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Spring-peacecamp 2005:
Identities unsolved?

Drei Gruppen Jugendlicher touren durch Israel

Von Evelyn Böhmer-Laufer
English

Vom 31. März bis zum 7. April 2005 fand in Israel die zweite peacecamp-Runde statt. 27 Jugendliche aus drei verschiedenen Gruppen - jüdisch-israelische, arabisch-israelische und österreichische SchülerInnen aus Kärnten tourten 8 Tage lang durch Israel und besuchten die dort vertretenen Volksgruppen.

Die Reise begann im Süden des Landes, in der Wüste Negev, wo die Gruppe bei Beduinen zu Gast war und viel über deren Lebensformen und Bräuche sowie über ihre schwierige Position als noch-nicht-ganz sesshafte Volksgruppe inmitten des modernen Staates Israel lernen konnte. Ein einstündiger Karawanenzug auf dem Rücken von Kamelen, eine politische Versammlung mit Festessen bei den Beduinen, der Besuch von zwei Kratern inmitten der zu dieser Jahreszeit blühenden Wüste, eine Fahrt mit der Seilbahn auf die Festung Massadah und ein Badeaufenthalt im Toten Meer boten Einblick in die Jahrtausend alte Geschichte Israels mit ihren auch heute noch eben so zahlreich vertretenen, vielfältigen und unterschiedlichen Kulturen.

Weiter ging es nach Jerusalem, einer modernen Großstadt und dem religiösem Zentrum der drei monotheistischen Religionen. Gemeinsam besuchten die Jugendlichen die großen religiösen Stätten - die Klagemauer, die Grabeskirche sowie den Tempelberg mit dem Felsendom und der Al Aksa-Moschee.


Bilder zur Vergrößerung bitte anklicken!

Das Aufsetzen einer "Kippah" (Käppchen) bei Betreten der jüdischen Gedenkstätten und Heiligtümer, das Ausziehen der Schuhe vor Betreten der heiligen Stätten des Islams und das Verbot, beim Sitzen in der Grabeskirche die Beine übereinander zu schlagen, war für die Meisten - LehrerInnen wie SchülerInnen - gewöhnungsbedürftig und ein wenig unheimlich: Wird man dem eigenen Glauben untreu, verletzt man die Loyalität zur eigenen Gruppe, wenn man sich beim Besuch im fremden Gotteshaus den dort geltenden Regeln unterwirft? Wo liegt die Grenze zwischen dem Respekt vor dem Anderen und der Überschreitung der eigenen religiösen Grundsätze? Wie kann man vermeiden, aus Unachtsamkeit oder Unwissen die religiösen Gefühle Anderer zu verletzen, wie verhält man sich als Fremder richtig und bleibt dabei doch auch sich selbst und den Grundsätzen und Regeln der eigenen Religion und Gruppe treu?

Ein gemeinsamer Besuch in der Holocaust-Gedenkstätte Yad VaShem schloss den Besuch Jerusalems ab, ließ alle, Jugendliche und Erwachsene, nachdenklich und bestürzt zurück. Es war berührend zu sehen, wie Jugendliche einander umarmten und hielten, wie alle Augen sich mit Tränen füllten und die sonst zu allen Späßen aufgelegten Burschen und Mädchen plötzlich so ganz anders, so ernst und schweigsam wurden.

Weiter ging es nach Herzliah zu einer echten Wiener Jause beim Österreichischen Botschafter Dr. Kurt Hengl, wo sich nicht nur Ben mit seinem heiß ersehnten Apfelstrudel, aber auch wir Anderen mit feiner Sachertorte, Palatschinken und anderen Köstlichkeiten, serviert auf edlem Porzellan, satt essen durften. Frau Botschafter war angenehm überrascht über die guten Manieren ihrer jungen Gäste, hatte sie doch offenbar - angesichts dieser Invasion von Jugendlichen in ihrer schönen Botschaftsresidenz Schlimmeres befürchtet.

Die verbleibenden vier Tage und drei Nächte standen ganz im Zeichen der offensichtlich allen in Israel lebenden Volksgruppen gemeinsamen Gastfreundschaft: Einen Tag und eine Nacht lang waren alle jüdisch-israelischen und österreichischen erwachsenen und jugendlichen "peacecampler" Gäste der arabisch-israelischen Stadt Kalanswa. Grüppchen von jeweils drei bis fünf Jugendliche durften bei den arabisch-israelischen Familien übernachten und die dort herrschende Gastfreundschaft voll auskosten; nach dem Abendessen bei ihren jeweiligen arabischen Gastfamilien beschlossen die Jugendlichen spontan, einen Teil des Abends doch noch gemeinsam als Gruppe zu verbringen und schlossen sich im Hause eines der arabischen Mädchen zusammen. Die mitreisenden erwachsenen Begleitpersonen hingegen waren an diesem Abend Gast beim Direktor des Ibn-Sina-Gymnasiums, aus dem der Großteil der arabischen Schüler kam. Die nicht enden wollende Speisenfolge wurde nur durch die ebenso endlose Folge weiterer hinzu stoßender Gäste überboten, darunter ein arabischer Politiker und Abgeordneter der Knesset und Anführer der Demokratischen Arabischen Liste. Dieser beeindruckte mit einem Bericht über einen sich in ihm - und anderen Politikern, so etwa Premierminister Ariel Sharon - vollziehenden Gesinnungswandel hin zu einer größeren Bereitschaft, sich mit dem Anderen, dem "Feind", zu versöhnen. So sind in seiner neuen Partei, der Demokratischen Liste, Juden und Araber, Männer und Frauen, religiöse und säkulare Menschen anzutreffen, die sich alle - ungeachtet des ihnen von arabischer Seite entgegen blasenden Gegenwindes - auf den von Premierminister Sharon vorgeschlagenen neuen Friedenskurs einlassen wollen, ein Schritt, der, wie Herr Darausche uns glaubhaft machte, von einer tiefen und tief greifenden Veränderung der eigenen wie auch Sharons politischen Überzeugungen zeuge und auf diese aufbaue.

Am nächsten Tag besuchten wir Herrn Darausche in Nazaret im Büro der von ihm angeführten Partei, der Demokratischen Liste , wo wir einige weitere Politiker kennen lernen durften und schließlich zu einem guten Mittagessen eingeladen wurden. Davor waren wir schon durch die Straßen Nazarets und den Shuk (den Markt) geschlendert, hatten die Verkündungskirche besucht, Souvenirs und köstliche orientalische Bäckereien, "Baklawa", eingekauft und das lebendige Treiben dieser christlich-arabischen Stadt miterlebt.

Auch die weiteren Tage waren wir Gäste und wurden als solche königlich behandelt: Die Eltern eines israelischen Teilnehmers öffneten uns die Tür zu ihrem eben erst neu bezogenen Haus im nördlichen Galiläa, dem grünsten und blühendsten Teil Israels. Ein kurzer Spaziergang führte uns auf eine Anhöhe, von der aus man das ganze Land vom Mittelmeer bis zum See Genezareth überblicken konnte, ehe wir - 35 Mann hoch - mit Schlafsäcken und Waschzeug bei unseren Gastgebern Einzug hielten: Hier erwartete uns ein üppiges Abendessen, ehe wir uns mit unseren Schlafsäcken auf Betten, Matten und Matratzen zur Ruhe betten durften, um uns am nächsten Morgen nach einem ebenso üppigen Frühstück wieder auf den Weg zu machen. Dieser führte in den bei Natanya am Mittelmeer gelegenen Kibbuz Gaash mit seiner Therme und weltweit bekanntem Thermalbad. Hier lebt Eilam, einer unserer jüdisch-israelischen Teilnehmer; seine Mutter hatte uns eingeladen, den letzten Abend, die letzte Nacht bei ihnen zu verbringen. Die Mütter von drei weiteren Teilnehmerinnen der jüdisch-israelischen Gruppe waren mit selbst gekochten Speisen nach Gaash gekommen, so dass uns bei der Ankunft ein regelrechtes Buffet, bestehend aus vielen liebevoll bereiteten Speisen erwartete. Ein aus Kärnten stammendes, seit über zwanzig Jahren hier lebendes Kibbuz-Mitglied konnte die jungen Gäste aus Österreich in das Kibbuz-Leben einführen und viele ihrer Fragen in perfektem Deutsch beantworten.

Ein vorabendlicher Spaziergang zum Meer ließ uns gerade rechtzeitig am Strand ankommen, um Zeugen eines feuerroten Sonnenuntergangs zu werden - ein Naturereignis, das den Besuch in Israel zu einem würdigen Ausklang brachte.

Davor aber hatten die Jugendlichen am Vortag in Kalanswa einen ganztägigen gruppenpsychoanalytischen Workshop absolviert, der ihnen Gelegenheit geboten hatte, die Erlebnisse und Eindrücke dieser so intensiven Woche zu diskutieren. Hier konnten die heftigen Emotionen, die im Laufe dieser Tage aufgekommen waren, endlich in Worte gefasst und besprochen werden; es war von Ungleichsein und Gleichsein von Gruppen, Völkern und Generationen die Rede und davon, wie junge Menschen die Welt erleben, wenn keine Brille von Vorurteilen ihnen die Sicht auf das Wesentliche verstellt und sie die Welt mit eigenen Augen wahrnehmen können.

Von Liebe und Zuneigung war die Rede, so wie von der Suche nach Antworten auf Fragen, die seit jeher die Menschheit beschäftigen; und von der Notwendigkeit, es auszuhalten, wenn es keine Antwort gibt, weil die Antworten der Eltern eben die der Eltern sind, und es das Recht der Jugend ist, auf die Fragen, die sie beschäftigen, ihre eigenen Antworten zu finden.

Ein frühmorgentlicher tränenreicher Abschied am Flughafen Ben Gurion riß eine eng zusammengewachsen Gruppe und ein paar frisch Verliebte mit gebrochenen, aber vollen Herzen zurück. Es war allen sehr bewußt, dass sie etwas ganz Besonderes miteinander erlebt hatten und etwas Wichtiges in ihren Herzen mitnahmen: etwas, ihre Sicht von der Welt nachhaltig geprägt hatte und sie fortan begleiten würde.

What it is like to be an Israeli Arab girl in Israel

Weitere Informationen:
www.peacecamp.net

 


"Die Juden wissen nicht genug über uns"

Muhammad Darausche (Ingenieur und arabischer Israeli) in einem Interview mit David Grossmann:
"Die Juden wissen nicht genug über uns. Sie wollen nicht einmal wissen, dass es hier ein anderes Volk gibt. Wer interessiert sich dafür, was ich empfinde? Wer wird überhaupt dein Buch über uns lesen. Aber wir sind auch schuld, denn wir haben gar nicht versucht, sie wissen zu lassen, wer wir sind. Wir haben verzichtet. Vielleicht weil wir so ein Gefühl haben, dass die Herrschenden sowieso alles über uns wissen. Sie sind die Patrone, so scheint es, der Geheimdienst, der Staat, das Unterrichtsministerium, und dem Anschein nach haben sie für uns schon von vornherein alles festgelegt. Sie haben für uns bereits die Zukunft geplant, und uns bleibt nichts anderes übrig, als diesen Weg zu gehen, den sie vorgezeichnet haben.

Und wirklich - wir gehen ihn. Das ist eine Abwertung, und das ist das Unrecht, das wir uns selbst zufügen. Aber die Juden müssen unsere wahren Gedanken kennen. Unsere Bestrebungen haben wir schon zum Ausdruck gebracht, und es ist nichts dabei, was die Juden verletzen könnte, man kann es ganz offen und ohne jede Verstellung sagen: wir lieben die Juden nicht, wir sind nicht glücklich kein "ach, wie ist das schön, dass sie hier sind".

Aber sie sind hier, und damit werden wir leben müssen. Und wenn wir nicht aufrichtig mit uns sind - werden wir untergehen. Wenn wir uns verstellen und darüber nachdenken, wie wir nach außen hin nett sein könnten - dann haben wir die ganze westliche Politik verinnerlicht und unsere Identität wird völlig verschwinden.

Aus: David Grossmann, Der geteilte Israeli, Knaur, 1992, S.5

hagalil.com 14-04-2005

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