"Vortrefflich geht es, der stille Segen, er wuchert im sittlich gehüteten
Haus, und ruhig und sicher, auf friedlichen Wegen, entwickelt sich
Deutschland von innen heraus." (Heinrich Heine)
Homepage des Abgeordneten Dr. Hans-Peter Uhl, CSU Landesgruppe im Deutsche
Bundestag
Visa-Untersuchungsausschuss:
Der Bock als Gärtner
Von Peter Finkelgruen
Es
war gewiss ein Erlebnis den Bundesaußenminister Josef Fischer einen ganzen
Tag lang auf dem Fernsehschirm beobachten zu können wie er den bohrenden
Fragen der Mitglieder des Untersuchungsausschusses Rede und Antwort
stand. Auch ich verfolgte ich die Befragung, die der Aufklärung dienen soll
wieso kriminelle Personen in die Bundesrepublik einreisen konnten, und wer
dafür die politische Verantwortung trägt.
Ganz besonders wichtig bei dieser Untersuchung ist dabei die Person des
Ausschussvorsitzenden des CSU Abgeordneten Dr. Hans-Peter Uhl, ein Mann der
persönliche Erfahrungen mit dieser Materie hat.
Vor vier Jahren, am 30. Mai 2001, wurde in München, der ehemalige
SS-Mann Anton
Malloth zu einer lebenslänglichen Gefängnisstrafe verurteilt. Er
wurde verurteilt wegen Mordes, begangen während er in der Kleinen Festung
Theresienstadt Dienst getan hat. Der Verurteilung und dem Prozess gegen den,
mit internationalem Haftbefehl gesuchten, Massenmörder gingen jahrelange
Bemühungen um seine rechtsstaatliche Verfolgung in der Bundesrepublik
Deutschland voraus. Das scheiterte zuerst an der Unwilligkeit der
zuständigen Staatsanwaltschaft in Dortmund.
Aber auch eine Auslieferung des staatenlosen Massenmörders an die
Tschechische Republik, wo er bereits verurteilt worden war, scheiterte. Sie
scheiterte an einem Dokument, einer amtlichen Feststellung, für die
der heutige Vorsitzende im Visa Untersuchungsauschuss die politische
Verantwortung trug. In diesem Dokument wurde der SS-Mörder als deutscher
Staatsbürger erklärt – der demzufolge nicht ausgeliefert werden konnte. Der
Mann, der heute jakobinerhaft untersucht, wieso Taschendiebe und
Prostituierte aus der Ukraine nach Deutschland einreisen konnten, hat eben
praktische Erfahrung mit der Einreise und Versorgung von Hochkriminellen.
Um anschaulich darzulegen, wie kriminelle Subjekte nicht nur Visa, die ihnen
die Einreise in die Bundesrepublik ermöglichen, erhalten konnten, möchte ich
ein Dokument vorlegen, dass ich gefunden habe.
Am 18. Januar 1989 hat ein Referent der Kreisverwaltungsbehörde in München
unter dem Aktenzeichen KVR/II/12 folgende "Feststellung" getroffen und sie
schriftlich festgehalten.
"Der
im Betreff Genannte erwarb nach Sachlage durch Geburt ableitend von
seiner in Südtirol beheimateten Mutter als nichteheliches Kind die
österreichische Staatsangehörigkeit (Bl.2). Infolge des
Friedensvertrages von St.Germain wurde M. nach dem ersten Weltkrieg
ital. Staatsangehöriger. Auf Grund einer im Jahre 1939 erfolgten
deutsch-italienischen Verständigung hatten Südtiroler die Möglichkeit,
die deutsche Staatsangehörigkeit zu erwerben und in das Deutsche Reich
umzusiedeln. M. selbst hatte am 16.12.39 für die deutsche
Staatsangehörigkeit optiert und auf die italienische Staatsangehörigkeit
verzichtet, übersiedelte am 12.02.40 nach Deutschland (Innsbruck) und
wurde mit Aushändigung (21.02.40) der Einbürgerungsurkunde vom
(21.02.40) des Landeshauptmanns von Tirol gem. §8 RuStAG
rechtswirksamdeutscher Staatsangehöriger durch Einbürgerung.
Am 21.01.49 erklärte er jedoch in Italien den Widerruf der Option,
verzichtete gegenüber ital. Behörden auf die deutsche
Staatsangehörigkeit und erwarb durch Re-option gem. Art. 2 G 1948, Nr.23
aufgrund des Min.Dekr. v. 11.03.52 die ital. Staatsangehörigkeit (vergl.
Bl.49). Da M. nun die Ausstellung deutscher Ausweisdokumente beantragte,
war zu prüfen, ob ein Verlustgrund der deutschen Staatsangehörigkeit
gegeben war.
1.
gegenüber ital.
Behörden i.J. 1949 stellte keinen Verlustgrund i.S. des RuStAG dar
(vergl. §17 Ziff.1 mit §§18ff, insbs.Komm. Maßfeller, Anm.2 zu § 22
RuStAG). Zwischenstaatliche Vereinbarungen, die den Verlust automatisch
begründen würden (sog. Kollektivverlust), sind zwischen Italien und
Deutschland nicht zustande gekommen.
2.
Ein
Verlust nach § 25 Abs. 1 RuStAG liegt ebenfalls nicht vor, da trotz der
damals ausgestellten ital. Ausweisdokumente gem.Art. 1, 13, 12 und 16
ital. G. vom 1948, Nr. die Reoption von 1952 keine Wirksamkeit erlangte
(vgl. Min.Dekret v. 28.12.56, Bl.49). Nach Ansicht des Ital.
Generalkonsulats in München ( Herr Schiavone) beurteilt sich die Frage,
ob M., von 1952 bis 1956 als ital. Staatsangehöriger zu führen
war, nach allgemeinen Grundsätzen des ital. Verwaltungsrechts. Dannach
ist die Re-option des M. als nichtig anzusehen (vgl. auch Art.9 Abs.2
ital. StAG); da M. somit die die ital. Staatsangehörigkeit nicht erwarb,
trat ein Verlust der deutschen Staatsangehörigkeit i.S. von § 25 Abs. 1
RuStAG nicht ein.
Herr M. ist somit im
DS mit Deutscher Staatsangehörigkeit, (06) zu führen.
II. Zum Akt
I.A.
Kerscher"
Dieses Dokument wirft zahlreiche Fragen auf, deren Antworten deutlich machen
würden, wie staatenlose Mörder in die Bundesrepublik einreisen konnten und
sich hier der besonderen Fürsorge der Behörden erfreuen konnten. So zum
Beispiel der Unterbringung in einem respektablen Altersheim auf Kosten der
öffentlichen Hand. Dieses Dokument, von dem sich eine Kopie unter anderem in
den Akten der zentralen Stelle für die Verfolgung nationalsozialistischer
Massenverbrechen bei der Staatsanwaltschaft Dortmund befand, diente faktisch
der Strafvereitelung zu Gunsten eines verurteilten NS-Massenmörders. Und die
Münchener Behörde, die das zitierte Dokument erstellt hat, hat trotz
öffentlicher Kritik unter der politischen Verantwortung des nunmehrigen
Vorsitzenden des Visa-Untersuchungsausschusses daran festgehalten, bis die
bayerische Landesregierung sich, wohl wegen internationaler Verwicklungen,
genötigt sah, bei einer Kabinettssitzung diese Verfügung als irrig
aufzuheben.
Eine Frage die sich sofort stellt. Hat der verantwortliche Chef und Leiter
dieser Behörde, der Dr. Hans-Peter Uhl von 1987 bis 1998 gewesen war, von
all dem nichts mitbekommen? Oder hat er vielleicht genau diese Wirkungen wie
sie durch diese Verfügung ermöglicht wurden, gewollt? Hat er das aus
ideologischen Gründen getan, aus einer Weltanschauung nach der "unsere"
Mörder gehegt und gepflegt, vor allem Unbill bewahrt werden müssen?
Schließlich war der Mann, der mit Hilfe dieses Dokumentes jahrelang
geschützt wurde, ein international gesuchter Massenmörder. War er der
einzige Kriminelle dieser Art, dem das Kreisverwaltungsreferat München
hilfreich zur Seite stand? Der Fragen ist kein Ende. Ein Thema für einen
Untersuchungsausschuss?
P.S. Zum richtigen
Verständnis des Eingangszitats von Heinrich Heine auf der Homepage des
Abgeordneten Dr. Hans-Peter Uhl hier das ganze Gedicht:
Heinrich Heine: Neue Gedichte
Zeitgedichte
VI
Bei des Nachtwächters Ankunft zu Paris
»Nachtwächter mit
langen Fortschrittsbeinen,
Du kommst so verstört einhergerannt!
Wie geht es daheim den lieben Meinen,
Ist schon befreit das Vaterland?«
Vortrefflich geht es,
der stille Segen,
Er wuchert im sittlich gehüteten Haus,
Und ruhig und sicher, auf friedlichen Wegen,
Entwickelt sich Deutschland von innen heraus.
Nicht oberflächlich
wie Frankreich blüht es,
Wo Freiheit das äußere Leben bewegt;
Nur in der Tiefe des Gemütes
Ein deutscher Mann die Freiheit trägt.
Der Dom zu Cöllen wird
vollendet,
Den Hohenzollern verdanken wir das;
Habsburg hat auch dazu gespendet,
Ein Wittelsbach schickt Fensterglas.
Die Konstitution, die
Freiheitsgesetze,
Sie sind uns versprochen, wir haben das Wort,
Und Königsworte, das sind Schätze,
Wie tief im Rhein der Niblungshort.
Der freie Rhein, der
Brutus der Flüsse,
Er wird uns nimmermehr geraubt!
Die Holländer binden ihm die Füße,
Die Schwyzer halten fest sein Haupt.
Auch eine Flotte will
Gott uns bescheren,
Die patriotische Überkraft
Wird lustig rudern auf deutschen Galeeren;
Die Festungsstrafe wird abgeschafft.
Es blüht der Lenz, es
platzen die Schoten,
Wir atmen frei in der freien Natur!
Und wird uns der ganze Verlag verboten,
So schwindet am Ende von selbst die Zensur.
hagalil.com 09-05-2005 |