Zum Abschied von Botschafter Dreßler:
Schalom an einen FreundVon
Eldad Beck, Jedioth Achronoth, 06.09.2005
An
einem kühlen Herbstabend im Jahr 2002 lud die deutsche Zweigstelle der
Friedrich-Ebert-Stiftung den Deutscher Botschafter in Israel, Rudolf
Dreßler, ein, über die Lage in Israel und Im Nahen Osten zu sprechen. In
jenen Tagen befand sich die Intifada auf dem Höhepunkt. Mörderische
Selbstmordanschläge fanden Verständnis und Unterstützung in Deutschland.
Israelische Racheakte wurden einstimmig verurteilt. Viele Deutschen nutzten
die Gelegenheit, um sich von den Überresten der historischen Schuld zu
befreien, die Ihnen vielleicht noch anhaftete, und machten Israel zum
"Vierten Reich".
Auch die Botschafter der westeuropäischen Staaten in
Israel erlaubten es sich, sehr undiplomatische Äußerungen über ihr Gastland
von sich zu geben. Im Hinblick auf diese gespannte und feindselige Situation
war ich schon sehr gespannt darauf, was wohl der Deutsche Botschafter zu
sagen hatte. Der 65-jährige Dreßler ist, anders als seine Kollegen, kein
Diplomat. Er stammt aus der Politik, aus der SPD. Im Alter von 15 Jahren war
er schon in der Gewerkschaft der Drucker aktiv. Ende der 60-er Jahre trat er
der Partei offiziell bei, und er vertrat sie 20 Jahre lang im Bundestag.
Eine Zeitlang saß er sogar in der Regierung. Er war in vielen Spitzenämtern
der Partei tätig, bis er im Jahr 2000 ins "politische Exil" nach Israel
geschickt wurde, da er für den (damals) frischen Kanzler Gerhard Schröder
und seine neo-liberale Politik eine gewisse Bedrohung darstellte.
Dreßler trat vor einem "heimischen" Publikum auf. Leute
seiner Partei, die es gewohnt waren, Kritik über Israel zu hören. Er hätte
sich den Spielregeln beugen können. Aber er entschied sich für den harten
Weg: Zwei Stunden lang erklärte er seinen Zuhörern in allen Details die
komplexe Situation, in der sich Israel befindet, er erklärte ihnen, wie die
israelische Demokratie funktioniert und scheute sich auch nicht, scharfe
Kritik an dem korrupten Verhalten Arafats zu üben.
Die Zuhörer rutschten nervös auf Ihren Stühlen herum. Das
hätten sie von dem Botschafter ihres Landes in Israel nicht erwartet. Viele
Deutsche, vor allem Linke in Deutschland, sind der Überzeugung, ihr Land
habe die Pflicht, Israel zu erziehen und kein Verständnis für seine Motive
oder Taten zu zeigen. Die Fragen, die an Dreßler gestellt wurden, waren
scharf. Er blieb jedoch standhaft. Ich habe in Deutschland höchst selten
Israelis gesehen, die Israel so gut erklären konnten wie Rudolf Dreßler.
Letzte Woche beendete Dreßler seine Amtszeit in Israel. Er
kam einen Monat nach Beginn der Intifada nach Israel. Er verbrachte hier
fünf Jahre, die nicht einfach waren, persönlich und politisch. In Berlin gab
es viele, die vorzogen, ihn zu Ignorieren. Im Verlauf des Besuchs von
Präsident Katsav In Berlin, anlässlich des 40. Jahrestags der Aufnahme der
diplomatischen Beziehungen zwischen Deutschland und Israel, hatte jemand
dafür gesorgt, Dreßler bei dem feierlichen Mittagessen, das der
Bundespräsident für seinen Gast gab, weit weg vom Ehrentisch zu platzieren.
Es hatte jedoch den Anschein, als würde Dreßler dies nur amüsieren. Seine
Begabung als Politiker ermöglichte es ihm, sich von den politischen Dogmen
seines Amtes zu befreien und mehr Verständnis für die Vorgänge in Israel zu
demonstrieren.
Israel verabschiedete sich von einem guten Freund, der
unsere größte Wertschätzung verdient hat. Es bleibt zu hoffen, dass er auch
als Pensionär weiterhin dazu beitragen wird, das Verständnis zwischen
Deutschland und Israel zu stärken.
Medienspiegel der Deutschen Botschaft Tel Aviv
Vier Jahre Botschafter in Israel:
Für einen
Deutschen prägende Jahre
"Meinem ersten Arbeitstag am 01. September 2000 folgte vier
Wochen später, am 28. September, der Beginn der sogenannten zweiten
Intifada. Der Ablauf schrecklicher Ereignisse mit traumatischen Folgen hat
das Land Israel in Atem gehalten"...
hagalil.com 07-09-2005 |