Ausstellungseröffnung:
Otto Schily in Jerusalem
Der deutsche Innenminister Otto Schily eröffnet in
Mishkenot Sha’ananim in Jerusalem die Ausstellung "Das fragile Glück im
Unglück von Verfolgung und Exil. Liebes- und Musengeschichten. Die Sammlung
Jürgen Serke"
Von Astrid Gottwald
"Jede Liebe, die an einen Gegenstand geknüpft ist, hört
auf, wenn der Gegenstand aufhört. Wenn sie aber an keinen Gegenstand
geknüpft ist, hört sie niemals auf." Mit diesem Zitat aus Pirkei Avot
(Sprüche der Väter) schloß Innenminister Otto Schily sein Grußwort zur
Vernissage von "Das fragile Glück im Unglück von Verfolgung und Exil".
Damit unterstrich er, daß der Aspekt der Liebe als Mittel
des Überlebens und des Widerstandes gegen die NS-Diktatur mit der
Aufarbeitung der Sammlung der "Liebes- und Musengeschichten" erstmalig in
den Mittelpunkt der Geschichtsforschung zum Nationalsozialismus gestellt
wurde.
Mit einem feierlichen Festakt wurde am vergangenen Freitag
im Konrad Adenauer Konferenzzentrum in Mishkenot Sha'ananim diese
Ausstellung zur Literatur von Verfolgten des Nationalsozialistischen
Regimes, die der Publizist Jürgen Serke in der Vergangenheit zusammentrug,
eröffnet.
Ruth Cheshin, die Präsidentin der Jerusalem Foundation,
hieß Otto Schily, der bereits in der Vergangenheit seine Überzeugung von der
Bedeutung des jüdisch-arabischen Erziehungszentrums, einem Pilotprojekt der
Jerusalem Foundation, für die Koexistenz von Juden und Arabern in Jerusalem
zum Ausdruck gebracht hatte, in der Stadt herzlich willkommen. Schily hob
hervor, daß die Fundstücke mit ihrer Ausstellung in Jerusalem an den
Ursprung und Quell jüdischen Lebens zurückgekehrt sind.
Die Wahl des Konrad Adenauer Konferenzzentrums in
Mishkenot Sha'ananim, dem ersten jüdischen Wohnviertel außerhalb der alten
Stadtmauern, als Präsentationsort unterstreicht diese Symbolik. Nach
umfassenden Renovierungsarbeiten der Jerusalem Foundation Anfang der 70er
Jahre des letzten Jahrhunderts wurde es durch internationale Veranstaltungen
über Literatur, Politik, Kunst und Kultur und die Beherbergung von
Intellektuellen und Künstlern aus aller Welt zu einem Zentrum, das den
Status Jerusalems als internationalen Brennpunkt der Kultur und Aufklärung
festigte. 1998 begann die Jerusalem Foundation mit weltweiter Unterstützung,
insbesondere von Freunden in Deutschland, Mishkenot erneut ausgedehnt zu
renovieren. Im Mittelpunkt der 2001 abgeschlossenen Arbeiten steht das
Konrad Adenauer Konferenzzentrum, das mit Ausstellungen wie dieser die
Tradition als Veranstaltungsort des philosophischen und künstlerischen
Dialogs zwischen den Völkern weiterführt.
Im Rahmen der Ausstellung luden die deutschen
Veranstalter, der museumspädagogische Dienst Berlin, in Kooperation mit der
Konrad Adenauer Stiftung, des Bundesinnenministeriums und des Auswärtigen
Amtes zur Diskussion über die Auswirkungen der Vergangenheit und die
Verpflichtungen, die sich aus ihr für aktuelle Konfliktbewältigung ableiten
lassen, von Publizisten, Politikern und Diplomaten ein. Der Direktor des
museumspädagogischen Dienstes, Jochen Boberg, sieht die Bedeutung dieser
Veranstaltungen in Jerusalem insbesondere darin, daß Deutsche die Begriffe
der Erinnerung und der Verantwortung durch persönliche Begegnungen mit
Israelis und durch das Kennenlernen der Kultur des anderen mit Inhalt
füllen.
Den abschließenden Höhepunkt bildete Iris Berbens
ergreifender Vortrag von Gedichten von Selma Meerbaum-Eisinger. Zusammen mit
dem Cello-Performer Thilo Krigar ließ Berben die Lebensgier und die
Sinnlichkeit der Verfasserin lebendig werden. Die gleichzeitige Einsicht in
die politische Aussichtslosigkeit der 18jährigen Selma, ihr Trotz gegenüber
dem sicheren Tod und ihre hoffnunglose Sehnsucht nahmen dem Publikum den
Atem.
Der Leiter des Verlages Hoffmann & Campe, Günter Berg,
stellte die neue Edition Meerbaum-Eisingers geretteten Werkes und seine
Verarbeitung als Hörbuch, das von Iris Berben eingelesen wurde, vor. Der
Verlag entschloß sich zu beiden Produktionen aufgrund der noch in der
heutigen Zeit aufwühlenden Wirkung dieser Gedichte, die Weltgeschichte und
individuelle Leidensgeschichte verweben.
www.jerusalemfoundation.org
hagalil.com 05-10-2005 |