Diplomaten-Veteran:
Gespräch mit Motti Levy
Von Ulrich W. Sahm, Jerusalem
Motti Levy ist der Veteran unter den israelischen
Diplomaten: ganze 17 Jahre hat er in unterschiedlichen Funktionen in
Deutschland gedient. 1976-81 war er an der Botschaft in Bonn. Von 1991 bis
94 hat er als Konsul in Berlin die israelischen Beziehungen zu den
Ostdeutschen aufgebaut. Und als Zweiter Mann an der Botschaft in Berlin war
er zwischen 2000 und 04 wieder verantwortlich für ganz Deutschland.
Levy ist genau so alt wie der Staat Israel. Er kam am Tag
der Ausrufung Israels vor 57 Jahren auf die Welt.
"Für die Kontakte mit der ehemaligen DDR war Berlin ein
zentraler Ort", sagt der ehemalige Konsul. "Heute von Berlin aus Kontakt mit
ganz Deutschland zu halten, sei wegen der Entfernungen ziemlich schwierig",
sagt er als der ehemalige Botschaftssekretär. "Berlin ist zwar Hauptstadt,
aber das kulturelle wie wirtschaftliche Zentrum liegt weiter im Westen."
Gerade für die Botschaft in Berlin sei das problematisch, "denn die engen
Kontakte und auch die Zuneigung zu Israel ist im Westen viel tiefer als im
Osten Deutschlands".
In Ostdeutschland habe es einen sehr tief greifenden und
schnellen Wandel in dem Verhältnis zu Israel gegeben. Nach dem Fall der DDR
seien die Menschen "sehr neugierig auf alles gewesen, was zuvor verboten
war", sagt Levy. Dazu gehörte auch Israel, das fast bis zuletzt von der SED
verteufelt worden war. Doch die "Friedenssehnsucht" in der DDR ist verknüpft
mit einem starken Antiamerikanismus wegen des Irakkriegs und das wirke sich
auf das Verhältnis zu Israel aus. "Nach dem Fall der DDR kamen bemerkenswert
schnell sehr gute und enge Beziehungen zustande. Doch genauso schnell war
dann auch wieder der Sturz ins Gegenteil." Wegen der grundsätzlichen
Ablehnung gegen Gewalt falle es den israelischen Diplomaten schwer, "zu
erklären, dass Israel sich auf einem anderen Planten befindet, wo
gewalttätige Maßnahmen unvermeidbar sind."
Anfang der neunziger Jahre habe es viele gemeinsame
Jugendgruppen von Wessies und Ossies gegeben, deren Reisen nach Israel "auch
der innerdeutschen Selbstfindung dienten. Die deutsche Identität in Israel
zu erkunden war ein gemeinsamer Nenner, eine Reise zu sich selbst", wie es
Levy formuliert. Das Ausbleiben von Jugendreisen, wegen der Sicherheitslage
aber auch, weil das israelische Erziehungsministerium aus politischen
Gründen lieber in den "Marsch der Lebenden" in Polen zu den ehemaligen KZ
investiere, führe schon zu einer "verlorenen Generation". Die Kontakte
zwischen den Jugendlichen seien ein wichtiger Bestandteil der künftigen
Beziehungen zwischen beiden Ländern. Nur andeutungsweise erwähnt Levy die
Vergangenheit: "Auf schlechtem Gewissen kann man keine Beziehungen zwischen
Völkern aufbauen."
Levy weiß, dass die Stimmung bei der Masse in Deutschland
vor allem infolge der Intifada zu ungunsten Israels umgeschlagen sei.
Gleichwohl bestätigt er der deutschen Regierung und ihren Verantwortlichen,
nicht der "vox populi" gefolgt zu sein, sondern mit "viel good will" und
"politisch korrekt" die guten Beziehungen mit Israel gepflegt zu haben.
Joschka Fischer sei wohl, so Levy, der einzige europäische Außenminister,
der bei beiden Seiten, Israelis wie Palästinensern, voll akzeptiert sei. "Zu
keiner Minute hatte wir das Gefühl, dass Fischer uns an die Palästinenser
verkauft." Auch innerhalb der EU und sogar bei der Ausformulierung der "Road
Map" mache sich die ausgewogene und Israel wohlgesonnene deutsche Haltung
bemerkbar.
Levy äußerte die Hoffnung, dass das vierzigjährige
Jubiläum der diplomatischen Beziehungen auch dazu genutzt werde, endlich ein
Kulturabkommen zu unterzeichnen. Erst gab es israelische Widerstände und
sogar ein Gesetz der Knesset, das Kulturbeziehungen mit Deutschland
verbietet. Jetzt gebe es Verzögerungen, weil das AA in Berlin nur in
Abstimmung mit den 16 Bundesländern ein Kulturabkommen unterzeichnen könne.
Außer ein paar Details sei der Vertrag aber schon unterschriftsreif. Bisher
funktionierten die durchaus engen kulturellen Kontakte aufgrund von
"abgestimmten Notizen", die stillschweigend verlängert wurden. "Es ist die
Zeit gekommen, diese Beziehungen in einen Vertrag zu kleiden und in der
Knesset dürfte es heute dafür eine Mehrheit geben."
[FORUM]
"Nichts zu feiern":
Wie der erste Botschafter
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Asher Ben Natan ist in diesen Tagen, in denen
Israel und Deutschland 40 Jahre diplomatische Beziehungen feiern, ein
gefragter Gesprächspartner. Ben Natan, 1921 in Wien geboren, war zwischen
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Tel Aviv...
hagalil.com 12-05-2005 |