"Zaka" beim Kirchentag:
Bundespräsident Köhler wird Ehrenmitglied
Von Ulrich W. Sahm, Jerusalem
Bundespräsident Horst Köhler wird am kommenden Dienstag
in Berlin bei einem Gartenfest für 600 israelische und deutsche Jugendliche
aus Anlass der Aufnahme diplomatischer Beziehungen zwischen Israel und
Deutschland vor 40 Jahren "Ehrenmitglied der Rettungsorganisation Zaka"
werden. Bis Sonntag werden zudem in der Halle 2 des Messegeländes in
Hannover im Rahmen des Kirchentages künstlerische Fotos von der emotional
extrem aufreibenden Arbeit der Volontäre von Zaka gezeigt.
Leichen liegen auf der Straße. Terroranschlag, Autounfall.
Diesmal sind es Schaufensterpuppen und Luftballons mit Karnevalsmaske. Im
Ernstfall sind die Freiwilligen von Zaka als Erste zur Stelle.
Ultraorthodoxe jüdische Freiwillige haben die grausigste Aufgabe, wenn es in
Israel Tote gibt. Im Judentum sollte ein Toter komplett begraben werden,
damit am Ende der Tage, bei der Auferstehung der Toten "nichts fehlt".
Deshalb kratzen sie an Hauswänden jedes abgerissene Körperteil ab.
Beim
Fototermin in Jerusalem mit der israelischen Fotografin Varda Polak-Sahm,
als die Bilder für die Sonderausstellung beim Kirchentag entstanden, diente
ein Ohr aus Plastik für die Veranschaulichung (Bild rechts).
Gedalja Sabiner ist seit einigen Jahren Freiwilliger bei
Zaka: "Wir unterscheiden nicht zwischen Rasse, Religion oder Geschlecht. Wir
behandeln alle gleich, Juden, Araber, Christen und Moslems."
Die Volontäre sind ausnahmslos verheiratet und haben einen
Beruf. Für die Ausbildung bei der Polizei und als Sanitäter brauchen sie
neben starken Nerven auch eine gefestigte Seele. Durchschnittlich 38 Leichen
sieht jeder dieser Männer pro Woche. "Das ist sehr traurig, sehr schwer. Wir
haben alle eine Frau zuhause. Wir wollen heimkommen, ohne den großen
Schmerz. Manchmal können wir es nicht verbergen. Dann brauchen wir
Psychologenhilfe", sagt der bärtige Gedalja, während er sich die gelbe
Zaka-Jacke auszieht und wenige Minute später wieder im Kaftan mit großem
schwarzem Hut dasteht.
Obgleich
es nur ein Fototermin mit Schaufensterpuppen ist, sieht man den Männern die
Ehrfurcht beim Umgang mit den Toten an. Aus ihrem "Krankenwagen" mit
Rotlicht und medizinischen Geräte für Erste Hilfe an Verletzten, ziehen sie
Leichensäcke hervor, um behutsam die Körperteile in sie einzuführen. Alle
Geräte, die sie für ihre grausige Arbeit benutzen, Spachtel und Handschuhe,
werden zusammen mit den Leichen begraben, weil deren Blut an ihnen klebt.
Zaka wurde 1989 nach einem Anschlag auf einen Bus in
Israel gegründet und ist als Rettungsdienst zwecks Identifizierung von Toten
inzwischen offiziell anerkannt. Zaka war schon weltweit aktiv nach Erdbeben
in der Türkei, nach dem 11. September in New York und jüngst, nach dem
Tsunami in Ostasien. Zakas Hauptaufgabe ist es, für Juden, die eines
unnatürlichen Todes sterben, ein angemessenes Begräbnis sicher zu stellen.
Aber die Mitarbeiter von Zaka haben inzwischen so viel Expertise im
Identifizieren von Toten gesammelt, dass die in Thailand nach dem Tsunami
auch für die Angehörigen anderer Nationen unentbehrliche Hilfe leisten
konnten.
Bei seinem Besuch in Israel im März wurden dem
Bundespräsidenten Mitarbeiter von Zaka vorgestellt, darunter Jehuda
Meschi-Zahav, dem Gründer der Organisation. Köhler ließ sich deren grausige
und dennoch ethisch wie religiös angesehene Arbeit erklären. "Nur wer den
Toten respektiert, kann auch Respekt für den Lebenden empfinden", sagte
Meschi-Zahav. Der Bundespräsident war so beeindruckt, dass er darum bat, der
Organisation als "Freiwilliger" beizutreten, "obwohl ich ja nicht in Israel
bin und aktiv mithelfen kann". Zaka beschloss daraufhin, Köhler zum "ersten
Ehrenmitglied" zu ernennen. Die Ehrenurkunde soll ihm am Dienstag im
Charlottenburger Schloss überreicht werden.
Der Bundespräsident hat nach Angaben von Zaka gleichwohl
schon seinen Dienst als "Zaka-Freiwilliger" aufgenommen. Er habe sich
persönlich um die Beerdigung eines israelischen Staatsbürgers gekümmert und
die Überführung eines in Deutschland verstorbenen Israelis zur Bestattung in
Israel beschleunigt.
Weitere Bilder:
http://www.n-tv.de/536252.html
hagalil.com 26-05-2005 |