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Jugendzentrum im braunen Visier:
Was wollen die Nazis in Dorfen?

Ein Gespräch mit Stefan Brandhuber, AG International Dorfen

Interview: Max Brym

Wer gegenwärtig die rechten und faschistischen Postillen ließt stößt immer wieder auf den Namen der Stadt Dorfen. Am 4. Juni machen die faschistischen Kameradschaften und die NPD neuerlich mobil, um in der oberbayerischen Kleinstadt zu demonstrieren. Bereits im Dezember letzten Jahres marschierte der braune Mob einige Meter durch Dorfen. Kannst du uns sagen warum die Nazis etwas gegen das Jugendzentrum in Dorfen haben? Ihre Parole heißt: "Schöner leben in Dorfen - Schließung des Jugendzentrums". Vielleicht kannst du auch noch näher beschreiben welche Personen aus dem Nazispektrum in Dorfen demonstrieren wollen.

Die Nazis sind ja weder die ersten noch aktuell die einzigen Gegner des selbstverwalteten Jugendzentrums in Dorfen. Anfangs, in den Siebzigern, legte sich die katholische Kirche und die CSU immer wieder gegen die unangepasste Einrichtung ins Zeug. Nachdem sich die Öffentlichkeit ein wenig an das gelegentlich aufmüpfige JZ gewohnt hatte, brachte das Erstarken der faschistischen Bewegung in den 90er Jahren eine Politisierung der jungen Leute – zumindest was die Gegnerschaft gegenüber Nazis betrifft. Daß sich die Faschisten jetzt so auf das Jugi eingeschossen haben, kommt daher, daß bei einem kleinen Gerangel letzten Herbst ein NPD-Infostand umgefallen ist und die Nazis angebliche "Schlägertrupps aus dem Jugendzentrum" dafür verantwortlich machten. Beim nächsten Auftreten der Nazis in Dorfen war dann schon die Münchner Führungsriege aus NPD und Kameradschafterei um Bordin und Klettenhofer beim Flugblattverteilen in Dorfen und präsentierte die von dir genannte "Initiative". Einige Wochen später war dann die Demo mit ca. 60 Nazis.

Wie regierte die Öffentlichkeit im Dezember 2004 auf den Naziaufmarsch in Dorfen und welche politische Planung gibt es für den 4. Juni?

In den Wochen nach der Infostandgeschichte schossen erstmal Polizei, der rechtsgerichtete "Dorfener Anzeiger" (Lokalblatt des CSU-nahen Münchener Merkur) und die CSU-geführte Stadtverwaltung gegen angeblich gewalttätige Antifas und das Jugendzentrum. Daß am Tag der Nazi-Demo zu der Gegenkundgebung dann doch 800 Leute (darunter fast der ganze Stadtrat) erschienen, ist darauf zurückzuführen, daß es dem eiligst gegründeten Bündnis gegen Nazis gelungen war, die Verbindung der in Dorfen auftretenden Nazis zu den Kreisen um Martin Wiese und damit zum versuchten Anschlag auf das jüdische Zentrum in München in den Mittelpunkt der öffentlichen Diskussion zu schieben.

Seit der Nazi-Demo vom Dezember versuchen die Faschisten ihre Kampagne gegen das Jugendzentrum fortzusetzen, schafften es aber nur zu zwei Auftritten: Bei einer FDP-Veranstaltung in Dorfen mit dem Nazi-Aussteiger Jahnel mischten sich Bordin und Co. unter die Gäste und durften nach dem Vortrag auch mitdiskutieren. Vor paar Wochen dann eine bescheidene "Mahnwache" der NPD, von der Stadt im hintersten Ende der Innenstadt plaziert und von viel Polizei völlig isoliert.

Am 4. Juni wird’s dann wohl etwas mehr, auch wenn sich die Herren Kameraden gerade gegenseitig bekriegen und das den Nazi-Trupp am Samstag in Dorfen nochmal verringern dürfte. Das Dorfener Bündnis gegen Nazis veranstaltet jedenfalls einen Großen Aktionstag gegen Rechts unter dem Motto "Nazis ausgeschlossen – Keine Nazipropaganda in Dorfen". Statt der Nazis lassen wir Überlebende der Shoah zu Wort kommen: Max Mannheimer, Rachel Knobler und voraussichtlich Ernst Grube werden im Rahmen von Lesung, Film und Diskussion ihre Erfahrungen und Gedanken beisteuern. Gemäß dem Spektrum des Bündnisses, zu dem neben antikapitalistischen Linken auch Grüne und SozialdemokratInnen gehören, ist als zentrale Aktion eine Menschenkette angemeldet, die auch den halben Rathausplatz mit einschließt und dessen andere Hälfte den Nazis als Kundgebungsort dienen soll. Ob die Nazis mit ihrer Klage gegen diese Planung durchkommen werden und wie das Ganze dann ablaufen wird hängt natürlich von der Anzahl der Leute ab, wir rechnen auf jeden Fall mit über 1000 Leuten auf unserer Seite.

Gibt es in Dorfen Differenzen zwischen der örtlichen "Antifaszene" und der Stadtverwaltung?

Wenn die Stadt offiziell gegen die von dir angesprochene Szene aktiv werden will, dann bleibt ihr nur das Jugendzentrum, das ein städtisches Gebäude mietfrei nutzt, alles andere ist nicht greifbar. Seit einigen Jahren fährt die Stadt einen rigiden Kurs und hat vor 2 Jahren das Miet- in ein Nutzungsverhältnis gewandelt, eine wesentliche Verschlechterung für das JZ. Seitdem wird das JZ schikaniert mit Anmeldeauflagen für Konzerte und regelmäßigen Androhungen der Kündigung, wenn sich das JZ nicht vom Linksextremismus distanziert. Für nächstes Wochenende hat die Stadt dem Jugendzentrum einen antifaschistischen Biergarten sowie das Beats-against-fascism-Konzert verboten, angeblich im Interesse und zum Vorteil des JZ, "da rechtswidrige Handlungen gegen das Demonstrationsrecht, welche vom Grundstück des Vereins ausgehen könnten, die NPD ihrem Ziel näher bringen müsste, die Nutzungsüberlassung des Grundstücks und Gebäudes an den Verein zu überprüfen."

Welche Haltung hat die örtliche CSU zum Jugendzentrum und spekulieren die Nazis eventuell auf die örtlichen Konservativen um das Jugendzentrum zu beseitigen?

Offiziell gibt es ganz verhaltene Beteuerungen, daß der weitere Betrieb des JZ gewünscht ist. An der CSU-Basis kocht jedoch die nationale Volksseele und immer wieder wird die Schließung des JZ aus dieser Ecke gefordert. Wenn man sich die Entwicklung des letzten Halbjahres anschaut, muß man feststellen, daß die CSU-geführte Stadt nach dem wiederholten Auftreten der Nazis den Kurs gegen das JZ eindeutig verschärft hat und damit die Nazis in ihrem Bestreben ein Stück weiter gebracht hat.

Habt ihr örtlich Probleme mit Menschen, die Links gleich Rechts setzen und damit den antifaschistischen Widerstand verleumden und diskriminieren?

Ich würde sagen, das ist in Dorfen genauso wie fast überall herrschende Meinung. Der Stadtrat hat etwa einstimmig, d.h. unter Einschluß einiger SPD- und GAL-StadträtInnen, die auch im Bündnis gegen Nazis mitarbeiten, zur Teilnahme an der Menschenkette gegen Rechtsradikalismus aufgerufen und noch drangehängt, gegen Radikalismus jeglicher Art zu sein. Sicher werden auch am Samstag wieder etliche Transparente usw. in diese Richtung zu sehen sein.

Du gehörst einer bestimmten unabhängigen Gruppe an, wie stellt ihr euch antifaschistische Arbeit vor?

Nach unserem Verständnis gibt es für politische Bewegungen, ganz egal welcher Richtung, immer eine materielle Grundlage. Der Aufschwung der Rechten in Deutschland und auch in anderen Ländern fällt offensichtlich in die neoliberale Phase des Kapitalismus, in der eine umfassende Umverteilung von unten nach oben durchgepeitscht und gleichzeitig eine moralisch-ideologische Offensive gestartet wird. Die Nazibewegung ist da nur der radikalisierte Ausdruck des gängigen Standortnationalismus. Jede neue Hartz-Schweinerei, jede Lohnsenkung treibt den Faschisten weitere Leute zu, das ist nichts neues, auch in anderen Ländern. Wollen wir tatsächliche Wirkung gegen Rechts entfalten müssen wir uns mehreres vornehmen: Nazi-Strukturen verhindern bzw. beseitigen, die politische Auseinandersetzung mit dem bürgerlichen Standortnationalismus suchen – z.B. Patriotismusdebatte der Union – und vor allem in sozialen Auseinandersetzungen den Verarmungsprozess der unteren Schichten umkehren. Ein Ansatz, der diese drei Aspekte vereint hat große Erfolgsaussichten, der faschistischen Bewegung dauerhaft das Wasser abzugraben.

Was wünscht ihr euch für den 4. Juni und welche Unterstützung von außerhalb kann hilfreich sein?

Wir wünschen uns natürlich viele Leute aus Dorfen, aus den Nachbarorten, aus München, egal woher. Leute, die bewußt und entschlossen dazu beitragen wollen, daß der Tag eine Werbung für die Sache des Antifaschismus wird, am besten mit einem gemeinsamen Erfolg aller beteiligten Strömungen.

hagalil.com 31-05-2005

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