Die Linke in Österreich:
Good night Vienna
Von Bernhard Torsch
Wer sich in Österreich als "Linker" bezeichnen lässt, ohne
seinen Anwalt einzuschalten, ist selber schuld.
Der SS-Veteranenlober und Großwaldbauernbub Jörg Haider hat
ausgerechnet mit dem explizit rechtsextremen Flügel der FPÖ einen
parteiinternen Krieg begonnen und damit das Ende der an der österreichischen
Regierung beteiligten Freiheitlichen eingeläutet. Der bizarre Politiker
gründete kurzerhand eine in die Modefarbe Orange getauchte "Bewegung" mit
dem Kürzel "BZÖ" und hat somit das "Dritte Lager" gespalten.
Die Linke hat dazu nichts beigetragen, es sei denn, man
rechnet den Banker und ehemaligen Vorsitzenden der Sozialdemokraten, Franz
Vranitzky, dem linken Spektrum zu. Dessen Ausgrenzungsstrategie gegenüber
der FPÖ hat letztere zum handlungsunfähigen Spielball der mächtigen ÖVP
gemacht und dadurch in die Selbstzerfleischung getrieben. Diese Vorgänge
interessieren aber eine Linke, die sich um bürgerliche Nebensächlichkeiten
wie Innenpolitik nicht schert, einen Dreck. Für "echte Linke" gibt es
schließlich Wichtigeres, als die Faschisten im eigenen Land zu bekämpfen,
zum Beispiel die Solidarität mit palästinensischen Selbstmordattentätern,
irakischen Geiselkopfabschneidern oder den lustigen Mädchensteinigern im
Iran.
Und warum sollten "Antiimperialisten", die die lautstärkste
Fraktion der Wiener Restlinken stellen, ausgerechnet mit Jörg Haider, dem
persönlichen Kumpel von Saddam Hussein, dem er schon mal "die herzlichen
Grüße des österreichischen Volkes" überbrachte, ein Problem haben? Auf
Flugblättern der "Antiimperialistischen Koordination" (AIK) und in diversen
Internetpublikationen ähnlich gestrickter Irrlichter lässt man den
"Widerstand" der baathistischen und islamistischen Antisemiten gegen die
Demokratisierung des Irak hochleben, verteidigt Holocaustleugner und giftet
gegen jene Menschen, die immer noch das Organ zwischen den Ohren bemühen,
statt aus der Kitschgruft der Friedensbewegung exhumierte Parolen zu
brüllen. Israel wird von solchen Leuten nur als "imperialistischer
Brückenkopf" wahrgenommen, und jeder Verbrecher, der Israelis umbringt oder
mit dem Umbringen bedroht, ist ein tapferer Kämpfer wieder das böse
Imperium. Auf diesem "Star-Wars-Niveau" kriecht die österreichische Linke
dahin.
Am 9. März zeigte sich die "antiimperialistische Linke" mal
wieder von ihrer kenntlichen Seite. Als der "Bahamas"-Autor Thomas Becker,
der einen den "Antiimps" nicht genehmen Standpunkt zum Irakkrief vertritt,
im Wiener Lokal "7-Stern" auf Einladung der
Gruppe "Cafe
Critique" einen Vortrag über die Nuklearambitionen des Iran halten
wollte, wurde die Veranstaltung prompt von friedensbewegten Mullah-Freunden
gesprengt. Rund 30 Männer und Frauen stürmten das Lokal, verteilten
Ohrfeigen und zertrampelten einen Büchertisch. Anschließend versammelte sich
die pazifistische Meute vor dem "7-Stern" und skandierte "Intifada,
Intifada". Danach zog man von dannen und feierte diesen großartigen Sieg
über die Sexistenschweine bei Tofupizza und Biobier.
Was die Antiimperialisten von Meinungsfreiheit im linken
Spektrum halten, macht der Kommentar eines gewissen "deselby" in der
Zeitschrift "Kominform", dem Sprachrohr der Gaga-Sekte "Kommunistische
Initiative", deutlich: "Es ist zu konstatieren, dass es für das KPÖ-Lokal,
das mit Parteigeldern renoviert wurde (und dessen Defizit nach wie vor
ausgeglichen wird), keine inhaltliche Grenze für Veranstaltungen gibt. So
weit, so schlecht." Freiheit nix gut, sagt der Autor, ob im Irak oder am
Stammtisch in Wien. Unter Stalin hätt es das nicht gegeben, der hätte im
7-Stern schon für Ordnung gesorgt (wobei hier nicht Stalin beleidigt werden
soll. Hitlers Nemesis war ein brutaler Knochen, verstand aber im Gegensatz
zu Leuten wie "deselby" etwas von Strategie, kommunistischer Therorie und
Praxis).
Im selben Blatt stellt die "Kommunistische Initiative" klar,
warum man Thomas Becker mit Gewalt den Mund verbieten müsse: Die "Bahamas"
sei "proimperialistisch, rassistisch und dezidiert antifeministisch".
Sackzement! Es wurde glatt vergessen zu erwähnen, dass die "Bahamas"-Leute
vermutlich auch knallharte Speziezisten sind, die kalt lächelnd Fleisch
essen und selbst vor dem Tragen von Lederschuhen nicht zurückschrecken.
Im Deppenzentralorgan "Indymedia", wo ansonsten für
Tierrechtsdemonstrationen und die progressive Wirkungsmacht des Islamismus
geworben wird, waren weitere einschlägige Reaktionen zu lesen: "Die Absage
der für den 19. März geplanten zweiten BAHAMAS-Veranstaltung im 7-Stern ist
daher als ein eindeutiger Erfolg für die antiimperialistische Linke zu
werten. Die kriegsbefürwortenden Antinationalen müssen sich zurückziehen.
Unser Widerstand zahlt sich aus", feiern die nationalen Narren vom
"ArbeiterInnenstandpunkt" den Erfolg des völkischen Mobs in einer
Stellungnahme. Natürlich vergessen die tapferen Nationalen Sozialisten
nicht, aus den Opfern Täter zu machen und greinen über einen angeblichen
"Polizeikessel", den die bösen Sexorassisten des "Cafe Critique" organisiert
hätten. Die KPÖ distanzierte sich gleich mal von allem und jedem, was das
intelektuelle Niveau dieser Geisterpartei sehr schön aufzeigt. Zu einer
klaren Verurteilung der Attacke wider die freie Meinungsäußerung konnten
sich die Comedian Communists rund um Walter Baier nicht durchringen.
Diese Episode sagt alles, was man über den Zustand der
österreichischen Linken wissen muss, um sich ihr nicht zugehörig zu fühlen,
so man sich einen Rest an Denkfähigkeit erhalten hat. Good night Vienna, die
Nacht könnte lang werden.
hagalil.com 06-04-2005 |