Rückzugsplan:
Legal aber nicht legitim
Von Ulrich W. Sahm, Jerusalem
Die Knesset hat längst alle Gesetze für den Rückzug und
Entschädigung für die Siedler verabschiedet. Jetzt bestätigte das Oberste
Gericht die von Siedlern angefochtenen Kompensationsregelungen. Alle
rechtlichen Mittel sind so erschöpft, den Rückzug zu verhindern. Dabei
hatten die radikalen Siedlerorganisationen mit allen Mitteln dagegen
angekämpft.
Sie warfen Scharon "diktatorisches Vorgehen" vor, die
halbe Likud-Partei meuterte, woraufhin Scharon die linke Opposition ins
Kabinett holte um parlamentarisches Oberwasser zu behalten. Die
Rückzugsgegner veranstalteten Kampagnen, die teilweise ein Schuss nach
hinten waren. So das Tragen eines orangefarbenen Davidsternes auf der Brust
und ein Vergleich der "Deportation" der Juden aus Gaza mit der Deportation
der Juden nach Auschwitz. Die Siedler schickten zwölfjährigen Kinder,
zentrale Kreuzungen im ganzen Land zu blockieren, was bei Autofahrern nach
stundenlangem Warten im Stau wenig Gegenliebe erzeugte.
Noch gab es keine Tote oder Verletzte. Und beim Rückzug dürfte sich die
Gewalt in Grenzen halten, nachdem der prominenteste Siedlerrabbi, Abraham
Schapira, aufrief: "Keine Gewalt von Juden gegen Juden." Ebenso entschied
er, dass Soldaten keine Befehle verweigern dürften. Auf Regierungsseite
steht also nichts mehr dem Rückzug im Wege, auch wenn noch viele Dinge
unklar sind. So ist immer noch offen, wohin die rund 7000 Siedler umziehen
sollen. Das Schicksal der Siedlerhäuser ist umstritten. Ägyptens Haltung ist
unklar. Davon hängt ab, ob Israel auch den Grenzstreifen zu Ägypten
vollständig räumen kann.
Mit den Palästinensern bahnen sich Koordinierungsgespräche an. Während
Israel und die Autonomiebehörde den Waffenstillstand einhalten, schießt die
Hamas und Israel bekämpft die Hamas. Schon gibt es die originelle Formel
eines "Waffenstillstandes mit Feuerwechsel". Soweit sieht alles sehr
"positiv" aus. Doch eine subtile Entwicklung bereitet Sorgen: Immer mehr
Autofahrer befestigen ein orangefarbenes Band an der Antenne, das Symbol der
Rückzugsgegner. Erstmals sank laut Umfragen die Zustimmung zum Rückzug unter
50 Prozent. Vor wenigen Wochen lag sie 60 Prozent. Innenpolitisch könnte
Scharon am Ende doch nicht die Kraft haben, den "einseitigen Rückzug und die
Abkopplung" durchzuziehen. Immer mehr Israelis glauben, dass der Rückzug
"legal aber nicht legitim" sei.
© Ulrich Sahm/haGalil.com
Oberster Gerichtshof:
Petition gegen Entschädigungsgesetz
abgelehnt
hagalil.com 09-06-2005 |