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Am Vorabend des Rückzugs:
Letzte Fahrt durch Gusch Katif

Von Ulrich W. Sahm, Jerusalem

Im Wohnzimmer von Ejal Goren liegen Schlafsäcke auf dem Fußboden. Das Geländer und ein paar Holzstufen der Treppe zum ersten Stock fehlen. In der Küche sind die Schränke verschwunden. Konserven stehen unordentlich auf dem Marmor. Eine Haustür zum Anklopfen gibt es nicht mehr. Ein israelisches Fernsehteam filmt ein ausländisches Team, wie es Ejal Goren auf der Terrasse neben einer Wasserpfeife und dem Holzkohlengrill filmt. "Ich werde auch an diesem Sabbat noch einmal Schweinekotletten grillen. Ich bin geblieben, um das Haus bis zum letzten Augenblick zu genießen", sagt Ejal müde.

Vor fünfzehn Jahren war der Computeringenieur nach Dugit gekommen, eine Minisiedlung im Norden des Gazastreifens, um zusammen mit Palästinensern ein neues Leben als Fischer zu beginnen. Seit Ausbruch der Intifada ist sein gutgehendes Fischrestaurant am Strand geschlossen. Vor einem Jahr zog er vom Wohnwagen in das selbstgebaute Haus ein. Frau und Kinder sind bereits weg. "Ich gehe, sowie die Soldaten kommen." Ein Touristenbus dreht im Schritttempo eine Runde durch Dugit. Was der "Reiseführer" den "Soldaten-Touristen" über die Häuser von Dugit erzählt, ist nicht zu hören. Nachbar Chaim hinterlässt "eine Million Euro Investition im Meer, für die Palästinenser". Er besaß am Strand eine Fischfarm. Seine Villa wurde erst vor einem Monat fertig. Freunde meisseln die Mahagoni-Eingangstür aus dem Beton heraus. Die blauen Aluminium Fensterrahmen liegen aufgestapelt im Wohnzimmer. Seine Kleidung hat er in grüne Mülltüten aus Plastik gestopft. Ein serbischer Journalist ist am Morgen um vier in Israel gelandet. Ein frischer Presseausweis für "besuchende Journalisten" baumelt an seiner Brust. Fragenlos stapft er vorsichtig zwischen Tellern und Stereoanlage herum. "Ich ziehe in den Norden nach Galiläa, damit durch die Ferne die Wunden schneller vernarben", sagt Chaim freundlich, ehe er einer Reporterin aus Spanien die gleichen Fragen noch einmal beantwortet.

Auf der Strecke nach Nisanit, der größten "Stadt" im Norden Gazas, sind Bulldozer und Kräne mit dem Bau eines weiteren Grenzzauns beschäftigt. Vor lauter Sperren aus Stacheldraht, Maschendraht, Elektrodraht, die alle parallel zur alt-neuen Grenze verlaufen, ist nicht zu erkennen, wo eigentlich die Grenzlinie verläuft.

Nisanit ist eine Geisterstadt. Die meisten Häuser sind mit einem aufgesprühten "X" für den Abbruch freigegeben. Einige haben die Dachziegel abgeräumt. Die Satellitenschüssel für den TV- Empfang wirkt neben dem zurückgelassenen Kompressor der Klimaanlage surrealistisch zwischen den Sparren des nackten Dachgestühls. "Zum Verkauf" steht da noch an einer Villa inmitten eines gepflegten Gartens. Doch auch hier lädt das "X" die Bulldozer ein, alles niederzuwalzen. Einen Bewohner hat die Wut gepackt. Er zertrümmerte den Kasten mit den Sicherungen. Die Zierpflanze liegt im zerborstenen Blumentopf auf der halb eingerissenen Veranda. Im Wohnzimmer ist zertrampeltes Spielzeug verteilt. Dazwischen ein zerschmetterter Computer. An den Wänden aufgesprühte gehässige Sprüche gegen Araber und gegen Scharon. Im Bad hat er dem Wasserhahn den Hals umgedreht. Das Waschbecken liegt in Trümmern auf dem Boden. Auch dieses Haus ist mit einem "X" gekennzeichnet.

Auf der anderen Straßenseite befindet sich im Luftschutzbunker eine kleine Synagoge. Junge Männer mit großen gestickten Käppchen essen eine Fertigmahlzeit im Aluminiumgeschirr. "Schaut, was mit Scharons Rückzugsplänen passieren wird", sagt einer von ihnen, zerreißt eine "Gebrauchsanweisung für den Rückzug", wie sie die Regierung an alle Siedler ausgeteilt hat, und wirft sie auf den Boden. In der Synagoge wird noch der Talmud studiert. Nichts ist eingepackt. Nichts weist auf einen Umzug innerhalb von drei Tagen hin. "Uns dürft Ihr nicht filmen. Einige von uns sind illegal hier."

Im südlichen Siedlerblock "Gusch Katif" sind die Eindrücke nicht minder widersprüchlich. Mangels Nachschub sind die meisten Regale im Supermarkt schon leer geräumt. Nur der Kühlschrank für Milchwaren und das Regal für Sabbatwein ist noch voll. Vor dem Supermarkt finden orangefarbene T-Shirts reißenden Absatz, dem knalligen Symbol der Rückzugsgegner. "Gott ist der König", ist in Hebräischen Lettern aufgedruckt. Hatten die Siedler nicht früher mal gerufen "Arik, Arik, König von Israel", als Scharon noch der "Vater der Siedler" war?

Auf der Hauptstraße versammeln sich hunderte Jugendliche und bilden Hand in Hand eine lange Kette. Orange ist die beherrschende Farbe. "Das ist eine spontane Demo, um unseren Geist zu stärken und unser Gefühl der Zusammengehörigkeit zu fördern", sagt Asaf Chen. "Wir glauben immer noch an ein Wunder, obwohl wir gehört haben, dass einige schon umgefallen sind."

Die kleine Siedlung Peat Sadeh ist gemeinschaftlich "umgefallen". Umringt von Reportern aus Korea, Rumänien und anderen fernen Ländern rupft ein Siedler eine Palme aus dem Sand seines Gartens und wirft sie in einen Umzugskarton. Auf der Ladefläche des Umzugwagens stehen nun einträchtig drei allzumenschliche Objekte: Die Palme im Karton, der Fernseher und eine Kloschüssel.

Im allerletzten Haus von Peat Sadeh treffen wir erneut die Siedlerin aus Wien, Viki Sabah. Auf ihrem roten Sofa sitzend jammerte sie vor zwei Wochen, dass sie nicht wüsste, was mit ihr werde und kein Geld für den Umzug habe. Das rote Sofa ist inzwischen in einem grauen Container vor der Haustür verstaut. Ihre Hunde kläffen immer noch. Viki bittet um eine Zigarette, setzt sich in den Container und erzählt wohlgemut: "Erst einmal geht es in den Urlaub ans Tote Meer." Jenseits der Häuserreihe steigt schwarzer Rauch auf. Ein Nachbar kommt ganz aufgeregt: "Der Jossi hat Benzin in sein Haus geschüttet und alles angezündet." Viki versteht das nicht: "Ich habe das Haus mit so viel Liebe aufgebaut. Das kann ich doch nicht eigenhändig zerstören. Das sollen lieber Andere tun, wenn ich weg bin."

© Ulrich Sahm / haGalil.com

Gaza-Rückzug:
Der ausgeträumte Traum einer Siedlerin

Wie etwa die Hälfte der Siedler, die sich bei den Behörden gemeldet haben, um Entschädigung zu erhalten, hat sich Viki mit ihrem Schicksal abgefunden...

Statt der israelischen werde ich die deutsche Flagge hissen:
Der Bayerische Sicherheitschef der Gaza-Siedler
Der stellvertretende Sicherheitschef im Gusch-Katif Siedlungsblock macht keinen Hehl aus seiner Gesinnung. Scharon ist für ihn ein Verräter. Der Rückzug ist noch längst keine vollendete Tatsache...

hagalil.com 15-08-2005

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