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NS-Gedenken:
Unterschriften für Umbenennung des Grüneburgplatzes

Von Hans Riebsamen
Frankfurter Allgemeine Zeitung

11. März 2005 - "Grüneburgplatz" - kennt der Taxifahrer am Hauptbahnhof nicht. Grüneburgweg, Grüneburgpark, ja, diese Bezeichnungen sind ihm vertraut. Aber Grüneburgplatz? Grüneburgplatz 1 ist die offizielle Anschrift des Campus Westend, der Bevölkerung besser bekannt als neue Universität im IG-Farben-Haus am Grüneburgpark, wo früher die Amerikaner saßen. Geht es nach der Holocaust-Überlebenden Trude Simonsohn und nach Micha Brumlik, dem Direktor des Fritz-Bauer-Instituts, soll die Adresse demnächst "Norbert-Wollheim-Platz" lauten. Der Vorschlag stammt vom verstorbenen Karl Brozik, lange Jahre Repräsentant der Claims Conference in Deutschland und einer der Väter der Zwangsarbeiter-Entschädigung. Durch eine Unterschriftenaktion wird die Idee nun neu belebt.

Zum ersten Mal in die Öffentlichkeit gebracht hat die Idee Brumlik bei der Enthüllung einer Gedenktafel vor dem IG-Farben-Gebäude, mittlerweile häufig nach seinem Architekten Poelzig-Bau genannt. Man könne nicht aller 25000 Ermordeten namentlich gedenken, sagte an jenem 26.Oktober 2001 Brumlik am Schluß seiner Ansprache: "Aber vielleicht kann unsere Stadt Frankfurt am Main, die diese Universität und dieses Gebäude beherbergt, ein Zeichen setzen und sich dazu entschließen, den ermordeten Buna-Monowitz-Arbeitern im Namen eines von ihnen, nämlich von Norbert Wollheim, stellvertretend die Ehre zu erweisen."

Warum Norbert Wollheim? Er war Häftling im Lager Monowitz und hat die Zwangsarbeit bei der IG Farben überlebt. In die Nachkriegsgeschichte ist er nicht nur als Mitbegründer des Zentralrats der Juden in Deutschland eingegangen, sondern auch als der Mann, der 1952 vor dem Landgericht Frankfurt einen Musterprozeß gegen die "IG Farbenindustrie AG in Abwicklung" angestrengt hat. Wollheim, 1998 in New York gestorben, verklagte den Konzern damals auf Erstattung nichtgezahlten Lohns und bekam in einem aufsehenerregenden Prozeß recht. In der Revisionsverhandlung riet das Oberlandesgericht den Streitparteien zu einer außergerichtlichen Einigung. Es kam zu einem Vergleich, die IG Farben zahlte 30 Millionen Mark an die Claims Conference, die das Geld unter Holocaust-Überlebenden verteilte. Aufgrund dieser Übereinkunft erklärten sich in der Folge auch Volkswagen und Krupp zu Zahlungen an ihre früheren Sklavenarbeiter bereit. Der Wollheim-Prozeß hat damit in gewisser Weise der heutigen Zwangsarbeiter-Entschädigung den Weg bereitet.

Frankfurts Oberbürgermeisterin Petra Roth (CDU) hat zweimal von den Bemühungen erfahren, den Grüneburgplatz in "Norbert-Wollheim-Platz" umzubenennen. Im November 2001 schickte ihr der mittlerweile verstorbene Alfred Jachmann, lange Jahre Leiter des jüdischen Altersheimes, einen Brief, in dem er Roth um Unterstützung bat. Drei Jahre später appellierte der Auschwitz-Überlebende Dawid Salz im Kaisersaal bei der Eröffnung einer Ausstellung zum Auschwitz-Prozeß an das Stadtoberhaupt, in Erinnerung an die Leiden der IG-Farben-Zwangsarbeiter, dem Platz vor dem IG-Farben-Haus den Namen "Norbert-Wollheim-Platz" zu geben.

Zu jenem Zeitpunkt hatte sich die Oberbürgermeisterin indes schon längst entschieden - gegen eine Umbenennung. "Obwohl ich die Benennung einer Straße oder eines Platzes nach Norbert Wollheim grundsätzlich begrüßen würde, sehe ich mich im Falle des konkret von Ihnen vorgeschlagenen Platzes außerstande, dem Beschlußgremium einen entsprechenden Vorschlag zur Umbenennung zu unterbreiten." Statt dessen bot sie an, sich für die Benennung eines neuen Platzes oder einer neuen Straße nach Wollheim einzusetzen. Das von ihr erwähnte Beschlußgremium ist übrigens der Ortsbeirat; er, in diesem Fall der Ortsbeirat2, entscheidet über die Namensgebung bei Straßen und Plätzen - wobei allerdings der Magistrat Vorschläge machen kann. Träte die Oberbürgermeisterin für eine Umbenennung des Grüneburgplatzes ein, so würde ihr Wunsch sicherlich von den Ortsbeiräten wohlwollend geprüft. Doch bislang hat das Gremium nichts entschieden.

Dafür hat sich das Stadtvermessungsamt entschieden ausgesprochen - gegen eine Umbenennung. Denn ein solches Vorhaben unterliege strengen Maßstäben, heißt es in einer Stellungnahme des Amtes. Eine Änderung langjährig eingeführter Bezeichnungen stoße schließlich bei der Bevölkerung schnell auf Kritik, wie die Umbenennung der Untermainbrücke in Ignatz-Bubis-Brücke oder des Theaterplatzes in Willy-Brandt-Platz zeige. Im Fall des Grüneburgplatzes verweist das Amt auf die "Grüne Burg" von 1789, einem damals von Peter Heinrich von Bethmann-Metzler erworbenen Gut. Später bewohnte dort die Familie Rothschild ein Schloß, und dieser Familie wegen soll nach Meinung des Amtes an der Bezeichnung "Grüneburg" festgehalten werden. Im übrigen heiße der Vorplatz des IG-Farben-Gebäudes bereits seit 1930 "Grüneburgplatz".

Dieser Argumentation hat sich auch Universitätspräsident Rudolf Steinberg bedient. Er könne sich zu seinem Bedauern den Bemühungen um eine Umbenennung nicht anschließen, ließ er in einem Brief vom Juni 2002 wissen. "Der Grüneburgplatz besitzt eine eigenständige, spezifische Geschichte", argumentierte Steinberg. Es wäre deshalb schwer zu rechtfertigen, in diese für die Bürger der Stadt so bedeutende Tradition einzugreifen. Bei der Wollheim-Initiative sieht man darin eher eine Schutzbehauptung des Präsidenten und vermutet, daß Steinberg nicht will, daß die offizielle Adresse des Westend-Campus aus dem Namen eines KZ-Häftlings besteht.

Thomas Ormond, der Sohn von Henry Ormond, welcher damals Wollheim als Anwalt vertrat, hält dagegen: Grüneburgplatz habe das Areal nur 15 Jahre lang - von 1930 bis 1945 - geheißen. Die amerikanische Armee habe für ihr Hauptquartier diese Adresse danach nicht verwendet. Kaum jemand in Frankfurt verknüpfe den Platz mit dem Namen Grüneburgplatz.

Mittlerweile ist die Wollheim-Initiative in die Offensive gegangen und versucht, mit einer Unterschriftenaktion für eine Umbenennung öffentlichen Druck zu machen. Unterschrieben haben unter anderen Stadträtin Jutta Ebeling, der renommierte Berliner Antisemitismus-Forscher Wolfgang Benz und der Direktor des Jüdischen Museums, Georg Heuberger.

Umbenennung gefordert:
"Norbert-Wollheim-Platz"
Die Gebäude des von der Frankfurter Universitätsleitung in geschichtsverdrängender Manier "Campus Westend" getauften Areals wurden von den IG Farben errichtet und bis 1945 genutzt...

hagalil.com 18-03-2005

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