antisemitismus.net / klick-nach-rechts.de / nahost-politik.de / zionismus.info

haGalil onLine - http://www.hagalil.com
     

  

Spenden Sie mit PayPal - schnell, kostenlos und sicher!

hagalil.com

Search haGalil

Veranstaltungskalender

Newsletter abonnieren
e-Postkarten
Bücher / Morascha
Musik

Koscher leben...
Tourismus

Aktiv gegen Nazi-Propaganda!
Jüdische Weisheit
 

 

Im Trauerfall:
Sympathische Tradition

Von Schimschi Zahubi

Wie geht man mit einem Trauerfall in der Familie um? Als praktizierender Jude hat man ein umfangreiches Paket an Maßnahmen zur Verfügung. Es gibt das Kadisch-Gebet, welches man im Rahmen der drei Tagesgebete aufsagt, sofern zehn "vollwertige" Juden anwesend sind. Unmittelbar nach der Beerdigung erhält man Besuch von Freunden und Verwandten, die in den eigenen Räumen dafür sorgen, daß man nicht in einsamer Trauer versinkt.

Sofern zehn Mann dabei sind, kann man auch die drei Tagesgebete mit dem eingefügten Kadisch aufsagen. Andernfalls begibt man sich zur nächsten Synagoge, was in Israel kein Problem darstellt. Eine Woche nach dem Trauerfall erhebt man sich aus der erniedrigten Sitzposition, beendet damit die "Schiwa", und verweilt nunmehr in den Schloschim, nach deren Ablauf man das erste Mal nach der Beerdigung ans Grab gehen darf. Nunmehr laufen die nächsten zehn Monate mit dem tagtäglichen Kadischgebet in einem Minjan ab. Die Trauerarbeit in dieser Form hilft über den Schmerz des Verlustes eines nahen Angehörigen hinweg.

Ein ernstes Problem hat man jedoch als Frau in der Orthodoxie. In der Regel ist man zum Aufsagen des Kadisch nicht berechtigt. Es wird zwar immer wieder von Ausnahmen gesprochen, ausschlaggebend ist jedoch die praktizierte Vorschrift, wonach nur Männer im Verbund eines Minjan zum Kadischsagen berechtigt sind.

Die konservative Gemeinde hat dieses Problem nicht. Dort sind die Frauen gleichberechtigt- ein anderes Problem wiegt jedoch schwer: Regelmäßig wird eher nur am Shabat und zu Feiertagen gebetet. Unter der Woche ist man auf die orthodoxen Gemeinden angewiesen. Konservative Gemeinden, die Wochentags einen Minjan aufbringen, sind zu suchen wie der Brilliantring am Strand von Haifa.

Die Tradition, die Frauen vom Kadischgebet ausschließt, kommt noch aus der Zeit ,als die Fronten klar definiert waren. Der Mann ging zur Arbeit, die Frau kümmerte sich um die zahlreichen Kinder und den Haushalt. Eine Steigerung erlebte diese Einteilung zu den Zeiten des Chassidismus und der Dominanz der Orthodoxie im Alltag. Damals sollte der Ehemann mit dem Thorastudium seine Lebenszeit verbringen, die Ehefrau hatte sich um den Broterwerb zu kümmern, um die Kinder und den Haushalt. In der Regel wurde deswegen für fromme Männer eine Tochter aus wohlhabendem Hause gesucht, um mit Hilfe der reichhaltigen Mitgift den kostspieligen Lebenswandel zu ermöglichen. Das tragische Elend jedoch wurde gelebt, wenn immer zu wenig zum Leben da war, aber die Bereitschaft einen geregelten Beruf auszuüben beim Ehemann gegenüber dem Thorastudium zurückzutreten hatte.

Als Thorastudierender befand sich der Mann bereits in der Synagoge, verrichtete dort seine täglichen Gebete und sah dabei keine Schwierigkeit, in diesem Rahmen sein Kadisch aufzusagen. Die psychologisch wertvolle Aufarbeitung des seelischen Schmerzes nach einem Trauerfall in der Familie war also dem Ehemann überlassen. Sollte dieser das Zeitliche gesegnet haben, so standen dessen Söhne in der Synagoge und sprachen das Kadisch.

Die Tradition, elf Monate lang Kadisch zu sagen, wurde normalerweise nach dem Ableben eines männlichen Familienmitgliedes beachtet. Nach dem Dahinscheiden einer Frau war es jedoch nicht nur die Ausnahme, wenn man sich mit dreißig Tagen beschied und dann sein Leben lang immer am Todestag, am Tag der "Jahrzeit", das Totengebet rezitierte.

In unserer Zeit ist es jedoch schwer nachvollziehbar, daß den Frauen als Hinterbliebenen das Recht am Aufsagen des Kadisch streitig gemacht wird. Bestenfalls könnte man sich die Fortsetzung dieser Tradition damit erklären, daß sich die meisten Frauen dieser Regelung fügen, um familiäre Auseinandersetzungen zu vermeiden- aber auch, weil sie ihre Trauerarbeit in anderer Form abzuleisten gelernt haben.

Das gruppenweise Aufsagen des Kadisch in den Gemeinden der liberalen Juden nimmt dem Trauernden die Möglichkeit mit klarer Stimme seinen Schmerz zu artikulieren, hier ist jedoch eine Toleranz gegeben, die auf Wunsch den Einzelvortrag gestattet. Man sollte anerkennen, daß das Bedürfnis, die Trauerarbeit durch das Aufsagen des Totengebetes abzuleisten, eine sympatische Tradition darstellt, die es in dieser Form nur im Judentum gibt.

hagalil.com 28-01-2005

Werben in haGalil?
Ihre Anzeige hier!

Advertize in haGalil?
Your Ad here!

 

haGalil.com ist kostenlos! Trotzdem: haGalil kostet Geld!

Die bei haGalil onLine und den angeschlossenen Domains veröffentlichten Texte spiegeln Meinungen und Kenntnisstand der jeweiligen Autoren.
Sie geben nicht unbedingt die Meinung der Herausgeber bzw. der Gesamtredaktion wieder.
haGalil onLine

[Impressum]
Kontakt: hagalil@hagalil.com
haGalil - Postfach 900504 - D-81505 München

1995-2006 © haGalil onLine® bzw. den angeg. Rechteinhabern
Munich - Tel Aviv - All Rights Reserved