antisemitismus.net / klick-nach-rechts.de / nahost-politik.de / zionismus.info

haGalil onLine - http://www.hagalil.com
     

  

Spenden Sie mit PayPal - schnell, kostenlos und sicher!

hagalil.com

Search haGalil

Veranstaltungskalender

Newsletter abonnieren
e-Postkarten
Bücher / Morascha
Musik

Koscher leben...
Tourismus

Aktiv gegen Nazi-Propaganda!
Jüdische Weisheit
 

 

Umstrittene Quellen:
Die Verfassungsdebatte im Irak

Von Thomas von der Osten-Sacken
Jungle World 35 v. 31.08.2005

Gemessen an den Hoffnungen, die so viele Irakis, aber auch all jene, die von der Notwendigkeit einer grundlegenden Demokratisierung des Nahen Osten überzeugt sind, in die neue irakische Verfassung gesetzt hatten, erscheint der nun endlich vorgelegte Entwurf enttäuschend. Nach monatelangem Feilschen ist ein bestenfalls halbherziger Kompromiss entstanden, der versucht, sowohl schiitisch-islamischen Aspirationen als auch den Kurden und Sunniten gerecht zu werden, ohne dabei fundamentale Bürgerrechte zu opfern.

Weder wird der Irak also eine säkulare Republik werden, in der Religion Privatsache ist, noch eine Theokratie nach iranischem Vorbild. Gemessen an anderen Verfassungen der Region kann die irakische Vorlage für eine neue Konstitution jedoch als liberal und rechtsstaatlich bezeichnet werden. In dem nun vorgelegten Text wird der Islam nämlich nur als eine, nicht aber die Quelle der Rechtsprechung bezeichnet, die Sharia selbst findet an keiner Stelle direkt Erwähnung.

Stattdessen hat man sich auf die Sprachregelung der unter US-amerikanischer Besatzung verabschiedeten Übergangsverfassung geeinigt. Die Gesetzte dürfen weder den bürgerlichen Grundfreiheiten noch den Prinzipien des Islam widersprechen. Alle wichtigen bürgerlichen Freiheiten und Rechte sind explizit garantiert. In Zukunft sollen die Geheimdienste und das Militär parlamentarischer Kontrolle unterstehen, 25 Prozent aller Posten in Regierung und Parlament müssen von Frauen besetzt sein und Kurdisch wird die zweite offizielle Amtssprache.

Als in Afghanistan eine ähnliche Verfassung verabschiedet wurde, jubelte dieselbe linksliberale Presse über einen unerhörten Fortschritt, die nun den Irak ins tiefste Mittelalter fallen sieht und sich für Saddam Husseins angeblichen Säkularismus erwärmt. Aus Europa aber erhielten gerade jene, die für eine weit progressivere Verfassung gekämpft haben, keinerlei namhafte Unterstützung. Ginge es gar nach dem deutschen Friedenskanzler, würden die Irakis noch immer unter Saddam Husseins Gesetzen leben, die den Jihad zum Staatsziel erklärten und die Tötung von Frauen aus Gründen der "Ehre" legalisierten.

Trotzdem ist dieser Verfassungsentwurf nicht das, was sich liberale und säkulare Irakis gewünscht haben. Sie atmet keineswegs den Geist eines revolutionär-demokratischen Neuanfanges, gerade weil Aussagen zu den zentralen Fragen vermieden wurden oder betont vage formuliert sind. Der Irak wird zwar eine "föderale und demokratische Republik", wie genau dieser Föderalismus in Realität aber aussehen wird, bleibt ebenso unklar wie die Verteilung der Öleinnahmen, die 90 Prozent des Staatshaushaltes ausmachen. Mullahs und Ayatollahs werden im neuen Irak ein beträchtliches Mitspracherecht in Gesetzgebung und Regierung haben.

Welche Rolle werden islamische Rechtsgelehrte im Obersten Gerichts spielen und wie wird entschieden, ob ein Gesetz gegen die "Prinzipien des Islam" verstößt? Dass die sunnitischen Parteien und der khomeinistische Milizenführer Muqtada al-Sadr, die für einen möglichst starken, auf der Sharia fußenden Zentralstaat eintreten, nun gegen diesen Verfassungsentwurf mobilisieren, ist durchaus ein gutes Zeichen. Sie fürchten um ihren künftigen Einfluss im Irak und betrachten das Dokument als verdammenswert "westlich". Die Abkehr vom Zentralismus könnte aber gerade ihnen nutzen. Wenn bei dem für Oktober geplanten Referendum in drei der 18 Provinzen die Verfassung mit einer Zweidrittelmehrheit abgelehnt wird, muss erneut verhandelt werden.

hagalil.com 01-09-2005

Werben in haGalil?
Ihre Anzeige hier!

Advertize in haGalil?
Your Ad here!

 

haGalil.com ist kostenlos! Trotzdem: haGalil kostet Geld!

Die bei haGalil onLine und den angeschlossenen Domains veröffentlichten Texte spiegeln Meinungen und Kenntnisstand der jeweiligen Autoren.
Sie geben nicht unbedingt die Meinung der Herausgeber bzw. der Gesamtredaktion wieder.
haGalil onLine

[Impressum]
Kontakt: hagalil@hagalil.com
haGalil - Postfach 900504 - D-81505 München

1995-2006 © haGalil onLine® bzw. den angeg. Rechteinhabern
Munich - Tel Aviv - All Rights Reserved