Imke Barnstedt:
Auftritt von rechts
Die Schauspielerin Imke Barnstedt spielt
in dem deutsch-israelischen Film "Walk on Water" mit. In ihrer Freizeit
engagiert sie sich in der rechtsextremen Szene.
Von Janett Bielau
Jungle World 15 v.
13.04.2005
In diesen Tagen läuft der deutsch-israelische Film "Walk
on Water" in den Programmkinos an. Mit ihm will der israelische Regisseur
Eytan Fox einen Beitrag zur deutsch-israelischen Aussöhnung leisten. "Ich
bin davon überzeugt, dass die Israelis zu besessen vom Holocaust und ihrem
Opferstatus sind und daher blind gegenüber der Tatsache, dass sie selbst zu
Aggressoren geworden sind", sagt er. Diese Ansicht des Regisseurs ist
durchaus kritikwürdig. Ein anderes Problem ist der Auftritt der deutschen
Schauspielerin Imke Barnstedt in dem Film.
Die Berlinerin spielte in der Vergangenheit diverse kleinere Rollen in den
Fernsehserien "Hinter Gittern", "Unser Lehrer Doktor Specht", "Liebling
Kreuzberg" und "Unter uns" und steht hauptsächlich auf Berliner
Theaterbühnen, etwa im Schiller- und im Hebbeltheater. Rechtsextremisten ist
sie jedoch auch wegen ihrer politischen Einstellung und ihrer Aktivitäten
bekannt.
"Speziell die deutsche Zeitgeschichte" sei ihr Hobby, schreibt sie auf ihrer
Homepage. Von einer kritischen Auseinandersetzung mit dieser Zeitgeschichte
kann aber nicht die Rede sein. An der Seite von Alfred Mechtersheimer, der
dem Verfassungsschutz zufolge "einer der wichtigsten Protagonisten
rechtsextremistischer Bestrebungen" ist, wirkte sie im Vorstand des
"Friedenskomitees 2000" mit. Außerdem saß sie im Berliner Landesvorstand des
extrem rechten "Bundes freier Bürger".
Horst Mahler erhielt ihre Unterstützung bei seinem "Feldzug gegen die
Offenkundigkeit des Holocausts" im Jahr 2003. Dem ehemaligen NPD-Anwalt
wurde es damals gerichtlich untersagt, nach Polen zu reisen, wo er nach
Informationen des Brandenburger Verfassungsschutzes am Ort der deutschen
Massenvernichtung die Shoa leugnen wollte. Daraufhin inszenierte er eine
Kampagne gegen den Paragrafen 130 StGB, der die Leugnung der Shoa als
Volksverhetzung definiert.
Mahler und einige Unterstützer, darunter Barnstedt, verbreiteten einen
Artikel des Spiegel-Redakteurs Fritjof Meyer, in dem dieser die Opferzahlen
der deutschen Vernichtungsindustrie nach unten revidiert hatte. Meyer wurde
wegen des Artikels mit dem Titel "Die Zahl der Opfer von Auschwitz. Neue
Erkenntnisse durch neue Archivfunde" nicht wegen Volksverhetzung angezeigt,
für Mahler ein Grund, Strafanzeige gegen ihn und "ehrenhalber" gegen sich
selbst zu stellen. So wie Mahler zeigte sich auch Barnstedt selbst wegen
Volksverhetzung an, nachdem sie den Artikel kopiert und an diverse
öffentliche Institutionen weitergeleitet hatte. Die Ermittlungsverfahren
gegen Mahler und Barnstedt wurden mittlerweile von den Staatsanwaltschaften
Bochum, Bielefeld und Berlin wegen mangelnden Tatverdachts eingestellt.
Nicht nur Mahler konnte auf die Solidarität Barnstedts zählen. Auch der
Jungen Freiheit half sie im Jahr 2002 mit ihrer Unterschrift bei der
Kampagne "Appell für die Pressefreiheit", mit der sie gegen die Beobachtung
der Zeitung durch den Verfassungsschutz in Nordrhein-Westfalen protestierte.
Die Junge Freiheit veröffentlichte auch Leserbriefe der Schauspielerin. Im
Jahr 1998 beklagte Barnstedt sich über die "millionenfach unerwünschten
Illegalen" im Land, "die unser Sozialsystem und unseren Arbeitsmarkt
überlasten". Auch die "unsägliche" Wehrmachtsausstellung war für sie Anlass,
einen Brief zu schreiben. Darin sprach sie von "unfassbaren Verbrechen der
westlichen Siegermächte an den deutschen Zivilisten und an gefangenen
deutschen Soldaten".
Doch nicht nur ihre eigenen Briefe haben es in sich. Auf einer Veranstaltung
anlässlich der Wehmachtsausstellung am 24. November 2001 in Berlin
rezitierte sie Briefe von gefallenen Wehrmachtssoldaten. Wie die Website des
neonazistischen Nationalen Infotelefons (NIT) berichtet, erklärte sie, es
handele sich bei den Briefen um "Gedanken davon, wie es dem einzelnen ums
Herz war, geschrieben von Mensch zu Mensch, Spiegel von erlebter
Kameradschaft, von Gemeinschaftssinn und Treuegefühl, von Opferbereitschaft
und Hingabe an das Vaterland". Das NIT zitiert Barnstedt mit den Worten:
"Wenn uns Historiker und Militärs der ehemaligen Feindstaaten bestätigen,
wir hätten im letzten Weltkrieg die besten Soldaten gestellt, so finden wir
in diesen Briefen (…) die Antwort nach dem Wieso und Warum. Das Opfer dieser
Soldaten und ihre Gesinnung, die ihm zugrunde lag, in Erinnerung zu
behalten, das ist unser aller Pflicht!"
Kein Wunder, dass ein derartiges Engagement auf Anerkennung in rechten
Kreisen stieß. Der rechtsextreme Kampfbund Deutscher Sozialisten (KDS)
verlieh ihr am Frauentag 2001 den Titel "Verdiente Kulturschaffende". Auf
der Homepage des Kampfbundes heißt es: "Ihre Ausführungen zum Thema:
›Bedeutende Frauen in der Geschichte Deutschlands von Magda Goebbels bis
Clara Zetkin‹ löste großes Interesse aus." Nach dem Vortrag spielte der
Neonazibarde Frank Rennicke seine volksdeutschen Hits.
Ebenfalls im März 2001 veröffentlichte die NPD-Zeitung Deutsche Stimme einen
Artikel Barnstedts über den Tod der NS-Schauspielerin Kristina Söderbaum.
Für Barnstedt war die Darstellerin des antisemitischen Propagandafilms "Jud
Süß" "eine der letzten bedeutenden Filmkünstlerinnen aus der Zeit vor 1945".
In den vergangenen Jahren hat sich Imke Barnstedt aus der rechtsextremen
Öffentlichkeitsarbeit zurückgezogen. Sie wirkte in einer Nebenrolle in der
Fernsehserie "Berlin Berlin" mit und bestritt Auftritte mit einem
Solo-Bühnenprogramm in Berlin und Oldenburg. Nun spielt sie in dem oben
genannten deutsch-israelischen Film, der mit 15 000 Euro von der Medien- und
Filmgesellschaft Baden-Württemberg gefördert wurde.
Der Film, der nach der Intention des Regisseurs die Versöhnung von Deutschen
und Juden anstrebt, fügt sich andererseits gut in die deutsche
Schlussstrichdebatte ein. In einen Widerspruch zu ihren politischen
Einstellungen geriet Barnstedt mit ihrem Auftritt in "Walk on Water" nicht.
hagalil.com 13-05-2005 |