Abgeschirmter Gipfel:
Ergebnisse des Treffens Scharon-Abbas
Von Ulrich W. Sahm, Jerusalem
Weder Ariel Scharon noch Mahmoud Abbas stellten sich
der Presse nach dem abgeschirmten Gipfeltreffen in der Residenz des
israelischen Ministerpräsidenten. Nach Angaben israelischer Medien, unter
Berufung auf Regierungsquellen, habe es eine "sachliche aber angespannte"
Atmosphäre bei dem Treffen gegeben. "Obgleich Sie als Gast als erster das
Wort haben sollten, möchte ich zunächst über das Problem des Terrors
sprechen", eröffnete Scharon die gemeinsame Sitzung an einem spartanischen
Tisch mit nur einem Dutzend Teilnehmern beider Seiten.
Gemäß Medienberichten beklagte sich Scharon über die
mangelnden Aktivitäten der Autonomiebehörde gegen den Terror und gegen die
Extremistengruppen auf der palästinensischen Seite. Mahmoud Abbas erwiderte,
dass jede Kugel und jede Rakete gegen Israelis gleichzeitig auch eine
Attacke auf ihn persönlich sei. Aber er habe nicht die Kraft, dagegen
anzugehen. Scharon gestand Abbas zu, gegen den Terror zu sein, kritisierte
aber seine mangelnden Aktivitäten. "Sie haben sicherlich sehr gute Berater",
sagte Scharon, "Wenn ich Ihnen mal einen guten Rat geben darf, sollten Sie
nicht ständig wiederholen, wie schwach Sie seien. Am Ende werden auch die
Palästinenser glauben, dass Sie schwach seien." Der alte Stratege Scharon
riet Abbas, mit seinen Polizisten nicht überall zu versuchen, gegen
bewaffnete Kämpfer der Hamas vorzugehen. "Konzentrieren Sie doch 5000 Ihrer
Polizisten im Norden des Gazastreifens und schlagen Sie dann gegen die Hamas
zu." Es ist nicht überliefert, ob und wie Abbas, ein Intellektueller und
kein Militär, auf diese taktischen Tipps reagierte.
Der palästinensische Premierminister Ahmed Kureia redete
zwar bei einer Pressekonferenz in Ramallah nach dem Gipfeltreffen von einem
"harten Gespräch" und von "Enttäuschungen", weil Israel "auf keinen
palästinensischen Wunsch" eingegangen sei. Doch offenbar gab es eine große
Diskrepanz zwischen irrealen Vorstellungen der Palästinenser und der
Machbarkeit palästinensischer Forderungen in einer komplizierten
Wirklichkeit und einer gefährlichen Eskalation der Gewalt in den Tagen vor
dem Gipfel. Zudem gestand auch Scharon, "unter innenpolitischen Zwängen" zu
stehen.
Scharon versprach, innerhalb von zwei Wochen die Städte
Kalkilja und Bethlehem wieder voll unter palästinensische Kontrolle zu
stellen, allerdings unter der Bedingung, dass die palästinensischen
Sicherheitsbehörden dafür sorgen, dass von diesen Orten keine Anschläge
gegen Israelis ausgehen. Die Palästinenser hatten auch die Übergabe weiterer
Städte wie Dschenin und Jericho erwartet. Die Israelis monierten, dass die
Attentäter eines Israeli bei Baka el Scharkia am Montag aus Tulkarem
gekommen seien, eine Ortschaft unter palästinensischer Kontrolle.
Weiter öffneten die Israelis ihre Grenze für 24.000
Gastarbeiter, tausende Geschäftsleute und 2400 Mitarbeiter internationaler
Organisationen. Ihnen war bisher die Einreise nach Israel versperrt. Der
Traum einer Massenentlassung unter den 7000 palästinensischen Gefangenen
endete mit einem Zugeständnis Scharons, die Freilassung von 20 älteren
Gefangenen "zu prüfen". Scharon "erlaubte" den Palästinensern, die Reparatur
des halbzerstörten palästinensischen Flughafens zu "planen". Mit dem Bau
eines Seehafens könnten sie jetzt schon beginnen.
Wie die amerikanische Außenministerin schon am Sonntag in
Jerusalem verkündete, sind sich Israel und die Palästinenser einig, dass die
Siedlerhäuser zerstört würden und dass die Palästinenser mit internationaler
Finanzierung den Bauschutt wegräumen sollten, als Baumaterial für den
Seehafen.
© Ulrich Sahm/haGalil.com
hagalil.com 22-06-2005 |