist kostenlos! Trotzdem: haGalil kostet Geld!

Die bei haGalil onLine und den angeschlossenen Domains veröffentlichten Texte spiegeln Meinungen und Kenntnisstand der jeweiligen Autoren.
Sie geben nicht unbedingt die Meinung der Herausgeber bzw. der Gesamtredaktion wieder.
haGalil onLine

[Impressum]
Kontakt: hagalil@hagalil.com
haGalil - Postfach 900504 - D-81505 München

1995-2006 © haGalil onLine® bzw. den angeg. Rechteinhabern
Munich - Tel Aviv - All Rights Reserved