Aus
der Küche geplaudert:
Wie Peter Scholl-Latour Geschichte(n) schreibt
Henryk M. Broder
/ Die Achse des Guten
In seinem letzten Buch ("Koloß
auf tönernen Füßen") schreibt PSL auch über die instabilen Verhältnisse
im Norden des Irak, wo Kurden leben, die einen eigenen Staat haben möchten.
"Das Entstehen eines quasisouveränen Kurdistan in Nordirak... würde
unweigerlich starke Anziehungskraft auf die Masse der kurdischen Bevölkerung
Ostanatoliens und der türkischen Metropolen ausüben... Nordirak könnte
gewissermaßen jene Rolle ausüben, die Piemont bei der Schaffung der
nationalen Einheit Italiens gespielt hatte."
So weit, so gut. Warum sollen die Kurden keinen eigenen
Staat haben, wie er ihnen von den Großmächten nach dem WK 1 versprochen
wurde? Aber darum geht es nicht. Es geht, wie immer, um die Strippenzieher
im Hintergrund. Auf Seite 3o7 schreibt PSL:
"Um die Situation vollends zu komplizieren, hat mit Duldung der Regierung
Scharon in Jerusalem eine begrenzte Rückwanderung ehemaliger jüdischer
Iraker in die von Talabani kontrollierte kurdische Nordregion eingesetzt.
Diese Heimkehrer aus Israel sollen beachtliche Ländereien erworben haben,
was in Bagdad, aber auch in Ankara mit Argwohn registriert wird."
Tolle Geschichte, dachte ich und rief gleich meine beiden irakischen Freunde
in Jerusalem, Abi und Eli, an, die als Kinder aus dem Irak nach Palästina
bzw. Israel gekommen waren. Sie würden, sagten sie, gerne zu Besuch in den
Irak fahren, wenn das möglich wäre, so wie Juden aus Polen oder Deutschland
zu Besuch nach Polen oder Deutschland fahren. Aber richtig zurück gehen? Nie
und nimmer! - Ich war beruhigt. Bei Abi und Eli zu Hause gibt es immer eine
wunderbare Kubbe-
Suppe und andere Leckereien aus der irakischen Küche Es wäre schrecklich,
wenn ich dafür bis nach Bagdad oder Kirkuk fahren müßte. Abi und Eli hatten
auch nichts von anderen ehemaligen jüdischen Irakern gehört, die zurück
gegangen wären oder planten, zurück zu gehen. "No way!", sagte Abi.
"Impossible, we're no stupid". sagte Eli.
Also schickte ich eine mail an PSL und bat ihn um Aufklärung, woher er denn
seine Informationen haben würde, wen ich, außer ihm, noch fragen könnte. PSL
rief umgehend zurück und sagte: "Das habe ich in Bagdad erfahren. Es sind
Gerüchte aus der üblichen Gerüchteküche. Dahinter steckt die permanente
Angst, daß Israel im Irak Land kaufen will, um die Palästinenser dorthin
umzusiedeln."
Das
ist PSL, wie wir ihn seit der Schlacht am Bosporus kennen und lieben. Er
hört in Bagdad ein Gerücht, das in sein Schema paßt, macht daraus eine
Nachricht ("hat mit Duldung der Regierung Scharon eine Rückwanderung
eingesetzt..."), sagt nicht, woher er sein Wissen hat, und wenn man ihn
danach fragt, legt er ein weiteres Gerüchtals Erklärung und Bestätigung
nach. Herzlichen Glückwunsch, PSL! Die Falschmeldung hat man exklusiv, die
Blamage auch.
Auf den letzten Stand gebracht:
Der ewige
Antisemit
Das Buch wurde um ein langes Kapitel und viele Beispiele
ergänzt und so auf den letzten Stand einer Geschichte, die nicht vergehen
will, gebracht...
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hagalil.com 07-07-2005 |