Ein typischer "Sabra":
Ezer Weizman ist tot
Von Ulrich W. Sahm
Seine Familie stand an seiner Bettkante als Ezer Weizman
im Alter von 81 Jahren am Abend in Caesarea verstarb. Zweimal war er
Staatspräsident, vorher Verteidigungsminister und in jedem Fall eine der
buntesten Figuren während der Entstehung des Staates Israel.
Weizman war in gewisser Weise unberechenbar, als Mensch und
als Politiker. "Mädele", redete er unwirsch Journalistinnen an und stand im
Ruf, ein "male-chauvinist" zu sein. Doch Weizman verstand es in seiner
unwirschen Art, die Herzen der Menschen zu gewinnen und den
Präsidentenpalais zwischen 1993 und 2000 zu einem echten Volkspalast zu
machen.
Weizman führte die "Sitte" ein, als Präsident jede Familie
eines gefallenen Soldaten persönlich zu besuchen. Genauso besuchte er auch
palästinensische Opfer des jüdischen Terroristen Baruch Goldstein nach dem
Massaker in der Abrahamsmoschee in Hebron 1994. Der ehemalige
Untergrundkämpfer in der Etzel-Gruppe und spätere Chef der Luftwaffe Israels
repräsentierte wie kein anderer das etwas kitschige Klischee eines typischen
"Sabra", eines im Lande geborenen Israeli. Diese Kaktusart ist "außen
stachelig und innen süß".
Weizman zählt zum israelischen "Adel". Er war ein Neffe des
ersten Staatspräsidenten Chaim Weizman, der 1917 die Briten von der
Notwendigkeit der Balfour-Deklaration überzeugte. Ohne sie wäre die
Entstehung einer "jüdischen Heimstätte in Palästina" undenkbar gewesen.
Während des Zweiten Weltkriegs ließ sich Weizman von den Briten rekrutieren
und erlernte dort das Kriegshandwerk. In den Zeiten des
Unabhängigkeitskrieges Israels flog der begeisterte Pilot Weizman ein
Viertel der gesamten Luftwaffe, nämlich eine von vier Messerschmidts. Seine
Heldentaten werden in israelischen Schulbüchern gelehrt. Mit seiner
schwarzen Messerschmidt soll er den Vormarsch der Ägypter in Richtung Beer
Schewa gestoppt haben.
1958 wurde er Befehlshaber der israelischen Luftwaffe. So
wird Weizman angerechnet, die kriegsentscheidende Waffe Israels für den
Sechs-Tage-Krieg von 1967 vorbereitet zu haben. In den Morgenstunden des 5.
Juni haben israelische Flugzeuge die ägyptische Luftwaffe am Boden zerstört
und so den Ausgang dieses Krieges entschieden. Jener Krieg führte zur
Eroberung der ägyptischen Sinaihalbinsel und des Gazastreifens, des
jordanischen Westjordanlandes und der syrischen Golanhöhen. Vor dem Krieg
befürchteten die Israelis eine Zerstörung ihres Staates.
Weizman ging in die Politik und verbündete sich mit dem
erzkonservativen Menachem Begin. Weizman wurde Verteidigungsminister und als
der ägyptische Präsident Anwar el Sadat seine historische Reise nach
Jerusalem ankündigte, versetzte der misstrauische Weizman erst einmal die
israelische Armee in die höchste Alarmbereitschaft. Bis zuletzt glaubte er,
dass nicht Sadat sondern ein ägyptisches Kommando nach Tel Aviv komme, um
auf dem Flughafen die gesamte Führungsspitze Israels zu erschießen.
Gleichwohl schlossen ausgerechnet Weizman und Sadat eine enge
Männerfreundschaft, ohne die der Friedensvertrag zwischen Israel und Ägypten
so schnell nicht zustande gekommen wäre. Wegen Kürzungen des
Militärhaushalts trat Verteidigungsminister Weizman zurück. Sein
Amtsnachfolger wurde Ariel Scharon.
Unvorhersehbar und politisch schwer einzuschätzen, wechselte
Weizman das Lager zur linken Arbeitspartei. Unter Begin-Nachfolger Jitzak
Schamir war er wieder Minister und knüpfte geheime Kontakte zur PLO, was zu
Weizmans Raufwurf aus der Regierung führte.
Zwei Kadenzen lang war der ruppige Volksheld Weizman
Staatspräsident, von 1993 bis 2000. Typisch war für ihn ein politischer Akt,
der ihm als repräsentatives Staatsoberhaupt eigentlich nicht zustand. 1996
war Benjamin Netanjahu der gewählte Ministerpräsident nach Rabin und Peres.
Netanjahu wollte um jeden Preis den von Rabin gestarteten Osloer Prozess
zerstören und weigerte sich, Jassir Arafat zu treffen. Was machte
Staatspräsident Weizman als "Privatperson", um den Friedensprozess zu
retten? Er lud Arafat einfach zum Mittagessen in seine Villa am
Mittelmeerstrand von Caesarea, dem früheren Amtssitz des Pontius Pilatus.
Netanjahu hatte keine Wahl, räumte später Teile von Hebron und musste mit
Arafat in Wye-Plantation einen weiteren Vertrag mit Arafat aushandeln.
Vom Präsidentenamt trat Weizman vorzeitig zurück, weil er in
den Verdacht geraten war, Bestechungsgelder angenommen zu haben. Das wurde
jedoch nie nachgewiesen, weil eine Untersuchung unterbunden wurde.
hagalil.com 24-04-2005 |