antisemitismus.net / klick-nach-rechts.de / nahost-politik.de / zionismus.info

haGalil onLine - http://www.hagalil.com
     

  

Spenden Sie mit PayPal - schnell, kostenlos und sicher!

hagalil.com

Search haGalil

Veranstaltungskalender

Newsletter abonnieren
e-Postkarten
Bücher / Morascha
Musik

Koscher leben...
Tourismus

Aktiv gegen Nazi-Propaganda!
Jüdische Weisheit
 

 

Vor der großen Einweihung:
Yad Vaschem hat ein neues Museum

Von Ulrich W. Sahm

"Der Unterschied zwischen einem Museum und einem Geschichtsbuch ist, dass ein Museum auch ein Erlebnis bieten sollte", sagt Yehudit Inbar, Direktorin des 4400 Quadratmeter großen Museums der Gedenkstätte Yad Vaschem. Zehn Jahre lang ist an dem vom Architekten Mosche Safdie entworfenen unterirdischen Museum gebaut worden. Zur Einweihung am Dienstag werden Staatsgäste aus aller Welt kommen, darunter Altbundeskanzler Hellmut Kohl, Bundesaußenminister Joschka Fischer, Bernhard Vogel.

Die Konstruktion sollte sich an die Waldlandschaft anpassen und das massive steinerne "Zelt des Gedenkens" nicht überschatten, wo Staatsgäste einen Kranz niederlegen und bei den in schwarzen Basalt eingelassenen Namen von Vernichtungslagern wie Birkenau, Auschwitz und Treblinka eine "ewige Flamme" entzünden.

Mit Videoinstallationen, projeziert auf die 13 Meter hohe dreieckige Ostwand des Museums, sollen die "Herzen der Besucher" berührt werden. Michal Rovner, die schon Israel bei der Biennale in Venedig repräsentiert hat, zeigt einen 10 Minuten langen Film mit der "Herausforderung, das jüdische Leben vor dem Holocaust zu zeigen, eingebettet in das Lebensgeflecht in den Ländern, wo sie lebten". Uri Tzaig produzierte ein "virtuelles Album" mit fließenden Briefen, Dokumenten und Buchstaben von Juden während des Holocaust und Überlebenden. "Diese Arbeit soll den menschlichen Geist darstellen, der das Inferno überlebte", sagt Tzaig. "Nachdem ich die schrecklichsten Dokumente durchgesehen habe, die alles aussagen, entschied ich mich für das gesichtlose geschriebene Wort, welches strukturiertes Denken und menschlichen Glauben darstellt. Die Buchstaben sind für mich wie die Saiten eines Musikinstruments. Dieser Raum soll diesen Saiten als Resonanzkasten dienen, der die menschliche Schönheit konserviert, dem das Überleben gelang."

Eine dreieckige architektonische Form wurde gewählt, um dem Druck der Erde auf das unterirdische Monument standzuhalten. Gemäß den Vorgaben sollte das Museum aber nicht in Finsternis getaucht sei, obgleich es unter der Erde liegt. So gelangt durch eine 200 Meter lange Ritze an der Decke gleißendes Sonnenlicht hinein, das sich mit finsteren Ecken für die Multimedia-Shows abwechselt. Zu jeder Zeit sieht der Besucher beide Enden des Museums, was den "linearen Charakter der Ereignisse" symbolisiert.

Avner Schalev, Direktor von Yad Vaschem, betont die kleinen Details, etwa eine zerbrochene Brille. Sie gehörte Bluma Wallach aus Lodz in Polen. Während der Selektion in Birkenau, ehe sie in die Gaskammer abgeführt wurde, übergab sie die Brille ihrer Tochter Tula. Das junge Mädchen bewahrte die Brille während ihrer Gefangenschaft in Auschwitz und Ravensbrück, obwohl es wusste, dass die Mutter längst tot war. Vierzig Jahre nach Kriegsende übergab Tula die Brille Yad Vaschem, "weil sie nur dort hingehört." Schalev bemerkt dazu: " Für Tula stellt diese Brille die gesamte Welt eines Lebens, eines Gesichts und einer Erinnerung dar." So wird die zerbrochene Brille zwischen anderen Dokumenten, Erinnerungsstücken und Bildern aus dem "Auschwitzalbum" einen Ehrenplatz einnehmen. Das "Auschwitz-Album" hatte ein SS-Mann privat als "Souvenir" fotografiert. Mit seiner Kamera dokumentierte er die Rampe von Auschwitz, die ankommenden Juden aus ganz Europa, noch mit dem gelben Stern an der Brust, die Selektion des Dr. Mengele, der durch ein Zeichen mit seinem Stock über Leben und Tod entschied. Rechts ging es in die Gaskammern, links zum qualvollen Tod durch Sklavenarbeit.

Das neue Holocaustmuseum erzählt es die Geschichte des Holocaust allein aus der jüdischen Perspektive. Die Juden werden als Individuen gezeigt und nicht als Objekte in Nazi-Hand. "Es ist unmöglich, den Holocaust zu verstehen und seine Bedeutung zu verdauen, ohne etwas über jene zu lernen, die direkt davon betroffen waren: die Opfer und die Überlebenden", sagt Schalev. Die Besucher sind aufgefordert "den Opfern direkt in die Augen zu schauen". Eine Puppe diente Zofia Rozner im Warschauer Ghetto als "einzige Vertraute". Mit einem kleinen roten Faden "schmückte" Helen Ryber ihre hässliche braune KZ-Uniform. So wird daran erinnert, dass im Holocaust nicht "Massen" oder "Millionen" verfolgt und umgebracht wurden, sondern Menschen mit Namen, Gesicht, Gefühlen und Bedürfnissen. Zwischen die Originaldokumente und Fotos wurden auch Kunstwerke eingesetzt, von denen einige in den KZ entstanden sind, andere von Überlebenden stammen.

Ergreifend ist die Darstellung eines Todesmarsches, an dem tausend Frauen teilnahmen. Gegen Ende des Krieges lösten die Nazis die KZ im Osten auf, vertuschten Spuren und zwangen die KZ-Insassen zu einem qualvollen Fußmarsch in Richtung Westen. Tausende überlebten die Todesmärsche nicht. Einige wenige wurden von Deutschen gerettet, die entlang des Weges lebten. Doch die Meisten schauten schweigend zu. Andere beteiligten sich an der Ermordung der Häftlinge. In Yad Vaschem wurden Namen dieser Frauen zusammengetragen, die Ortschaften, die sie beim Marsch passierten, Fotos und schriftliche Zeugnisse, die Bekannte oder Angehörige in der "Halle der Namen" hinterlassen haben. Fast vier Millionen "Namenszettel" sind in Yad Vaschem zusammengetragen, digitalisiert und ins Internet gestellt worden. Für Opfer des Holocaust wie Anne Frank ist ein solcher Namenszettel das virtuelles Grab. Für sechs Millionen jüdischen Opfer existiert keine letzte Ruhestätte. Nicht einmal alle Namen sind bekannt, weil ganze Gemeinden ausgelöscht wurden.

Der Rundgang endet an einer Terrasse mit einem Blick auf Jerusalem. "Yad Vaschem hofft, Mitgefühl zu erwecken und dem Besucher ein bedeutungsvolles Erlebnis zu bieten. Das Museum will ein persönliches Engagement bewirken mit höheren moralischen Werten heute und in der Zukunft", sagt Avner Schalev. " Falls der Besucher ein Gefühl entwickelt, dass die Schoah relevant ist für die eigene Identität und das Leben, dann werden sie bei ihrem menschlichen Verhalten mehr Verantwortung zeigen."

hagalil.com 14-03-2005

Werben in haGalil?
Ihre Anzeige hier!

Advertize in haGalil?
Your Ad here!

 

haGalil.com ist kostenlos! Trotzdem: haGalil kostet Geld!

Die bei haGalil onLine und den angeschlossenen Domains veröffentlichten Texte spiegeln Meinungen und Kenntnisstand der jeweiligen Autoren.
Sie geben nicht unbedingt die Meinung der Herausgeber bzw. der Gesamtredaktion wieder.
haGalil onLine

[Impressum]
Kontakt: hagalil@hagalil.com
haGalil - Postfach 900504 - D-81505 München

1995-2006 © haGalil onLine® bzw. den angeg. Rechteinhabern
Munich - Tel Aviv - All Rights Reserved