Von Ulrich W. Sahm
Der deutsche Bundespräsident ist ein willkommener Gast in
Israel. Der Anlass seines Besuches ist das Bestehen von vierzig Jahren
diplomatischer Beziehungen zwischen beiden Ländern. Israelischen Reportern
sagte Horst Köhler vor einer Woche in Auschwitz während der Gedenkfeiern für
die Befreiung des Vernichtungslagers vor sechzig Jahren: "Hier in Auschwitz
begehe ich den ersten Teil meiner Israel-Reise." Diese Worte trugen ihm Lob
über dessen "Einfühlungsvermögen" ein.
Köhlers Rede in der Knesset heute (Mittwoch) Nachmittag wird er
"selbstverständlich" in Deutsch halten. So bestimmte es der
Knessetvorsitzende Rubi Rivlin. Die Proteste einiger weniger Abgeordnete
gegen die Verwendung der deutschen Sprache in der Volksvertretung des
jüdischen Staates, "solange es noch Holocaustüberlebende gibt", hat in
Deutschland erheblich mehr Wirbel ausgelöst als in Israel.
Denn trotz der weiterhin "unnormalen" Beziehungen, wissen die
Israelis, dass Deutschland auch in schweren Stunden als Garant für die
Existenz des immer wieder bedrohten Landes einsteht. Deutsche Politiker von
Konrad Adenauer über Franz-Josef Strauß, Rita Süßmuth, Hellmuth Kohl, bis
hin zu Klaus Kinkel, Joschka Fischer und natürlich Köhlers Amtsvorgänger
Johannes Rau haben das mit viel persönlichem Engagement bewiesen. Nur selten
kam es zu echten Krisen wie zwischen Helmuth Schmidt und Menachem Begin.
Köhlers Besuch ist nicht ein Staatsbesuch wie jeder Andere.
Köhler setzt ein politisches Zeichen, indem er sich zu der von
palästinensischen Kassamraketen beschossenen Kleinstadt Sderot am
Gazastreifen begibt. Der Wirtschaftsexperte Köhler denkt auch an die
Zukunft, indem er High-Tech Firmen besucht und mit Experten an den
Universitäten zusammentrifft. Jenseits der Zeremonien in Yad Vaschem und dem
Gespräch mit Jekkes, wie die aus Deutschland geflüchteten Juden genannt
werden, will Köhler dem Staat Israel helfen, hochqualifiziertes Wissen
besser zu vermarkten. Eine vertiefte wirtschaftliche Kooperation muss das
Fundament für die Fortsetzung der "besonderen" Beziehungen werden.
Denn die Generation der Holocaustüberlebenden stirbt aus und
die Jugend in beiden Ländern empfindet nicht mehr die gleiche Betroffenheit
für die Vergangenheit wie die Generation der unmittelbar nach dem Krieg
Geborenen, die heute noch die Geschicke beider Länder bestimmt.