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Vor der Abkoppelung:
Mütter gegen das Trauma

Auszüge aus einem Artikel von Lily Galili, Ha'aretz, 29.04.2005
Übersetzung Daniela Marcus

Eine Gruppe von 12 Frauen traf sich kürzlich in Riki Ma'ayans hübschem Haus in Kfar Yona. Auf Grund all der Erfrischungen und Speisen, die mitgebracht wurden, sah das Treffen auf den ersten Blick aus, als sei es eines derjenigen, die während der Vorbereitungszeit für das Pessachfest stattfinden und die dazu dienen, sich bei einem gemütlichen Plausch von der mühsamen Arbeit zu erholen. Doch die Gründe für das Kommen der Frauen verwandelten die Klausur in etwas ganz anderes – in etwas, das nur in Israel im Jahr 2005 stattfinden kann.

Zwölf Mütter von Soldaten, die voraussichtlich an der Evakuierung von Gush Katif im Gazastreifen teilnehmen werden, kamen, um über die Gefahren und die Traumas, die auf ihre Söhne warten, zu reden und um eine öffentliche Kampagne über dieses Thema zu planen. Genauer gesagt: Die Frauen trafen sich auf Initiative der Shuvi-Bewegung, um Möglichkeiten zu diskutieren, die Gefahren und das psychische Trauma zu reduzieren.

Die Angst, dass ein Soldat von einem evakuierten Juden getötet werden könnte, schleicht als neue Realität umher. Und keiner weiß, wie man damit umgehen soll. Die Abkopplung teilt die Nation bereits in zwei Hälften. Feindseligkeit, Misstrauen und sogar Angst sind entstanden.

Nun soll ein weiterer Kreis geschlossen werden: Weniger als ein Jahr nachdem sich Shuvi erhoben und zur Evakuierung des Gazastreifens aufgerufen hatte und zu einer Zeit, da sich die israelische Gesellschaft ausführlich mit dem Trauma, dem die Evakuierten gegenüberstehen, beschäftigt, steht Shuvi erneut auf und bringt die Diskussion über das Trauma, dem diejenigen, die die Evakuierung auszuführen haben, gegenüber stehen, auf die Tagesordnung.

Eine der Drehachsen dieser Diskussion ist die Frage, inwiefern ein Unterschied zwischen der Konfrontation mit der zivilen palästinensischen Bevölkerung und der Konfrontation mit der „eigenen“ Bevölkerung besteht. Was unterscheidet das Betreten des Hauses einer von Panik ergriffenen palästinensischen Familie vom Betreten des Hauses eines jüdischen Siedlers, der seine Heimat in den Territorien verlassen muss? Gibt es überhaupt einen Unterschied?

Während des Treffens der Frauen war dies nicht nur eine theoretische Diskussion. Biba Ayalon, eine der Hauptaktivistinnen der Shuvi-Bewegung und Ehefrau von Generalmajor der Reserve Ami Ayalon, konnte bereits über die Erfahrung ihres Sohnes berichten. Dessen Bataillon nahm an einer verhältnismäßig kleinen Evakuierung in der Nähe von Yitzhar in der Westbank teil. Diese sei "sehr schwierig" gewesen. Und das war eigentlich auch schon alles, was Ayalons Sohn dazu sagte.

Auch Riki Ma'ayans Sohn nahm an der unfriedlichen Evakuierung in der Nähe von Yitzhar teil. Sie erzählte, dass am Wochenende nach der Evakuierung viele Kameraden aus dem Bataillon ihres Sohnes, in deren Gedächtnis die Szenen der Evakuierung eingegraben waren, nicht nach Hause gingen. Etwa zwanzig von ihnen kamen in ihr Haus in Kfar Yona und zogen sich auf die Dachterrasse zurück. Sie sprachen nicht. Sie erzählten ihr kein Wort. Alles, was sie taten, war essen und trinken. "Dies war kein Fernsehfilm", sagte sie. "Es war offensichtlich, dass sie etwas sehr schweres durchgemacht hatten, selbst wenn es sich hierbei um eine kurze Aktion gehandelt hat. Doch niemand spricht darüber. Man redet nur über das, was die Siedler durchmachen müssen."

Niemals von der Tagesordnung genommen

Das ist in der Tat der Fall. Das Trauma der Siedler, die entwurzelt werden und ihre Häuser verlassen müssen, ist offensichtlich und verständlich. Auf der öffentlichen Tagesordnung steht dieses Thema ganz oben. Doch niemand spricht über die Soldaten, die die Evakuierung auszuführen haben. Das mag ein israelisches Phänomen sein. Es dauerte Jahre bis die israelische Gesellschaft diejenigen anerkannte, die unter einem Kriegstrauma litten und leiden. Aus den Forschungen, die im Zuge der Intifada unternommen wurden, kann man das klare Ergebnis ablesen, dass Söhne und Ehemänner, die während Kriegszeiten noch mit ihren Heldentaten prahlten, leise von der Intifada heimkehrten. In der Konfrontation mit Zivilisten gibt es nichts Heldenhaftes.

Jetzt ist die Realität sogar noch komplizierter. Denn dieses Mal geht es nicht um die Konfrontation mit "feindlichen" Zivilisten –eine Definition, die half, den moralischen Schock etwas zu reduzieren-, nun werden die Soldaten mit ihren eigenen Landsleuten konfrontiert. Dalia Megiddo, deren Sohn bereits vor drei Wochen eingezogen und schon darüber informiert wurde, dass er an der Evakuierung teilnehmen wird, war nicht sicher, ob diese Art der Konfrontation einfacher ist. "Ich bin erschrocken über die Aussage von Knessetmitglied Aryeh Eldad, der sagte, "jüdisches Blut wird vergossen werden". Ich weiß nicht, welches Blut er meinte. Sie machen diese Kinder zu Feinden der Siedler, die ihren Ärger wahrscheinlich an ihnen auslassen und ihnen Schaden zufügen werden."

Tamar aus Netanya nahm an dem Wort "Kinder" Anstoß. "Ich fühle mich, als ob ich gar nicht zu dieser Diskussionsrunde gehöre", sagte sie heftig. "Es handelt sich hier nicht um einen Pflichtkindergarten. Meine Söhne bei der Armee sind keine Kinder. Sie sind erwachsen und sie haben sich selbst entschieden, zu einer Eliteeinheit zu gehen. Und sie wissen, was sie tun. Wir waren dafür, dass sie den Gazastreifen evakuieren und nun werden sie es tun. Ich wünsche, dass sie in ihrem Leben kein größeres Trauma als dieses erleben müssen. Also, was wollt ihr alle?"

Eine gute Frage. Die Frauen, die alle vom Abkopplungsplan begeistert sind oder sogar aktiv dabei sind, die Abkopplung zu beschleunigen, kennen die Falle, in die sie durch ihre Diskussion, die anscheinend die Argumentation der Siedler unterstützt, fallen können. Haben sie nicht daran gedacht, wer die Umsetzung des Abkopplungsplans ausführen wird, als sie sich dafür einsetzten?

"Doch, wir haben daran gedacht, jedoch wurden wir von der Gewalttätigkeit mancher Siedler überrascht", sagte Dorit Eldar, eine der Leiterinnen von Shuvi.

Es lag etwas Trauriges über der Diskussion der Frauen. Eine sagte, es wäre schrecklich für die israelische Gesellschaft, wenn einer der Soldaten getötet werden würde, man könne dann nur hoffen, dass dadurch die Entwicklung, die sich der Abkopplung anschließt, gemäßigter laufen werde. Eine andere erwiderte, in Israel sei bereits ein Premierminister getötet worden, doch habe sich dadurch nicht wirklich etwas geändert. Eine dritte sagte, sie sei darauf vorbereitet, dass ihr Sohn mit einem Trauma aus der Sache hervorgehen werde, aber Hauptsache sei, er werde lebend daraus hervorgehen.

Eine Konferenz zum Thema "Armee und Gesellschaft", die kürzlich auf Initiative des Israelischen Demokratischen Instituts abgehalten wurde, befasste sich ebenfalls mit der Vorbereitung der Soldaten auf die Evakuierung. Der gesamte Generalstab, ranghohe Vertreter der israelischen Armee und Akademiker waren anwesend.

"Meiner Meinung nach ist die Armee besser auf die Evakuierung vorbereitet als irgendjemand sonst in diesem Land, und das gilt auch hinsichtlich der psychologischen Vorbereitung der Soldaten", sagte Professor Ariel Merari, der an dieser geschlossenen Tagung teilnahm. Merari, Professor für Psychologie an der Universität von Tel Aviv, der sich auf politische Gewalt spezialisiert hat, war Leiter eines Verhandlungsteams während der damaligen Evakuierung von Yamit auf der Sinaihalbinsel. "Meiner Meinung nach bereitet die Armee dieses Mal klare Anweisungen für die Soldaten vor, Regeln für das, was sie tun und was sie nicht tun sollen", sagte er. "Diese Anweisungen gehen bis ins Detail. Meiner Einschätzung nach ist die Wahrscheinlichkeit, dass ein Siedler das Feuer auf einen Soldaten eröffnet, sehr gering. Schließlich sind selbst die extremsten Siedler von der Mehrheitsmeinung beeinflusst. Und wenn sie von ihrer jeweiligen Gruppe keine Legitimation erhalten, werden sie es nicht wagen, Waffen zu benutzen. Natürlich ist es jedoch immer vernünftig damit zu rechnen, dass es irgendwo einen Verrückten gibt."

"Ich bin im Übrigen nicht sehr besorgt über das psychische Trauma der Soldaten. Ein Soldat, der nachts ein Haus in Dschenin betritt und den Augen eines palästinensischen Kindes gegenüber steht, die ihn feindselig anblicken, ist meiner Meinung nach eher einem Trauma ausgesetzt als ein Soldat, der eine um sich schlagende Siedlerfrau fortbringen muss."

Professor Dan Bar-On, ein Psychologe der Ben-Gurion-Universität, der auf Krisensituation spezialisiert ist, hört sich weit weniger gelassen an. Seiner Einschätzung nach zielt das gesamte politische System exakt auf die Intensivierung des Traumas hin. "Die Ambivalenz, die vom System übermittelt wird –das Herumstottern, die Verschiebungen im Zeitplan- verstärken nur die Macht des Traumas, dem die jungen Soldaten ausgesetzt sind", sagte Bar-On.

Die Mütter richten ihre öffentlichen Aktivitäten unter anderem darauf aus, ein Paket an Verhaltensregeln für die Soldaten und ein unterstützendes System für den Tag danach bereit zu stellen. Am Schluss ihres Treffens verfassten die Frauen eine erste Formulierung für das öffentliche Gewissen. Darin schrieben sie, das Trauma für beide Seiten werde umso geringer sein je ruhiger die Abkopplung ablaufe. Sie zogen auch in Erwägung, einflussreiche Personen und Bewegungen unter den Siedlern zu kontaktieren. Selbst wenn diese gegen die Abkopplung seien, wären sie doch Partner hinsichtlich des Interesses an demokratischen Werten und dem gemeinsamen Leben am Tag danach.

hagalil.com 05-05-2005

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