Jad Achim:
Der Rückzug Israels hat begonnen
Zusammenfassung dreier Nachrichtenartikel aus Ha'aretz,
15.08.2005
Übersetzung Daniela Marcus
Die Umsetzung des Abkopplungsplans ist angelaufen: Die
israelische Armee begann mit der formalen Umsetzung des Abkopplungsplans am
Montagmorgen, als Soldatenteams in die nördliche Gazasiedlung Nissanit kamen
und den Siedlern im Zuge der Operation "Jad Achim" (brüderliche Hand) die
Räumungsbescheide aushändigten, die am Mittwoch in Kraft treten werden.
Der Schritt kam nur Stunden, nachdem das Abkopplungsgesetz um Mitternacht in
Kraft getreten war, die Armee den Gazastreifen abgeriegelt hatte und nun
allen israelischen Bürgern den Zutritt zu den Siedlungen, die evakuiert
werden sollen, verwehrt. "Stopp. Per Gesetz ist es illegal, den Gazastreifen
zu betreten oder sich dort aufzuhalten." ist auf einem Schild an der
Kissufim-Straßensperre zu lesen.
Der erste Konvoi der israelischen Armee fuhr kurz nach Mitternacht in den
Gazastreifen. Er bestand aus etwa 50 Fahrzeugen: Jeeps, Ambulanzen und
Busse, die die ersten Evakuierungstruppen transportierten.
Der israelische Generalstabschef Dan Halutz sagte gestern, er erwarte, dass
etwa die Hälfte der Siedler in den nächsten beiden Tagen ihre Häuser
verlassen werden. Die Siedlungen Nissanit, Dugit und Elei Sinai liegen
bereits fast verlassen. Ihre Einwohner sind schon in Häuser und Wohnungen
innerhalb Israels umgezogen. Einwohner von etwa zehn weiteren Siedlungen
sind auch schon vorzeitig umgezogen oder sie haben ein Abkommen mit den
Sicherheitskräften bezüglich ihrer Evakuierung getroffen. Die Armee muss nun
verhindern, dass Abkopplungsgegner die leer stehenden Häuser besetzen.
Andere Siedler im Gazastreifen und in der Westbank sind nicht bereit,
freiwillig zu gehen und haben die Eingänge zu ihren Siedlungen blockiert, um
israelischen Truppen und Reportern den Zutritt zu verwehren. Am Sonntagabend
gab es außerdem in den Westbank-Siedlungen Sa-Nur und Shavei Shomron
Zusammenstöße zwischen Siedlern und der Armee.
Die größte Herausforderung für die israelischen Sicherheitskräfte besteht in
der Konfrontation mit schätzungsweise 5.000 Abkopplungsgegnern –in der
Mehrzahl Jugendliche-, die illegal in den Gazastreifen gekommen sind.
Während der letzten Tage haben Offiziere der israelischen Armee geheime
Verhandlungen mit Bewohnern mehrerer Siedlungen geführt –u. a. auch mit
Vertretern von Siedlungen, in denen eine hohe Anzahl von Extremisten lebt-,
um ein Abkommen über die Bereitschaft zur Evakuierung zu erzielen.
Sollten die Bewohner der Siedlungen den Räumungsbescheiden nicht nachkommen,
werden am Mittwoch Zwangsevakuierungen –gegebenenfalls unter
Gewaltanwendung- beginnen. Man wird versuchen, bis zum Wochenende, an dem es
eine kurze Evakuierungspause geben soll, so viele Siedlungen wie möglich zu
räumen. Dadurch soll der Widerstand in den Siedlungen geschwächt werden und
es soll gezeigt werden, dass die Sicherheitskräfte die Oberhand haben.
Die Sicherheitseinrichtungen haben verschiedene Pläne darüber aufgestellt,
in welcher Reihenfolge die Evakuierung der Siedlungen stattfinden soll. Die
endgültige Entscheidung, welcher Plan zur Anwendung kommen soll, wird jedoch
erst am Dienstagabend getroffen werden und wird auf den Vorkommnissen der
nächsten zwei Tage basieren.
Gestern beendeten israelische und palästinensische Offiziere ihre
Truppenstationierung, um Palästinenser während der Abkopplung von Angriffen
auf Israelis abzuhalten. Israelische und palästinensische Vertreter trafen
sich zur Absprache am Erez-Übergang. Quellen der israelischen Armee sagten,
der palästinensische Truppenplan erscheine zufrieden stellend. Dennoch gäbe
es keine Garantie dafür, dass die palästinensische Autonomiebehörde
Terrorangriffe auf Evakuierungstruppen und Evakuierte wirklich verhindern
könne.
Obwohl inzwischen etwa 7.500 palästinensische Polizisten zur Verhinderung
von palästinensischen Anschlägen um die israelischen Siedlungen herum
stationiert sind, feuerten Palästinenser am frühen Montagmorgen zwei
Mörsergranaten auf die Siedlung Gadid ab, die im Zentrum des Gazastreifens
liegt. Es gab keine Meldungen über Opfer. Zuvor hatte ein palästinensischer
Schütze auf das Zelt von Abkopplungsgegnern geschossen. Außerdem hatten
gestern palästinensische Schützen das Feuer auf die abgelegene Siedlung Kfar
Darom eröffnet.
Generalstabschef Dan Halutz deutete an, dass der Abzug aus dem Gazastreifen
möglicherweise unterbrochen werden müsse, sollten israelische Truppen von
Palästinensern beschossen werden.
hagalil.com 15-08-2005 |