MEMRI Special Dispatch – 2.
Mai 2005
Al-Ahram-Kommentar:
Zu den Anschlägen in Kairo
1997 fand in Ägypten der letzte große Anschlag statt, bevor sich viele
Angehörige islamistischer Terrorgruppen unter anderem nach Afghanistan
absetzten oder dem ägyptischen Staat ihre Abkehr von der Gewalt
verkündeten. Damals waren die Täter, die den Anschlag auf Touristen am
Hatschepsut-Tempel in Luxor verübten, von ägyptischen Bewohnern der
umliegenden Dörfer verfolgt worden - ein deutliches Zeichen, dass der
radikale Terror auf keinerlei Rückhalt in der ägyptischen Bevölkerung
rechnen konnte. Das gilt wohl bis heute.
Trotzdem ist der Terrorismus offenbar jetzt auch nach Ägypten
zurückgekehrt. Und wieder haben der Anschlag auf ein Hotel in Taba im
Oktober 2004 und die Selbstmordattentate im Zentrum der Altstadt von
Kairo vor ein paar Wochen sowie am Sonnabend vor dem ägyptischen Museum
ein gemeinsames Ziel: Ausländer und Zentren des internationalen
Tourismus zu treffen. Heute wie damals versucht derweil die ägyptische
Regierung, die Bedeutung der Anschläge herunterzuspielen. "Ich glaube
nicht", erklärte der ägyptische Premierminister Ahmad Nazif, "dass
irgendein Ägypter solchen Taten zustimmt, die die Sicherheit
destabilisieren und die ägyptische Gesellschaft sowie eine ihrer
lebenswichtigen Ressourcen bedrohen wollen, den Tourismus".
Auf Al-Jazeera hieß es dagegen, dass die letzten Anschläge möglicherweise
eine neue Art von Gewalt in Ägypten repräsentieren. Bei den Attentätern
handele es sich um bisher "unbekannte Fundamentalisten einer
unbeobachteten Generation" und unklarem Organisierungsgrad, die alle aus
dem armen Kairoer Industrieviertel Shubra A-Khaima gekommen seien. Bei
Razzien sollen dort jetzt über 200 Menschen festgenommen worden sein.
Das Wunschdenken der ägyptischen Regierung spiegelt sich auch in einem
Kommentar der größten und quasi-offiziellen ägyptischen Zeitung Al-Ahram
wider. Wir dokumentieren den redaktionellen Kommentar aus der heutigen
Ausgabe der Al-Ahram (2.5.2005):
"Bankrott der Terroristen!"
"Es gibt Menschen, die jetzt glauben, dass die sündhaften Terroranschläge,
die Ägypten zuletzt getroffen haben, auf eine Rückkehr des Terrors
hinweisen. Genaue Analysen und tiefergehende Studien der Ereignisse
zeigen aber, dass der Terrorismus in Wirklichkeit am Ende ist und bald
seinen letzten Atemzug getan haben wird. Darauf deuten eine Reihe von
Anzeichen.
Erstens: Die letzten Operationen waren überwiegend planlos und
anfängerhaft. Das zeigt sich sowohl an den lokal angefertigten
Sprengsätzen, die verwendet wurden, wie auch an der simplen Art, in der
sie platziert worden sind. Zudem wird daran deutlich, welch schlichte
Gemüter die Attentäter waren und dass sie keine Ausbildung hatten. Das
heißt, dass es sich nur um verzweifelte Einzelpersonen handeln kann, die
nicht wissen, was sie tun.
Zweitens: Auch dass diese Personen darauf zurückgreifen, sich bei der
Ausführung ihrer schändlichen Taten von jungen Frauen helfen zu lassen,
zeigt wie dumm sie sind und dass sie nicht wissen, was sie tun. Der
Einsatz von Mädchen erregt den Zorn und die Abscheu der normalen
einfachen Ägypter, die es verachten, wenn jetzt auch noch Frauen für
solche Verbrechen eingesetzt werden. Niemand würde akzeptieren, dass
seine Schwester, seine Verlobte oder seine Tochter in eine solche Lage
kommt. Wenn nun die Terroristen auf Mädchen zurückgreifen, beweist das
nur das Ausmaß ihrer Dummheit und ihres Niedergangs.
Drittens: Die von diesen einfachen Terroristen ausgewählten Orte sind
überfüllt von normalen durchschnittlichen Ägyptern, die eine Kleinigkeit
essen wollten. Das zeigt, dass sich die Attentäter nicht im Geringsten
um die Menschen kümmern. Mit dem Resultat, dass die Ägypter sie immer
mehr hassen und immer mehr ablehnen werden, bis sie dahinsiechen,
verschwinden und sterben.
Viertens: Die Erklärung, dass solch dumme Operationen die Touristen
verängstigen und dazu bringen würden, Ägypten zu verlassen, worunter
dann die Wirtschaft leidet, ist nicht stichhaltig. Schließlich sieht
sich heute die ganze Welt solchen Operationen gegenüber. Alle Menschen
wissen mittlerweile um den Terrorismus und sie fürchten sich nicht mehr
so wie in der Vergangenheit.
Nun soll all dies nicht heißen, dass wir die Aktionen unterschätzen oder
die Gefahren herunterspielen, die von ihnen ausgehen. Es heißt nur, dass
ihnen mit aller Klugheit und Intelligenz begegnet werden muss. Und das
darf sich nicht auf die Frage der Sicherheit beschränken – vielmehr ist
nun jeder einzelne Bürger aufgefordert, diesen Kampf zu unterstützen bis
das Phänomen gänzlich verschwunden ist."
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hagalil.com 03-05-2005 |