Rechte Bedrohung:
Nazis in Dorfen und in München
Von Max Brym
Wer es sich gegenwärtig antut, nazistische Zeitungen zu
lesen, dem wird schlecht bezüglich ihrer Jubelarien. Am 4. Juni traten die
Nazis neuerlich in der südostoberbayerischen Kleinstadt Dorfen zu einer
Demonstration an. Das Motto der Naziprovokation lautete: "Schöner leben in
Dorfen – Jugendzentrum schließen". Etwa 130 Faschisten unter dem Kommando
des NPD-Bezirksvorsitzenden Roland Wuttke und des wegen Körperverletzung
vorbestraften Norman Bordin, stellten sich dazu hinter Absperrgittern am
Bahnhof in Dorfen auf.
Viele Jugendliche aus Dorfen bekundeten lautstark ihre
Ablehnung der nazistischen Provokation. Die Jugend in Dorfen und Umgebung
will ihr selbstverwaltetes Jugendzentrum (eines der letzten der Region)
behalten. Ein Dorfener Bürgerbündnis stellte sich zur gleichen Zeit mittels
einer Menschenkette in der Dorfener Innenstadt auf. Am Bahnhof hingegen
begann die Situation zu eskalieren. Rund 300 meist Jugendliche wollten den
Naziaufmarsch in der Bahnhofstraße blockieren. Trotz dreimaliger
Aufforderung durch den Polizeisprecher entfernten sich die jugendlichen
Antifaschisten nicht von der Straße. Daraufhin kam es zu einem ziemlich
brutalen Polizeieinsatz gegen die antifaschistischen Jugendlichen vor dem
Bahnhof in Dorfen, die USK-Einheiten prügelten den Nazis den Weg frei. Die
polizeiliche Aktion führte zu mehreren Verletzten und zu mehreren
Festnahmen.
Jubelnd zogen die Nazis unter Rufen wie "die Straße frei
der deutschen Jugend" weiter in die Dorfener Innenstadt, dort hielten sie
umringt von ca. 500-600 Gegnern ihre provokatorische Kundgebung ab. Der
Nazispuk bewegte sich von 12.00 Uhr bis ca. 17.00 Uhr durch Dorfen. Unter
Dorfener Jugendlichen und Bürgern hat der Nazismus momentan keine Chance,
dass belegen auch die gut besuchten antifaschistischen Veranstaltungen in
Dorfen. Die Verhältnisse in Dorfen sind zu stabil und es gibt eine linke
Jugendszene, in die die NPD nicht einzubrechen vermag. Jedoch kündigten alle
Naziredner an wiederzukommen, denn sie hatten ihre Demonstration
durchgesetzt und strategisch planen sie, dass ihnen die örtlich CSU mit der
Forderung "Weg mit dem Jugendzentrum" entgegenkommt.
In der Tat gibt es in der Dorfener konservativen
Politszene das Argument: "Machen wir doch das Jugendzentrum dicht, dann
haben wir keine Probleme mehr mit den Linken und den Rechten." Kurzfristig
kann sich die CSU diese Reaktion nicht erlauben, dennoch spekulieren die NPD
und die "freien Kameradschaften" darauf, dass ihnen die Konservativen unter
diesem Motto mittelfristig entgegenkommen. Dies würde der braune Sumpf
bundesweit als seinen Erfolg verkaufen. Vorläufig feiern sie nur ihre
"gelungene Demonstration" ab.
München - Norman Bordin als Stichwortgeber der Polizei
Am Donnerstag den 2. Juni versuchte die neonazistische
Szene in München, sich in zwei Lokalen in Haidhausen und Giesing ungestört
zu treffen. Der Plan ging in die Hose, da Antifaschisten zugegen waren und
die Nazis in einem Lokal attackiert wurden. Die örtlichen Polizeistationen
hatten an diesem Abend zu tun. Allerdings wirft die Vorgehensweise der
Polizei an diesem Abend mehrere Fragen auf. Vor allen Dingen die Frage,
inwieweit sich die Polizei zum Handlanger des Nachfolgers von Martin Wiese
(verurteilt wegen eines versuchten Bombenanschlages auf das neue jüdische
Kulturzentrum in München), Norman Bordin, machte. In einem der Lokale weilte
der Journalist Dr. Nikolaus Brauns, der für das "Neue Deutschland" und die
"Junge Welt" schreibt. Am Abend des 2. Juni stellte Bordin einen Text auf
die Seite des "Freien Widerstandes", in dem er den "Trotzkisten Brauns" zum
Anführer "der rotfaschistischen Schlägerbande" ernannte. Bordin behauptete
in dem Text zudem, dass Brauns mittels seines Handys die Aktion gesteuert
hätte.
Gegen 3 Uhr nachts drang daraufhin die Polizei ohne Haft-
und richterlichen Durchsuchungsbefehl in die Wohnung von Nick Brauns ein.
Mit der Begründung "Gefahr in Verzug" wurde Brauns festgenommen und die
Polizisten rechtfertigten ihre Maßnahme exakt mit den Worten, wie sie der
gemeingefährliche Nazischläger Norman Bodin vorgab. In der Wohnung des
freien Journalisten wurde der Computer, das Notebook und wichtige Unterlagen
beschlagnahmt. Die Gegenstände und Dokumente wird Brauns längere Zeit nicht
zurückerhalten. Damit wurde durch die Hintertür ein reales Berufsverbot für
den freien Journalisten durchgesetzt. Denn ohne Unterlagen und
Arbeitsmaterialien ist eine reguläre Fortsetzung seiner beruflichen
Tätigkeit nicht möglich.
Die Begründung für diese Maßnahme liefern die haltlosen
Behauptungen des Neonazis Norman Bordin. Auf den Internetseiten des "Freien
Widerstandes Süd" wird die Sache als großer Erfolg für den "Nationalen
Widerstand" dargestellt. In den Diskussionsrubriken dieser braunen Hetzseite
wird über weitere Aktionen gegen den Journalisten Brauns offen nachgedacht.
Die Anhänger von Bordin geben sich legalistisch und setzen weiter auf die
erfolgreiche Zusammenarbeit mit der Polizei, während die Anhänger von Hajo
Klettenhofer eher auf direkte Gewalt gegen Brauns setzen. Die zuletzt
genannten stellen auf den Diskussionsseiten des "Freien Widerstandes"
folgende Aktionsformen zur Debatte. Klettenhofer schrieb: "Wir können uns
den Wahnsinn nicht weiter gefallen lassen." Andere meinten: "Der Brauns hat
vielleicht eine Freundin, geht Zigaretten holen und er muß auch einen
Wohnsitz haben." Diese direkte Aufforderung zur Gewalt gegen Nick Brauns
wird ergänzt mit Vorschlägen wie beispielsweise, "nationale Kameraden
könnten ihn in Gespräche verwickeln ohne das er weiß mit wem er redet", das
Ende des Gesprächs benennen die Nazis nicht, ist aber vorstellbar. Andere
nennen Termine von DKP-Gruppentreffen, "auf denen man Brauns treffen
könnte".
Bis dato ist nicht bekannt, dass die Polizei und die
Staatsanwaltschaft gegen solche Aufrufe zur direkten Gewalt etwas zu
unternehmen gedenkt. Es ist nicht ganz abwegig, der Vorstellung eines Bordin
Anhängers auf den Diskussionsseiten zu folgen, auf denen er diagnostizierte:
"In Bayern geht die Polizei und der Staat eher auf die Linke, als auf die
Rechte los." Faschistische Internetzeitungen wie "Altermedia" und das
"Störtebeker-Netz" veröffentlichen Hetzartikel gegen Brauns mit
großformatigen Bildern des Journalisten.
Nick Brauns ist durch die polizeiliche Aktion in seiner
beruflichen Existenz bedroht und er sieht sich einer realen physichen
Bedrohung durch die braune Szene ausgesetzt. Es gilt alles zu tun, um dem
Journalisten Brauns politisch und publizistisch solidarisch beizustehen.
Herr Brauns hat diverse juristische Klagen gegen die polizeilichen Maßnahmen
und die nazistische Hetze eingeleitet. Über die Entwicklung muss die
Öffentlichkeit auf dem laufenden gehalten werden.
[FORUM]
hagalil.com 10-06-2005 |