Die Terroranschläge, die in
den letzten Jahren in westlichen und arabischen Staaten verübt wurden,
haben den Terrorismus zu einem der Hauptthemen öffentlicher Debatten
auch in der arabischen Welt gemacht. Lange Zeit wurden dabei Terror und
Selbstmordanschläge in und gegen Israel von der arabischen
Öffentlichkeit und einem Großteil der politischen Eliten und Kleriker
heruntergespielt oder auch gerechtfertigt.
Gegen den israelischen
"Staatsterrorismus" würden sich die palästinensischen Selbstmordbomber
um einer höheren Sache Willen opfern – des Jihads im Namen Gottes
und/oder der Nation. Auch die Anschläge des 11. September stießen
insofern auf Verständnis in der arabischen Welt, als viele in ihnen eine
Reaktion auf eine "amerikanische Hegemonie" über die Welt oder eine
pro-israelische Außenpolitik der USA sahen.
Die arabische Debatte um
Selbstmordattentate im Namen des Islam intensivierte sich, als radikale
Islamisten begannen, Anschläge auf Muslime in arabischen Staaten zu
verüben. Eindeutigere Verurteilungen von Tätern und Taten sowie
deutlichere Abscheubekundungen traten an die Stelle von bis dahin
oftmals zögerlichen, apologetischen Verurteilungen.
In Saudi-Arabien, wo es unter
anderem zu mehreren Anschlägen auf Sicherheitskräfte gekommen war,
begann man etwa, die Terroristen als "eine vom Weg abgekommene Gruppe"
(al-fiaa al-dhalla) und als "Extremisten" (ghulah – eine religiös
herabwürdigende Charakterisierung) zu bezeichnen, die den Islam falsch
und in intoleranter Weise interpretieren würden. Auch die Anschläge auf
Sicherheitskräfte und Zivilisten im Irak haben die Debatte beeinflusst.
Wiederholt forderten zuletzt kritische Intellektuelle religiöse
Repräsentanten auf, den Terror eindeutiger zu verurteilen.
In Kairo gab der Scheich der
Azhar, Muhammad Sayyed Tantawi, vor dem Hintergrund der Anschläge in
Scharm al-Scheich eine Fatwa heraus. Ihr zufolge gilt "jeder, der sich
selbst in die Luft sprengt, als Selbstmörder, es sei denn es handelt
sich um die Ausführenden von Widerstandsoperationen in Palästina. Sie
sind Märtyrer [...]." Laut Tantawi führen jene, die in der arabischen
Welt Terroranschläge verüben, keinen Jihad, "denn Jihad bedeutet, den
Feind zu bekämpfen, nicht [muslimische] Gläubige [...]." Er fügte hinzu:
"Die islamische Shari'a verbietet das Töten unschuldiger Zivilisten,
Frauen und Kinder, egal ob Muslim oder nicht. So lange sie in Harmonie
und Frieden unter uns leben, verbietet Allah es uns, ihr Blut zu
vergießen."
Auch Karikaturen in der
arabischen Presse reflektieren die Entwicklungen der öffentlichen
Debatte über Terrorismus. So nahm mit der Zahl der Anschläge auch die
Häufigkeit der den Terrorismus verurteilenden Karikaturen zu. In den
jetzt vermehrt erscheinenden Karikaturen wird der Terrorismus in teils
sehr drastischer Form als eine Krake, die die Welt umschlingt, als
Sensenmann, als Dolch, der den Arabern in den Rücken fährt und als
teufelsähnliche Gestalt gezeichnet, die die Welt in Brand setzt.
Neben Karikaturen, die ihre
Verurteilung des Terrorismus durch Bezugnahme auf dessen
Rechtfertigungen in Form der israelischen und amerikanischen Politik
abschwächen, stehen solche, die den Terrorismus unzweideutig
verurteilen. So zeigt die saudische Tageszeitung Al-Madina ein Bild von
vier Messer haltenden Händen, welche die Welt umfassen und dabei ein
Hakenkreuz bilden. Die Karikatur trägt den Titel "Der Mord an
unschuldigen Menschen ist ein neuer Nazismus".
Ein geringerer Anteil an
Karikaturen beschäftigt sich mit den Ursachen des Terrorismus in den
arabischen Gesellschaften sowie den arabischen Reaktionen auf den
Terror. So zeigt die in London erscheinende arabische Tageszeitung
Al-Sharq Al-Awsat eine Karikatur, auf der ein Araber zu sehen ist, der
seine Verurteilung des Terrorismus durch ein eher kleines Megaphon
verkündet. Neben ihm steht jedoch "die Menschlichkeit" und verlangt,
dass er durch ein wesentlich größeres Megaphon sprechen solle. Die
bahrainische Tageszeitung Al-Ayyam porträtiert den Extremismus als
Sensenmann, der einem kleinen Jungen auf dem Schulweg den Kopf
tätschelt. Die Isolierung der extremistischen Ideologie vom Rest der
Gesellschaft versinnbildlicht die saudische Tageszeitung Al-Watan, indem
sie Osama bin Laden in einem engen Kreis zeichnet, den er selbst
aussägt.
Der Terrorismus als Nazismus
"Der Mord an unschuldigen Menschen ist ein neuer Nazismus"
Aus: Al-Madina (Saudi-Arabien), 12. Juli 2005. [1]
Der Terrorismus als Krake...
Aus: Al-Rai (Jordanien), 25. Juli 2005. [2]
... und als Sensenmann
Aus: Al-Watan (Katar), 11. Juli 2005. [3]
Der Terror auf dem Weg nach
Doha, Qatar.
Aus: Al-Watan (Qatar), 21. März 2005. [4]
Terroristen, dargestellt als
Tiere
Die Welt am Rande eines Flammenmeeres, in dem das Wort "Terror" steht.
Aus: Al-Rai (Jordanien), 10. Juli 2005. [5]
Der maskierte Terrorismus
Aus: Al-Watan (Qatar), 25. Juli 2005. [6]
"Nein" zum Terrorismus
Aus: Al-Madina (Saudi-Arabien), 21. Juli 2005. [7]
Der "Terrorismus" als Dolch
im Rücken Ägyptens
Aus: Al-Watan (Qatar), 2. Mai 2005. [8]
Unterhaltung nach den
Anschlägen in Scharm al-Scheich
"Was haben diese Tiere gesagt, zu welcher Gruppierung sie gehören?" "Egal,
die diese Anschläge verübt haben, sind verachtenswert. Sie sind tiefer
gesunken als wir."
Aus: Al-Akhbar (Ägypten), 25. Juli 2005. [9]
Enthauptungen
Aus: Al-Yawm (Saudi-Arabien), 31. Juli 2005. [10]
Zur Verurteilung des
Terrorismus
Die "Menschlichkeit" fordert von den Arabern eine deutlichere Verurteilung
des Terrorismus.
Aus: Al-Sharq Al-Awsat (London), 31. Juli 2005. [11]
Die Ursachen des Terrorismus
Der "Extremismus" als Sensenmann
Aus: Al-Ayyam (Bahrain), 27. Juli 2005. [12]
Spott über Al-Qaida
Ayman al-Zawahiri zu Bin Laden: "Schätze, es ist Zeit, dass Du alleine
weiterfliehst!"
Aus: Al-Watan (Saudi-Arabien), 6. Juli 2005. [13]
"Extremistisches Denken"
Aus: Al-Watan (Saudi-Arabien), 11. Juli 2005. [14]