Goethe-Preisträger Amos Oz:
Es ist eine Sünde, den Nahostkonflikt nur Schwarzweiß zu
sehenHamburg (ots) - Für den prominentesten
israelischen Schriftsteller, Amos Oz, ist der Abzug aus dem
Gaza-Streifen eine der ernstesten Krisen seines Landes, vergleichbar mit dem
Abzug aus dem Sinai.
"Das Land hat den Moment der Wahrheit in seiner Geschichte
erreicht. Dessen sind sich viele ganz stark bewusst. Dabei geht es nicht nur
um die besetzten Gebiete und den Widerstand der Siedler. Es geht um
Theokratie versus Demokratie, um die Rolle der Rabbiner und der Thora, um
die Fundamente einer demokratischen Zivilgesellschaft. Unter all den
Streitereien um Sicherheit, historische Rechte, Siedlungen, Gefühle, Schuld
und Frieden sind wir am harten Felsblock angelangt", sagt Oz in einem
Interview mit der ZEIT.
"Fast zwanghaft" nennt Oz das Interesse Europas an einem
Frieden in Nahost. "Es gibt solche, die glauben, dass Frieden eine
emotionale Angelegenheit ist. Etwas zwischen Gruppentherapie und
Familienberatung. Such dir einen guten Therapeuten, und die Ehe wird wieder
funktionieren. Geh zu einer Gruppentherapie, und jeder wird sich mitteilen
und dann den anderen in Tränen umarmen. Das ist aber kindisch. In
Beziehungen, nicht nur zwischen Ländern und Nationen, sondern auch zwischen
Individuen, ist manchmal das Beste, was man kriegen kann, eine Koexistenz
mit punktuellen Zusammenstößen."
Kritisch sieht Oz, der am kommenden Sonntag mit dem
Goethe-Preis der Stadt Frankfurt ausgezeichnet wird, eine von ihm erkannte
sentimentale deutsche Begeisterung für die Palästinenser. "Ich halte es für
eine moralische und ethische Sünde, die Welt so in Schwarzweiß zu sehen ...
Es ist falsch, den Nahostkonflikt mit Juden in der Rolle der Guten zu sehen
und den Arabern in der Rolle der Bösen, aber es ist genauso falsch, die
Araber als die Guten zu betrachten und die Juden als die Bösen ... Die
Tatsache, dass jemand ein Opfer war, macht ihn nicht zu einem Engel."
"Ich schreibe über Familien":
Ein Gespräch mit Amos Oz
Amos Oz gilt international als einer der prominentesten
Schriftsteller Israels. 1992 erhielt er den Friedenspreis des Deutschen
Buchhandels, 1998 den Israel-Preis für Literatur. Er ist Mitglied der
Akademie der Hebräischen Sprache und Professor für Hebräische Literatur an
der Ben-Gurion-Universität in Beer Sheva...
Der Schriftsteller Amos Oz:
Israelische
Identität
Über den Frieden in Israel, die Identitätsfrage
der Israelis, den Mashiah und die Frage, ob G'tt immer recht hat...
Kommentar von Amos Oz:
"Mit
Frieden, aber auch ohne"
Anfang der neunziger Jahre trat eine Wende in der
öffentlichen Meinung in Israel ein, nicht weil die Palästinenser mit der
Intifada begannen, sondern weil ihre Führer sich damals zum ersten Mal
offiziell bereit erklärten, von der Forderung nach der Vernichtung Israels
abzurücken...
hagalil.com 25-08-2005 |