Russlands Präsident in Israel:
Raketenkontroverse bei Putin-Besuch
Von Ulrich W. Sahm
Der Verkauf russischer Raketen an Syrien
überschattete den Israel- Besuch von Präsident Vladimir Putin in schon vor
seiner Ankunft. Noch in Moskau hatte er in einem Fernsehinterview erklärt,
dass an Syrien verkaufte Raketen eine "reine Verteidigungswaffe" seien, um
feindliche Flugzeuge zu hindern "über den Palast des Baschar Assad zu
fliegen".
Israelische Besorgnis erregten
Luftabwehrraketen, die auf die Hitze der Flugzeugmotoren reagieren. Es gibt
angeblich eine Schulter getragene und eine auf Jeeps montierte Version des
Strelet-Waffensystems.
Bei seiner Pressekonferenz im Jerusalemer
Präsidentenpalais wurde Putin mehrfach auf diese Raketen angesprochen. Putin
behauptete, dass die auf Jeeps montierten Strelet-Raketen "nicht
funktionieren", wenn man versuchte, sie abzunehmen und in schultergetragene
Waffe zu verwandeln. Israelische und westliche Militärexperten bezweifeln
Putins Aussage. Das russische Staatsoberhaupt bestand darauf, dass der
Verkauf dieses Waffensystems "in keiner Weise das militärische Gleichgewicht
im Nahen Osten verändere". Während die Amerikaner Waffen im Wert von 9
Milliarden Dollar in den Nahen Osten liefern, nach Israel, Ägypten Saudi
Arabien und andere Länder, so könnten doch von Moskau gelieferte Waffen im
Wert von "nur" 500 Millionen Dollar nicht groß ins Gewicht fallen. Weiter
sagte Putin salopp: "Diese Raketen gefährden Euch (Israelis) nicht, weil die
nicht bis Israel fliegen können. Ihr müsstet nach Syrien eindringen, um in
Gefahr zu geraten, und solche Absichten habt Ihr doch nicht, oder?"
Bei der Gelegenheit verriet Putin, dass er
persönlich ein Geschäft mit Mittelstreckenraketen mit 300 Kilometern
Reichweite unterbunden haben, da solche Raketen die "Sicherheit Israels
gefährden könnten". Tel Aviv liegt nur 214 Kilometer von Damaskus entfernt.
Über ein solches geplantes und von Putin
verhindertes Geschäft war bisher in Israel keine Rede. Möglicherweise wollte
Putin so den Israelis mitteilen, wie groß seine Sorge um die Sicherheit
Israels sei "wo etwa ein Viertel der Bürger aus Russland stammen".
Gemäß Presseberichten fürchtet sich Israel
nicht vor Luftabwehrraketen in den Händen der Syrer. Eigentliche Gefahr
drohe, sowie diese Abwehrsysteme in die Hände der von Syrien unterstützten
Hisbollah im Südlibanon oder gar in die Hände palästinensischer
Terrororganisationen geraten sollten. Israels Staatspräsident Katzav sagte
bei der gemeinsamen Pressekonferenz mit Putin, dass Syrien "erst vor wenigen
Tagen" neue Raketen an die Hisbollah geliefert habe. Katzav beklagte sich
auch, dass Syrien das Waffengeschäft "ohne jede Gegenleistung" machen
konnte. Moskau hätte die Syrer zu einem Bruch mit der Hisbollah und zu einer
Schließung der Hauptquartiere von "Terrororganisationen" in Damaskus zwingen
sollen, sagte Katzav an Putin gerichtet.
Die Verwendung von handlichen Strelet oder
Strella Flakraketen aus wird von den Israelis als eine der größten
Terrorgefahren gehandelt. Schon vor Jahrzehnten versuchten palästinensische
Terrorgruppen und die deutsche RAF in Rom ein Flugzeug mit der damaligen
Ministerpräsidentin Golda Meir an Bord, und später in Kairo eine israelische
Passagiermaschine abzuschießen. Im November 2002 haben in Mombasa, Kenia,
somalische El Qaeda Mitglieder eine Luftabwehrrakete auf eine israelische
Chartermaschine abgeschossen. Sie verfehlte nur knapp ihr Ziel. "Der Pilot
hatte die Angewohnheit, in Thailand, Kenia und anderen gefährlichen Ländern
willkürlich in letzter Sekunde vom Kontrollturm zu fordern, die Rollbahn zu
wechseln. Die Terroristen hatten sich so aufgestellt, dass sie die
vollgetankte Maschine getroffen hätten, noch ehe sie abgehoben wäre. So aber
starteten wir etwas weiter entfernt und die Rakete verpasste uns", erzählte
Avri, ein Israeli, der in der Maschine saß und den Piloten kannte.
Auf deutschen und anderen Flughäfen fahren
die dort stationierten israelischen Sicherheitsleute selber Patrouillen rund
um die Flugfelder, um nach möglichen Schützen mit solchen Abwehrraketen
Ausschau zu halten. Der von Israel errichtete Sperrwall ist nahe dem
internationalen Flughafen tief auf besetztem Gebiet errichtet worden, damit
Palästinenser keine solche Raketen gegen Passagiermaschinen einsetzen
können. Zudem landen israelische Flugzeuge mit dem Wind vom Westen her,
während früher die Maschinen im Tiefflug eine kurve über palästinensisches
Gebiet drehten, um gegen den Wind zu landen. Die El Al hat zudem vor einigen
Monaten damit begonnen, alle ihre Passagiermaschinen mit Abwehrsystemen zu
versehen. Sowie sich eine Rakete dem Flugzeug nähert, werden automatisch
Hitzekugeln verschossen, um die Strella abzulenken. Die USA haben allerdings
der israelischen Luftlinie verboten, dieses System über ihrem Territorium
eingeschaltet zu lassen.
hagalil.com 29-04-2005 |