Israels
Abkopplunsplan: Zur Erneuerung des Friedensprozesses
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Hauptpunkte des Abkopplungsplans
Die folgenden Maßnahmen wurden vom israelischen Kabinett am 6. Juni 2004
verabschiedet. Einige der Einzelheiten wurden in Übereinstimmung mit
Gesprächen zwischen Israel und relevanten Parteien, darunter Ägypten, die
Weltbank und andere, modifiziert.
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- Zur Räumung vorgesehene jüdische Ortschaften und Dörfer werden in vier
Gruppen aufgeteilt:
Gruppe A - Morag, Netzarim und Kfar Drom im Gazastreifen
Gruppe B - die Dörfer Ganim, Kadim, Sa-Nur und Homesh in Nord-Samaria
Gruppe C - die Städte und Dörfer von Gush Katif im Gazastreifen
Gruppe D - die Dörfer im nördlichen Gazastreifen (Elei Sinai, Dugit und
Nissanit)
- Israel wird den Gazastreifen räumen und sich außerhalb des Gazastreifens
neu aufstellen. Diese Räumung betrifft nicht die militärische Stationierung
entlang der Grenzlinie zwischen dem Gazastreifen und Ägypten („Philadelphi
Route“), ein Gebiet, das für seine unterirdischen Tunnel für den
Waffenschmuggel bekannt ist.
- Israel wird die oben genannten Siedlungen in Nord-Samaria (Westjordanland)
und alle militärischen Einrichtungen in dieser Region räumen. Dieser Schritt
gibt den Palästinensern einen territorialen Zusammenhalt in diesem Gebiet.
- Israel wird zusammen mit der internationalen Gemeinschaft die Verbesserung
der verkehrstechnischen Infrastruktur im Westjordanland unterstützen, um
einen Zusammenhang des palästinensischen Verkehrsnetzes sowie eine normale
wirtschaftliche Aktivität der Palästinenser im Westjordanland zu
ermöglichen.
- Israel wird den Bau des Sicherheitszauns als Maßnahme gegen den Terror
fortsetzen. Der Verlauf wird - in Übereinstimmung mit gerichtlichen
Entscheidungen des Obersten Gerichtshofs in Israel - humanitäre Erwägungen
berücksichtigen.
- Sicherheitsmaßnahmen nach der Abkopplung:
Der Gazastreifen
- Israel wird die Peripherie des Gazastreifens absichern und weiterhin den
Luftraum über dem Gazastreifen sowie die offene See vor der Küste des
Gazastreifens kontrollieren.
- Der Gazastreifen wird entmilitarisiert und frei von Waffen sein, die nicht
in Übereinstimmung mit den israelisch-palästinensischen Vereinbarungen
stehen.
- Israel behält sich das fundamentale Recht der Selbstverteidigung in
Prävention und Reaktion vor.
Das Westjordanland
- Nach der Räumung der nördlichen Region Samarias, wird es keine permanente
Präsenz israelischen Militärs in dieser Region geben.
- Israel behält sich das fundamentale Recht der Selbstverteidigung in
Prävention und Reaktion vor.
- In anderen Regionen des Westjordanlandes wird die vorhandene
Sicherheitsaktivität je nach Lage fortgesetzt werden.
- Israel wird sich darum bemühen, die Zahl der Kontrollpunkte im
Westjordanland zu reduzieren.
- Sicherheitsassistenz für die Palästinenser
Israel ist bereit, die Unterstützung und Ausbildung palästinensischer
Sicherheitskräfte durch amerikanische, britische, ägyptische, jordanische
und andere Experten zu koordinieren, um den Terror zu bekämpfen und die
öffentliche Ordnung aufrechtzuerhalten.
- Grenzregion zwischen dem Gazastreifen und Ägypten
Israel wird seine notwendige militärische Präsenz entlang der Grenze
zwischen dem Gazastreifen und Ägypten („Philadelphi Route“)
aufrechterhalten, um den hier betriebenen Waffenschmuggel zu unterbinden,
bis die Sicherheitslage und die Zusammenarbeit mit Ägypten eine alternative
Sicherheitsregelung zulassen.
- Häfen
Israel wird die Errichtung eines Seehafens und Flugplatzes im Gazastreifen
nach zu vereinbarenden Regelungen erwägen.
- Immobilien
Israel wird die Übergabe industrieller, kommerzieller und
landwirtschaftlicher Einrichtungen an eine internationale Körperschaft
anstreben, die diese zum Nutzen der palästinensischen Bevölkerung einsetzen
wird. Eine endgültige Entscheidung über die Verfügung israelischer Wohnungen
und Häuser steht noch aus. Insbesondere das Erez-Industriegebiet wird in die
Verantwortung einer noch zu bestimmenden palästinensischen oder
internationalen Körperschaft übergeben werden.
- Zivile Infrastruktur und Vereinbarungen
Die Infrastruktur für Be- und Entwässerung, Elektrizität und
Telekommunikation wird intakt bleiben. Israel wird weiterhin Elektrizität,
Wasser, Gas und Treibstoff an die Palästinenser verkaufen.
- Wirtschaftliche Vereinbarungen
Die wirtschaftlichen Vereinbarungen zwischen Israel und der
Palästinensischen Behörde bleiben in Kraft. Dazu gehören unter anderem: der
Gütertransport zwischen dem Gazastreifen,
dem Westjordanland, Israel und dem Ausland; das Währungssystem; Steuer- und
Zollvereinbarungen;
Post- und Telekommunikationsvereinbarungen; die Einreise von Arbeitern nach
Israel.
In Übereinstimmung mit dem Interesse Israels an der Förderung einer größeren
Selbständigkeit der palästinensischen Wirtschaft möchte Israel letztlich die
Beschäftigung palästinensischer Arbeiter in Israel vollständig einstellen.
Israel unterstützt die international geförderte Erschließung von
Arbeitsplätzen im Gazastreifen und in den palästinensischen Gebieten des
Westjordanlandes.
- Entschädigung für Siedler
Ein ministerienübergreifendes Komitee zur Umsiedlung, Entschädigung und
alternativen Ansiedlung wird die Gesetzgebung zur Umsiedlung und
Entschädigung der Siedler vorbereiten.
Schlußfolgerung
Ziel des Plans ist es, der gegenwärtigen Stagnation durch eine Beseitigung
der häufig tödlich endenden Spannungen zwischen Israelis und Palästinensern
im Gazastreifen und im Norden des Westjordanlandes ein Ende zu setzen und so
die Gesamtlage zu verbessern. Sollte die palästinensische Seite ihre
Bereitschaft zu erkennen geben, den Terror zu beenden und Reformen
durchzuführen, wie es von der „Road Map“ gefordert wird, dann kann der
Friedensdialog wieder aufgenommen werden.
Auf dem Gipfel erklärten Ministerpräsident Sharon und der Vorsitzende der
Palästinensischen Behörde Abbas einen Waffenstillstand, der formal mehr als
vier Jahre der Gewalt und des Terrors beendete.
Der Gipfel von Sharm el-Sheikh (8. Februar 2005)
Auf dem Gipfeltreffen in Sharm el-Sheikh am 8. Februar 2005 mit Israel wurde
Israels Abkopplungsplan von Ägypten, Jordanien und der Palästinensischen
Behörde unterstützt. Auf dem Gipfel erklärten Ministerpräsident Sharon und
der Vorsitzende der Palästinensischen Behörde Abbas einen Waffenstillstand,
der formal mehr als vier Jahre der Gewalt und des Terrors beendete.
Über den Waffenstillstand hinaus verständigten sich Sharon und Abbas über
ein Verfahren, um die Verantwortung für die Sicherheit in den
palästinensischen Gebieten schon vor einer Umsetzung des Abkopplungsplans zu
übergeben. Israel versprach, eine Reihe von vertrauensbildenden Maßnahmen
einzuleiten, darunter die Freilassung Hunderter palästinensischer Gefangener
und eine Vereinbarung zur Errichtung eines Seehafens in Gaza. Israel möchte,
so sagte Sharon, „einen aufrechten, ehrlichen Dialog führen, um diese ersten
Schritte zu einer soliden Grundlage werden zu lassen, auf der wir unsere
Beziehungen aufbauen können.“
Der Ministerpräsident teilte dem Gastgeber des Gipfels, dem ägyptischen
Präsidenten Hosni Mubarak, dem jordanischen König Abdullah II. und Abbas
mit, daß er fest entschlossen sei, den Abkopplungsplan durchzuführen:
“Der Abkopplungsplan wurde aufgrund einer einseitigen Entscheidung
entworfen. Wenn nun aber auf palästinensischer Seite neue Chancen entstehen,
dann kann die Abkopplung neue Hoffnungen bringen und einen neuen Ansatz für
einen koordinierten, erfolgreichen Prozeß bieten.”
“Der Abkopplungsplan kann den Weg zu einer Implementierung der ‚Road Map‘
ebnen, der wir verplichtet sind und die wir in die Realität umsetzen wollen.
Wir sind bereit, alle unsere Verpflichtungen aktiv zu erfüllen, und wir
erwarten von der anderen Seite, daß sie ebenfalls ihren Verpflichtungen
nachkommt. Nur Handlungen, keine Worte - das ist der einzige Weg, die Vision
von zwei friedlich nebeneinander lebenden Staaten zu verwirklichen.”
An die Palästinenser gewandt sagte Sharon:
“Sie müssen auch beweisen, daß Sie die Kraft und den Mut haben, Kompromisse
einzugehen, unrealistische Träume aufzugeben, den Kräften entgegenzutreten,
die sich dem Frieden widersetzen, und daß Sie in Frieden und gegenseitigem
Respekt Seite an Seite mit uns leben wollen...”
Und den Bürgern Israels sagte Sharon:
“Wir haben schwierige Jahre hinter uns, waren mit äußerst schmerzlichen
Erfahrungen konfrontiert und haben sie überwunden. Die Zukunft liegt vor
uns. Von uns werden schwere und kontroversale Schritte erwartet, aber wir
dürfen die Gelegenheit nicht ungenutzt lassen und müssen versuchen, das zu
erreichen, was wir seit so vielen Jahren möchten: Sicherheit, Ruhe und
Frieden.”
Die Kosten der Abkopplung
Am 16. Februar 2005 verabschiedete die Knesset die endgültige Fassung des
Gesetzes zur Implementierung des Abkopplungsplans. Demnach werden 3,8
Milliarden Schekel (884 Millionen US-Dollar) für die Umsiedlung von zirka
9.000 jüdischen Bewohnern des Gazastreifens und der nördlichen Gebiete des
Westjordanlandes sowie für ihre Entschädigung für den Verlust ihrer Häuser
und Einkommensquellen aufgewendet werden. Am 20. Februar beschloß das
Kabinett die Umsetzung des Plans.
Der demokratische Prozeß zur Verabschiedung des Gesetzes zur Abkopplung war
stürmisch. Wochenlang war es zu oppositionären Äußerungen und öffentlichen
Demonstrationen der Siedler-Lobby und ihrer Anhänger allein gegen die Idee
der Abkopplung gekommen. Diese Proteste entsprangen dem verständlichen
Widerstand der Menschen, ihre Heimat aufzugeben - viele von ihnen waren als
junge Pioniere dort eingezogen und ziehen nun als Großeltern ab. Es kam auch
zu Gegendemonstrationen, die die Regierungsentscheidung unterstützten. Diese
Demonstrationen reflektierten die Ergebnisse wiederholter Meinungsumfragen,
nach denen es kontinuierlich einen landesweiten Konsens von nahezu 70
Prozent zugunsten der Abkopplung gibt.
Einige der Siedler haben inzwischen die Tatsache akzeptiert, daß sie
aufgerufen sind, diese Gebiete zu räumen, um dem Frieden eine Chance zu
geben, so wie sie einst dem Ruf der Regierung gefolgt waren, sich in diesen
Gebieten niederzulassen. Viele der Siedler werden ihren Pioniergeist auf die
Errichtung neuer Wohnstätten im Negev und in Galiläa konzentrieren.
Hoffentlich werden die Übrigen bald erkennen, daß ihr Opfer trotz des
Traumas, das sie erleben - und das die Regierung Israels so gering wie
möglich halten möchte -, dem ganzen Land nutzen und schließlich die Chancen
für Frieden und Sicherheit vergrößern wird.
Zusammen können wir unseren Völkern ein Leben in Freiheit und Stabilität,
Wohlstand und Frieden gewähren.
Grund zur Hoffnung
Der palästinensisch-israelische Konflikt hat beiden Völkern mehr als ein
Jahrhundert Gewalt und Terror gebracht. Er wurde zum Mittelpunkt eines
weitumfassenden arabisch-israelischen Konflikts, der zu wiederholten Kriegen
geführt hat. Der Abkopplungsplans ist ein Versuch, dies alles zu beenden.
So sagte Außenminister Shalom auf der Herzliya-Konferenz 2004:
“Wir stehen am Anfang einer neuen Epoche, einer Epoche der Hoffnung, die uns
vielleicht das Ende des Konflikts bringen wird. Ich hoffe, daß die
Palästinensische Behörde, die Führer der arabischen Staaten und die
internationale Gemeinschaft die Bedeutung dieser Stunde erkennen werden und
diese Gelegenheit zu würdigen wissen.”
Ministerpräsident Sharon sagte in seinen abschließenden Worten auf dem
Gipfel von Sharm el-Sheikh:
“Zusammen können wir einen Wall gegen die radikalen Kräfte von Gestern
errichten, die drohen, uns alle in einen Strudel von Blut und Haß zu reißen.
Zusammen können wir unsere gemeinsamen Beziehungen fördern und den ersten
Strahl der Hoffnung für die Völker des Nahen Ostens entzünden. Zusammen
können wir unseren Völkern ein Leben in Freiheit und Stabilität, Wohlstand
und Frieden gewähren.”
Auszüge aus einer Ansprache Außenministers Shalom vor der
Israelisch-Britischen Handelskammer (2. Februar 2005)
... Dies ist eine Zeit der erneuerten Hoffnung und des Optimismus in unserer
Region. Die Wahlen im Irak und in den Gebieten der Palästinensischen
Behörde, zusammen mit der entschlossenen Führung der Vereinigten Staaten,
bieten Aussicht auf einen realen, positiven Wandel in der Dynamik unserer
Region für mehr Demokratie, größere Verantwortlichkeit, mehr Freiheit und
größeren Wohlstand. Diese Entwicklungen sind eine direkte Herausforderung
für die - vom Iran, Syrien und natürlich Al-Qaida geführten - extremen
politischen Kräfte, die alle Möglichkeiten des Fortschritts und des Bemühens
um Frieden und Stabilität untergraben wollen.
Im palästinensischen Zusammenhang bieten uns das Ausscheiden Arafats und die
Wahl Abu Mazens (Mahmoud Abbas) eine Gelegenheit, die ergriffen werden
sollte, um dem Terrorismus ein Ende zu setzen und einen realen, positiven
Wandel einzuleiten. Abu Mazen hat für einen derartigen Wandel ein klares
Mandat erhalten. Mit seiner Wahl ist die Zeit der palästinensischen
Ausflüchte beendet.
Der palästinensische Führer hat die Mittel zur Verfügung, den Angriffen auf
israelische Zivilisten und Gemeinden Einhalt zu gebieten. Was er uns - was
er seinem eigenen Volk - beweisen muß, ist, daß er auch den Willen hat,
diese Mittel einzusetzen, um den palästinensischen Terror zu beenden. Israel
ist bereit, mit der palästinensischen Führung zusammenzuarbeiten, um die
Sicherheitssituation und das Wohlbefinden unserer Völker auf dem Weg zu
einem andauernden Frieden zwischen uns zu verbessern.
Wir akzeptieren die „Road Map“, und wir sind bereit, sie mit ihrer
handlungsorientierten Struktur und Sequenz zu implementieren. Wir sind auch
bereit, die Hauptaspekte des Abkopplungsplans mit der palästinensischen
Seite zu koordinieren. Wir garantieren, daß konstruktive palästinensische
Schritte sich auszahlen werden.
Wenn es die Lage zuläßt, wird Israel die Sicherheitskontrolle über wichtige
palästinensische Städte
in den kommenden Tagen an die Palästinenser übergeben. Schon jetzt haben wir
Maßnahmen ergriffen, um die Lebensbedingungen der Palä-stinenser zu
erleichtern: Grenzübergänge wurden geöffnet, Gelder wurden überwiesen und
vieles mehr. Wir wissen auch um die zentrale Bedeutung der wirtschaftlichen
Dimension, und wir bestärken die internationale Gemeinschaft aktiv,
Ressourcen zum Aufbau der palästinensischen Wirtschaft zur Verfügung zu
stellen. In diesem Zusammenhang begrüßen wir das Interesse des privaten
Sektors an der Förderung von Geschäfts- und Investitionsmöglichkeiten
in den Gebieten der Palästinensischen Behörde.
Alle diese Fragen werden auf dem Gipfeltreffen diskutiert werden, das
kommenden Dienstag in Sharm el-Sheikh unter Teilnahme von Ministerpräsident
Sharon, dem palästinensischen Präsidenten Mahmoud Abbas, Präsident Mubarak
und König Abdullah stattfinden wird. Dieser Gipfel ist von besonderer
Bedeutung für die Zukunft unserer Friedensbemühungen. Hier sollen die vor
uns liegenden Probleme wirklich angesprochen werden. Es geht nicht nur um
eine weitere Fotogelegenheit für die Presse.
Die wirkliche Prüfung ist die Frage des Handelns, nicht der Erklärungen; die
Frage der Ergebnisse, nicht der Zeremonien. Wir sollten nicht vergessen:
Fortschritt im Frieden ist nicht möglich ohne konsistentes, effektives
Handeln der Palästinenser zur Beendigung des Terrors gegen Israels
Zivilisten, wie es die „Road Map“ verlangt.
hagalil.com 01-11-2005 |