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Unsicherheiten:
Sukkot und die komplexe Botschaft
Schimschi Zahubi, Haifa
Als praktizierender Jude mit kleinem Einkommen lebt man das ganze Jahr in
seiner Laubhütte - unter einem undichten Dach, immer auf der Flucht vor dem
Vermieter und anderen, die etwas von einem wollen. Die Sukkotbotschaft
bedeutet keine große Neuigkeit.
Lebt man jedoch in Saus und Braus, im wechselhaften Klima Mitteleuropas,
dann ergeben sich vernünftige Ansätze aus der Sukkottradition einen Gewinn
zu ziehen: Man verbringe eine ganze Woche, dieses Mal vom 17. bis zum
25.Oktober unter dem laubgedeckten Dach, während es stürmt und hagelt. Mit
dem Auslöffeln der Mittagssuppe wird man nicht fertig, weil die schwarzen
Wolken immer etwas dazuschütten, das weiße Tischtuch ist mittlerweile
pitschnass, der kalte Wein kühlt den frierenden Körper weiter ab, eventuell
hilft hier ein klassischer Tscholent vor der heranziehenden Erkältung.
Jetzt jedoch wird die Botschaft klar: Durch das Leben in derart widrigen
Verhältnissen soll man sich seiner Verwundbarkeit bewusst sein, und der
profanen Tatsache, daß es hier, auf Erden, keine Sicherheit geben wird, so
lange man lebt. Man nehme einen Torakommentar zur Hand, schon fallen die
ersten Tropfen Regenwasser auf das edle Papier, die Schriftfarbe zerrinnt,
der Text wird nur noch schwer lesbar, ein Versuch des Autors, etwas Klarheit
zu verbreiten, hier unter dem undichten Dach der Laubhütte, scheitert - die
nächste Botschaft perlt mit dem Regenwasser auf den Hüttenbodenbelag:
Vermeintlich klare Erklärungen zu vieldeutigen Toraabschnitten kippen,
sobald mit dem modernen Leben konfrontiert, in den undurchdringlichen Tümpel
der Verwirrung.
Man sollte Sukkot abwarten, nämlichen Abschnitt nochmals studieren, dieses
Mal jedoch in einer regenfesten Behausung, an einem Schabat, eventuell unter
Hinzuziehung eines Fachmannes, der sich in Spitzfindigkeiten und
Labyrinträtseln zuhause fühlt. Sukkot soll zum Torastudium animieren. Mit
Hilfe der ersten Botschaft, dem Hinweis auf die Gefahr der Existenz so kurz
sie dauert, und dieser zuletzt erwähnten also die Botschaft, das Torastudium
nicht aufschieben, sondern alsbald damit zu beginnen, eventuell, sobald der
Regen nachlässt, oder wetterfeste Kleidung und wasserfeste Literatur
aufgetrieben wurden.
Nun mögen die Weisen noch darüber streiten, ob folgender Hinweis statthaft
sei, dennoch, er muss an dieser Stelle und zu dieser Zeit erfolgen: Man
nehme sein gut aufgeladenes Labtop mit Internetzugang mit in die Laubhütte,
halte einen Regenschirm darüber und klicke sich in
www.hagalil.com ein, um die Zeit in der
Laubhütte gemäß der modernen Optionen in Verbindung mit den überlieferten
Anweisungen wahrzunehmen. Nun erst nähern sich Schritt für Schritt die
Momente der Erleuchtung, und man beginnt sein Judesein zu schätzen - und
Sukkot zu begreifen. In diesem Sinne: Chag Sameach!
hagalil.com 16-10-2005 |
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