Die ganze Welt erinnert sich an den 60. Jahrestag der Beendigung des
Massenmordes an Juden. Über diese Zeit, die Zeit des Holocaust, wissen
tschechische Kinder eher wenig. Fall sie Holocaust definieren sollen,
antworten sie sehr ungenau und unsicher. Sie ahnen, dass es irgendwie mit
dem zweiten Weltkrieg und Hitler zusammenhängt. Das es aber um einen genau
geplanten Massenmord an Juden ging, wissen sie meistens nicht.
"Ab und zu kommen zu uns junge Menschen, die überhaupt nichts
wissen", sagt Leo Pavlat, Direktor des Jüdischen Museum in Prag. Die gleiche
Erfahrung hat auch Toman Brod vom Institut der Theresienstadt Initiative.
"Ich fahre in die Schulen und halte Vorträge. Die Kinder sahen bis dahin
meistens noch keinen Juden, sind aber mit der Problematik im voraus
vertraut. Wenn sie aber eine jungen Menschen auf der Straße fragen, ist das
Resultat oft sehr trist", sagt Brod, ein Auschwitz Überlebender.
In den Oberschulen und in der letzten Klasse der Hauptschule
verbessern sich die Kenntnisse deutlich. Nach einer Umfrage im 2004 konnten
75% der Abiturienten den Begriff Holocaust mit eigenen Worten richtig
erklären. Es ist wohl das Resultat dessen, dass in der 9. Klasse der
Holocaust ein ausführliches Unterrichtsthema ist. In den Geschichtsstunden
sind dem Thema "Zweiter Weltkrieg" 5 Stunden gewidmet, dem Thema Holocaust
eine Stunde. Weitere Informationen erhalten die Schüler in den Stunden der
Gesellschaftskunde. Während der Heimatkunde in der Grundschule erhalten die
Schüler bereits eine kurze informative Erklärung.
"Es ist richtig, dass die Kinder über diese Thema ausführlicher
erst später hören. Jüngere Kinder könnte diese Thema traumatisieren",
erklärt ein Lehrer aus Prag. Ähnlich ist es auch an den Gymnasien: "Der
zweite Weltkrieg wird insgesamt dreimal durchgenommen, in der 8., 11. und
12. Klasse. Jedes Mal sind es minimal 4 Stunden, mehr als z.B. über den
ersten Weltkrieg oder Hussiten oder den 30jährigen Krieg gesprochen wird."
"Holocaust ist heute modern, trotz aller Grauen ein anziehendes Thema, das
junge Leute interessiert" – so eine Lehrerin aus einem Prager Gymnasium.
Die Lehrer sind der Meinung, dass die Unterrichtsmenge
ausreichend ist. Wegen der Ausgewogenheit des Unterrichtsstoffes kann man
dem Holocaust nicht mehr Zeit widmen. Damit ist auch Leo Pavlat
einverstanden: "Bei 2 Wochenstunden Geschichte kann man nicht mehr
erreichen. Was ein viel größeres Problem ist die verzerrte Information in
den Schulbüchern. In dem Moment, wo die Verfolgung der Juden von der der
Tschechen abgegrenzt wird, werden die Informationen spärlich", sagt der
Direktor des Jüdischen Museums.
Einige Beispiele der Schülerumfrage:
"Was ist Holocaust?"
13 Jahre: "Ich weiß es nicht, das haben wir noch nicht gehabt, ist es
nicht etwas mit Hitler?"
14 Jahre: "Das sagt mir nichts. Ist es etwas mit Krieg?"
13 Jahre: "Ich habe es scho nirgendwo gehört, etwas mit KZ im Krieg."
13 Jahre: "Es war im Krieg, Hitler ließ Juden in KZs töten."
13 Jahre: "Ein Fond? Wenn nicht, dann weiß ich es nicht."
15 Jahre: "Zweiter Weltkrieg, etwas mit Ermoderung der Juden."
14 Jahre: "Während des 2. Weltkriegs, als die deutsche Armee andere Länder
ausbeutete und Juden einsperrte und dann in den Gaskammern umbrachte."
15 Jahre: "Holocaust ist eine rassistische Anschauung anderer Religionen im
zweiten Weltkrieg. Wir haben schon darüber gelernt."
Anzumerken ist, dass alle Befragten Jungs waren.
Quelle: Lidove Noviny 26.01.05