Bilanz zum 8. Mai in Berlin:
Für ein neues NPD-Verbotsverfahren
Von Klaus Parker
Am 8. Mai 2005, dem sechzigsten Jahrestag der
militärischen Niederlage NS-Deutschlands, verhinderten tausende couragierte
Bürger in Berlin einen Propagandamarsch der neonazistischen NPD und ihrer
Anhänger durch die Stadt.
Aufgerufen zu diesem "lockeren Spaziergang" hatten u.a.
die Grünen, die im Bund neben der SPD Regierungsverantwortung tragen. Die
Polizeiführung sah sich außerstande, dem braunen Marsch eine Gasse durch die
"Spaziergänger" zu knüppeln und rief den polizeilichen Notstand aus, der
dann letztendlich zu einem unfreiwilligen Verzicht der Neonazis auf den
Marsch führte.
Die blockierenden Bürger ernteten viel Lob für diese
Verhinderung des in der Tat unerträglichen Marsches. Das Lob erstreckte sich
auch auf die Berliner Polizeiführung.
So wünschenswert und notwendig die Verhinderung des
Aufmarsches war, so problematisch sind die sich aus dem Geschehen ergebenden
Konsequenzen: Die von der Verfassung garantierte Versammlungsfreiheit stellt
ein hohes Rechtsgut dar. Sie kann nur aufgrund eines Gesetzes eingeschränkt
werden. Die hier vorrangig interessierende Einschränkung befindet sich
gleich in § 1, wonach u.a. derjenige das Recht der Versammlungsfreiheit
nicht für sich in Anspruch nehmen kann, der mit der Durchführung oder
Teilnahme die Ziele einer durch das Bundesverfassungsgericht für
verfassungswidrig erklärten Partei fördern will.
Dies bedeutet im Umkehrschluss natürlich, dass bis zur
Feststellung des Bundesverfassungsgerichtes zur Verfassungswidrigkeit
Aufzüge einer derartigen Partei unter dem verfassungsgemäßen Schutz steht.
Allein die Tatsache, dass Äußerungen und Handlungen zu befürchten sind, die
zwar dem Wertesystem des Grundgesetzes diametral entgegenstehen, ist für ein
Versammlungsverbot nicht ausreichend, sofern nicht die Grenze zur
Strafbarkeit überschritten wird.
Für die "andere Seite", die Gegendemonstranten und
Blockierer, bedeutet dies, dass sie sich nach Versammlungsrecht strafbar
machen, wenn sie einen solchen nicht zu unterbindenden neonazistischen
Aufmarsch durch ihrer physische Anwesenheit stören oder sprengen. Zum Schutz
der verfassungsgemäßen Versammlungsfreiheit hat der Gesetzgeber derartige
Handlungen mit einer Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren bedroht.
Die Situation ist mithin mehr als paradox: Das couragierte
Verhalten von Tausenden ist eine kollektiv begangene Straftat, die auch
verfolgt werden muss. Soweit entsprechende Filmdokumentationen von der
Polizei erstellt worden sind, ist diese verpflichtet, entsprechende
Strafverfahren zu initiieren.
Ein Verhalten, zu welchem u.a. die Regierungspartei der
Grünen aufgerufen hatte, und das als Ausdruck von Bürgermut und Engagement
gegen die neonazistische Pest uni sono gelobt wurde, soll massenweise durch
Richtersprüche geahndet werden?
Wenn, was zu hoffen ist, der Berliner 8. Mai Schule macht,
und z.B. das diesjährige braune Spektakel um Rudolf Hess in Wunsiedel auf
ähnliche Art und Weise kläglich scheitert, müssen dann die
Gegendemonstranten und Blockierer gleich in die "grüne Minna"?
Möglicherweise unter gleichzeitiger Aushändigung einer Dankesurkunde von
Bayerns Innenminister Beckstein?
In der Tat gibt es nur einen Erfolg versprechenden Ausweg
aus diesem Dilemma: Die NPD muss durch das Bundesverfassungsgericht verboten
werden. Wer nach einem solchen Verbot gem. Artikel 21 Abs. 2 des deutschen
Grundgesetzes in einer Veranstaltung Ziele der NPD auch nur fördern will,
steht nicht mehr unter dem Schutz des Versammlungsrechtes.
Da die NPD sowohl in ihrem Programm als auch in ihren
tatsächlichen Zielen einen Querschnitt des Neonazismus, Rassismus und
Demokratiefeindlichkeit bietet, sind rechtsextremistische Kundgebungen und
Aufzüge per se solche, die gleichzeitig Ziele der NPD fördern. Auf dem
Etikett muss nicht NPD stehen; die Inhalte entsprechen denen der NPD. Wenn
also die Kriminalisierung des tatkräftigen Engagements gegen den Neonazismus
beendet werden soll, bietet sich für die hierfür Handlungsberechtigten nur
ein Weg an:
An den Bundestag:
Stellt einen neuen Verbotsantrag gegen die NPD!
An den Bundesrat:
Stellt einen neuen Verbotsantrag gegen die NPD!
An die Bundesregierung:
Stellt einen neuen Verbotsantrag gegen die NPD!
[FORUM]
hagalil.com 13-05-2005 |