Symbolträchtig:
Abzug ohne Übergabe
Von Ulrich W. Sahm, Jerusalem
"Stell Dir vor, es ist Krieg, und keiner geht hin." Nach
diesem Motto ziehen sich die Israelis nach 38 Jahren Besatzung aus dem
Gazastreifen zurück, aber kein Palästinenser erscheint zur
"Schüsselübergabe". So ziehen die Israelis ab, ohne feierlich ihre Fahne
einzuholen und mit Fanfaren die Palästinensische zu hissen. Das geschah in
Ramallah, Hebron, Bethlehem und Jericho, als beide noch etwas kultivierter
miteinander umgingen.
Die feierliche Übergabe durch Einholen und Hissen der Flaggen ist nur ein
symbolischer Akt. Die Teilnahme zu verweigern ist ein ebenso symbolischer
Akt, der nichts Gutes verheißt. Offiziell hieß es, dass die Frage der
israelischen Kontrollen am Grenzübergang nach Ägypten offen sei. Doch das
ist nur ein Vorwand, denn bei Nachbarn gibt es immer "ungeklärte Fragen".
Während Israel mit einem gewissen Aufatmen nach 38 Jahren die Herrschaft
über den überbevölkerten Gazastreifen beendet und auf Anerkennung der Welt
hofft, jetzt weniger geächtete Besatzungsmacht zu sein als zuvor, wollen die
Palästinenser den Israelis nicht die geringste Befriedigung gönnen,
wenigstens einen kleinen konkreten Schritt in Richtung Freiheit und
Unabhängigkeit der Palästinenser getan zu haben.
Israelkritiker argumentieren, dass die brutalen Besatzer der Vergangenheit
nicht einmal die militärischen Ehren einer formalen Übergabezeremonie
verdient hätten. Angesichts des palästinensischen Leids und der erlittenen
Unterdrückung mag das einleuchten. Doch warum kommt die Absage in letzter
Minute? Wie stellen sich die Palästinenser ein gesittetes Zusammenleben mit
Israel in der Zukunft vor, wenn sie sich nicht einmal an die minimalsten
internationalen Gebräuche und Umgangsformen halten wollen?
Die palästinensische Weigerung, ist eine symbolische Kriegserklärung,
unvereinbar mit palästinensischen Forderungen nach weiterer Übergabe von
Land und israelischen Zugeständnissen.
© Ulrich Sahm / haGalil.com
hagalil.com 11-09-2005 |