Abkopplung von Gaza:
Gewaltsam ohne Gewalt
Ein Kommentar von Ulrich W. Sahm, Jerusalem, 17. August 2005
Der Protest einer Frau aus Kedumim im Westjordanland, die
als lodernde Fackel nahe einer Sperre außerhalb des Gazastreifens gegen den
Rückzug protestierte und Selbstmord verübte, macht größere Schlagzeilen, als
der gewaltsame Rückzug ohne Gewalt. Auch der Terroranschlag eines
fanatischen Siedlers bei Schiloh im Westjordanland mit drei ermordeten und
zwei verletzten Palästinensern beweist, dass einige israelische Extremisten
vor nichts zurückschrecken.
Umso bemerkenswerter ist die Fähigkeit der Armee, fast ohne gewalttätige
Zwischenfälle rund 8000 israelische Bürger aus Häusern zu entfernen, die sie
teilweise schon vor einer Generation errichtet haben. Nicht jeden Tag
vertreibt eine Regierung aufgrund eines innenpolitisch umstrittenen
Beschlusses eine bis dahin als "Elite" bezeichnete Bevölkerungsgruppe. Die
Behauptung der Palästinenser, dass diese Siedler "illegal" seien, ändert
nichts an der Tatsache, dass diese Menschen aufgrund von Beschlüssen und
Gesetzen ihrer eigenen Regierung mit viel Sendungsbewusstsein dorthin
gezogen sind. Nur im Krieg gegen einen Feind sind solche Entwurzlungen
"Schicksal".
Die Taktik der israelischen Regierung und Militärs, den Abzug der Siedler
ohne Blutvergießen zu vollbringen, erwies sich bisher als erfolgreich. Hohe
amerikanische Beamte sorgen in Gaza für Druck, damit von palästinensischer
Seite keine Raketen oder Störmanöver zu einer "präzedenzlos heftigen"
israelischen Reaktion führen. Andererseits bewirkt das massive und
gleichzeitig äußerst behutsame Vorgehen der Soldaten einen "Abzug nach
Plan". Der Einsatz von über 50.000 Soldaten, deren Monate langes Training
und der Erfolg ihres Manövers, werden wohl in die Militärgeschichte Israels
eingehen.
Aber es gibt Fanatiker und harte Ideologen unter den Siedlern. Sie schrecken
nicht einmal davor zurück, ihre eigenen Kinder zynisch zu missbrauchen. Eine
ganze Familie mit neun Kindern, alle mit einem gelben Davidstern an der
Brust, "ergab" sich mit erhobenen Armen den Räumsoldaten, obwohl diese nur
mit Mineralwasserflaschen "bewaffnet" waren. Die theatralische Assoziation
mit dem abgeführten jüdischen Kind unter den Gewehren der Nazis im
Warschauer Ghetto, dem wohl berühmtesten Holocaust-Photo, war beabsichtigt.
So abscheulich und traumatisch diese psychologischen Methoden der
Rückzugsgegner auch sein mögen, für ihre eigenen Kinder und für die
Soldaten, so ist es immer noch "gewaltloser Widerstand".
© Ulrich Sahm / haGalil.com
hagalil.com 17-08-2005 |