"Justice" Jackson:
Der Öffentliche Hauptankläger
Robert H. Jackson vertrat die Vereinigten Staaten
im Nürnberger Prozess
Von Gerhard Fischer
"antifa" - Magazin für
antifaschistische Politik und Kultur
Am 2. Mai 1945 erhielt Robert H. Jackson, Richter am Obersten
Bundesgericht der USA, vom amerikanischen Präsidenten einen ehrenvollen
Auftrag. Ende April hatten Vertreter der vier Großmächte in San Francisco
die Gründungskonferenz der UNO vorbereitet und die Absicht erörtert, einen
internationalen Gerichtshof zur Aburteilung der europäischen
Kriegsverbrecher zu bilden. Nun sollte Jackson mit dem Mandat von Harry S.
Truman verbindliche Verhandlungen mit den Alliierten über das weitere
Vorgehen führen.
"Justice"
Jackson war dafür der geeignete Mann. Dem am 13. Februar 1892 Geborenen
hatte ein Jahr juristischer Ausbildung an der Albany Law School genügt, um
eine gut gehende Rechtsanwaltspraxis in Jamestown zu betreiben und dann -
der Demokratischen Partei verbunden - eine Blitzkarriere im Staatsdienst zu
machen: 1934 Chefjustitiar der Obersten Finanzbehörde, 1936
stellvertretender Justizminister der USA, 1938 Justizminister des Staates
New York, 1940 USA-Generalstaatsanwalt, 1941 Bundesrichter.
So war es nur folgerichtig, dass Robert Jackson die Vereinigten Staaten als
"Öffentlicher Hauptankläger" im Nürnberger Prozess vertrat. Die Grundsätze,
die ihn dabei leiteten, legte er am 21. November 1945 in seiner
Einführungsrede dar: "Die Untaten, die wir zu beurteilen und zu bestrafen
suchen, waren so ausgeklügelt, so böse und von so verwüstender Wirkung, dass
die menschliche Zivilisation es nicht dulden kann, sie unbeachtet zu lassen,
sie würde sonst eine Wiederholung solchen Unheils nicht überleben."
Der amerikanische Ankläger war sich im Klaren darüber, dass es sich bei den
24 angeklagten Hauptkriegsverbrechern - 21 standen schließlich vor Gericht -
nur um die Exponenten eines weit verzweigten Unrechtssystems handelte. Als
es am 14. Dezember 1945 um die Frage ging, ob der im Statut des Gerichts
vorgegebene Rahmen des Prozesses den eigentlichen Aufgaben des Tribunals
angemessen sei, verwies er auf "Tausende andere", die, "wenn auch weniger
auffällig, doch ebenso schuldig an diesen Verbrechen sind wie die Männer auf
der Anklagebank".
Seine dritte große Nürnberger Rede hielt Jackson am 28. Februar 1946, als er
Nazi-Organisationen und -Institutionen als verbrecherisch anklagte. "Wenn
diese Organisationen hier entlastet würden, würde das deutsche Volk den
Schluss ziehen, dass sie nichts Unrechtes getan haben", erklärte er. "Es
würde dann ein Leichtes sein, das deutsche Volk in wieder errichteten
Organisationen unter neuem Namen, aber mit den alten Programmen
zusammenzufassen." Ahnte der US-Ankläger die Gefahren des wieder erstehenden
Nazismus?
Am 26. Juli 1946 hielt er sein abschließendes Plädoyer. Abermals blickte er
weit voraus: "Dieses Gesetz hier wird zwar zunächst auf deutsche Angreifer
angewandt. Es schließt aber ein und muss, wenn es von Nutzen sein soll, den
Angriff jeder anderen Nation verdammen, nicht ausgenommen die, die hier zu
Gericht sitzen."
Am Ende des Prozesses, in dessen Verlauf er drei Angeklagte und sieben
Zeugen selber ins Kreuzverhör genommen hatte, verfasste Robert Jackson
seinen Bericht für den US-Präsidenten, dann kehrte er zu seiner Tätigkeit am
Obersten Bundesgericht zurück. Nach zwei Herzinfarkten verstarb er am 9.
Oktober 1954.
hagalil.com 18-11-2005 |