Von Ulrich W. Sahm
Efraim Kischon, 80, ist tot, an einem Herzinfarkt in seiner
Wohnung in Appenzell in der Schweiz gestorben. Kischon wurde in Budapest in
Ungarn geboren. Seinen kräftigen ungarischen Akzent hat er bis zuletzt
gepflegt. Vielleicht war er auch deshalb in Israel nicht gut gelitten.
Kischon konnte aus dem Konzentrationslager Sobibor fliehen.
Auch seine Familie überlebte ungeschoren den Holocaust. 1949 gelangte er
nach Israel, wo er zunächst zwei Jahre lang im Kibbuz Kfar Hachoresch lebte
und Schlosser war, ehe er nach Tel Aviv übersiedelte und eine wöchentliche
Kolumne für die Abendzeitung Maariv schrieb.
Wie kein anderer traf er mit seinen Satiren die Schwächen und
Verrücktheiten der Israelis. Daraus wurden schließlich über 50 Bücher, ins
Deutsche übersetzt durch den Wiener Literaten Friedrich Torberg. Seine
Bücher in einer weltweiten Auflage von 43 Millionen prägten das Bild Israels
als etwas verrücktes Land. Kischon war auch Filmregisseur, etwa des
Blaumilchkanals. Fast hätte er eine Nominierung für den Oskar erhalten. Der
israelische Rundfunk bezeichnete ihn als den größten aller israelischen
Schriftsteller, obgleich er in Israel, anders als in Deutschland, wenig
populär war wegen seiner rechtsgerichteten Ansichten. Kischon, eitel und
hochnäsig bei persönlichen Begegnungen, sagte einmal über sich selbst: "Ich
glaube, dass ich den Leuten auch persönlich unsympathisch bin." In Israel
nahm man ihm durchaus übel, in die Schweiz ausgewandert zu sein und nur noch
sporadisch Tel Aviv aufgesucht zu haben.
Kischons Satiren wurden in 37 Sprachen übersetzt. Doch seinen
größten Erfolg hatte er dank seinem Wiener Übersetzer Friedrich Torberg. In
den deutschsprachigen Ländern hatte er so seinen größten Erfolg. Dank der
Millionenauflage seiner Bücher weltweit gilt er als der erfolgreichste
Schriftsteller Israels und als der meistgelesene Satiriker der Welt. Im Jahr
2002 wurde er sogar für den Literatur-Nobelpreis nominiert. Unzählige Preise
erhielt der Regisseur, Schriftsteller, Buchautor und Satiriker. Doch eine
seiner wichtigsten Auszeichnungen erhielt er ausgerechnet in Bodenwerder bei
Hameln: im Jahr 2001 wurde er mit dem Münchhausen-Preis ausgezeichnet. Die
Tradition des Lügenbarons hat er wie kein Anderer gepflegt.
Der erfolgreiche Autor wurde 1924 in Budapest unter dem Namen
Ferenc Hoffmann als Sohn eines Bankdirektors geboren. Er studierte in seiner
Heimatstadt Kunstgeschichte und Bildhauerei und litt als Jugendlicher unter
dem ungarischen Antisemitismus. Während des Zweiten Weltkriegs und danach
überlebte er deutsche, ungarische und russische Arbeitslager.
1949 floh Kishon mit seiner Familie aus dem kommunistischen
Ungarn nach Israel und arbeitete dort zunächst im Kibbuz Kfar Choresch als
Schlosser. Er zog dann nach Tel Aviv, wo er bis zu seinem Umzug in die
Schweiz lebte und schrieb. Mit großer Energie erlernte er die hebräische
Sprache, in der er seine Werke seither verfasst. Seinen starken ungarischen
Akzent hat er allerdings nie ganz abgelegt.