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47 Tage vor dem Rückzug:
"Er ist ein Araber, bringt ihn um"

Von Ulrich W. Sahm, Jerusalem

Hilal Mejaide, mit Unterhemd und Jeans bekleidet, liegt bewusstlos am Boden. An der Stirn ein Blutfleck. Ein Stein hatte ihn am Kopf getroffen. Ein Soldat kniet neben dem 15-jährigen Araber. "Falls Du ihn behandelst, werden wir Dich umbringen", ruft ein Minderjähriger mit Schläfenlocken und handtellergroßer Kipa auf dem Kopf, Kennzeichen der extremistischen Kahana-Bewegung, dem Soldaten zu. Der Sanitäter öffnet dem Verletzten den Gürtel. Wegen der Drohungen rückt er zögernd zur Seite. "Das ist ein Araber, bringt ihn um", brüllen die rechtsradikalen "Demonstranten" und werfen weitere Steine ins Gesicht des Verletzten. Der Militärsanitäter hält seine Waffe in der Hand. Aber die Steine machen ihm Angst. Er überlässt den Verletzten dem Schicksal.

Seit den Morgenstunden des Mittwoch wütet eine Schlacht zwischen radikalen Rückzugsgegnern und Muwassi-Arabern. Israelischen Soldaten und Journalisten geraten zwischen die Fronten. Rechtsradikale Juden hatten die Trümmer verlassener ägyptischer Häuser besetzt. Die waren von der Armee teilweise am Dienstag zerstört worden, um den Rückzugsgegnern nicht als "Stellung" zu dienen. Im benachbarten ehemaligen Ferienclub der Siedler am Strand von Gaza haben sich Rechtsextremisten aus ganz Israel und aus dem Westjordanland eingefunden. Verteidigungsminister Schaul Mofas beschloss, die Extremisten zu verhaften. Ein Sturm mit Sondereinheiten auf das "Hotel Palm Beach", von seinen Besatzern in "Meeresfestung" umbenannt, wird verraten. Die Blitzaktion wird abgesagt. Die Extremisten sind schwer bewaffnet und zu gewalttätigem Widerstand bereit. Am Mittwochmorgen nisteten sie sich zudem im Haus eines Palästinensers ein.

In der Siedler-Enklave Gusch Katif im Süden des Gazastreifens leben neben rund 6000 Siedlern auch 8000 "Muwassi-Araber". Diese Beduinen sind keine "Palästinenser" gemäß ihrem Selbstverständnis. Sie leben von Landwirtschaft. Ihre Fußballfeld-großen Felder sind tief den sandigen Boden eingegraben und von hohen Wällen umgeben. Nur so können die Wurzeln des angebauten Gemüses das Grundwasser erreichen. Viele Muwassi-Araber haben sich bei den Siedlern als Arbeiter in Gewächshäusern verdingt. Manche gelten als "Kollaborateure". Bis vor Kurzem waren die Beziehungen zwischen Siedlern und Muwassi-Arabern ohne Spannungen. "Die waren noch nie an Terroranschlägen beteiligt", erklärte ein israelischer Wächter bei einer verlassenen Ferienanlage der Siedler, als er den Weg zur nächsten Siedlung durch das Muwassi Gelände wies.

Die Schlacht am Mittwoch nimmt immer gefährlichere Formen an. Soldaten schießen in die Luft, um die erhitzten Gemüter zu beruhigen. Zu wenige Soldaten sind vor Ort, um die minderjährigen Extremisten zu verhaften und das besetzte Haus zu stürmen. Sowie die "Lynchjustiz" an Hilal Mejaide ihren Lauf nimmt, fassen sich israelische Journalisten ein Herz "einzugreifen und nicht nur zu beobachten". Steine hatten schon die Scheiben ihrer Fahrzeuge zertrümmert. Die Reporter hatten Deckung bezogen, um nicht getroffen zu werden. Doch sowie sie den schwerverletzten Jungen am Boden sehen und der Militärsanitäter ihn im Stich lässt, greifen sie ein. "Bist du verrückt, du bringst ihn um", schreit der Reporter Nir Hasson einem jüdischen Extremisten zu. Doch die Fanatiker lachen nur. Am nächsten Tag berichtet er in seiner Zeitung: "Ich sah Mordlust in ihren Augen. Zum ersten Mal in meinem Leben wurde ich Zeuge eines vorsätzlichen Mordversuchs." Journalisten greifen den Verletzten und schleppen ihn zu einer Ambulanz. Hilal wird in Khan Younis ins Hospital eingeliefert. Er schwebt noch in Lebensgefahr.

Die Szene spielte sich vor laufenden Kameras ab. "Das ist ein Kampf um unseren Staat. Diese Gesetzlosigkeit muss gestoppt werden", reagiert Premierminister Ariel Scharon. Amram Mitzna, ex-General und heute Politiker, konnte die ganze Nacht nicht schlafen: "Da sind alle rote Linien überschritten worden. Der Sanitäter hätte auf die Steinewerfer schießen müssen, um den Verletzten zu schützen." Ein Siedlerrabbiner ist erschüttert: "Jene, die da angeblich im Namen Gottes um das Land kämpfen sind gottlose Verbrecher und gewalttätige Provokateure. Sie gehören ins Gefängnis. Viele sind nicht einmal Israelis. Sie sollten deportiert werden." Ein Sprecher der Siedlerbewegung distanziert sich von den Extremisten und gesteht, dass dieses Vorgehen "die Sympathien für die Rückzugsgegner in der Bevölkerung verspielt". Vier Tage Gewalt durch angereiste Extremisten reichten aus, die delikaten Beziehungen zwischen den Siedlern und den Muwassi-Arabern zu zerstören. Am Abend stürmen Grenzschützer das Haus, in dem sich die Jugendlichen einquartiert hatten. An den Wänden sehen die üblichen Sprüche von Anhängern der verbotenen Kach-Partei: "Tod den Arabern" und "Kahana hat doch recht".

47 Tage vor dem Rückzug und früher als geplant, wurde am Donnerstag der Siedlungsblock Gusch Katif zum "militärischen Sperrgebiet" erklärt und für israelische "Besucher" gesperrt. Der Rückzug hat begonnen, aber auch der befürchtete "Bürgerkrieg". Niemand weiß, wie die Regierung den Kampf gegen die Fanatiker gewinnen kann, trotz rund 1000 Verhaftungen. Unter den Rückzugsgegnern dämmert die Erkenntnis, dass ihr Bündnis mit Extremisten der Kach-Bewegung zu einem fatalen Selbsttor wird.

hagalil.com 30-06-2005

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