"GEWITTER IN DER WOLKE"
JEWISH DISNEYLAND - DIE VERMARKTUNG DES JÜDISCHEN
Die Referentin Iris Weiss, Redakteurin der
Online-Zeitung Hagalil, berichtete im Deutschen Historischen Museum in
Berlin über unterschiedliche Ausprägungen einer weitgehend unbeachteten
Facette des Antisemitismus, der Vermarktung des Jüdischen. Hierbei gehe es
um die marktgerechte Verbreitung von Klischees und Stereotypen über Juden.
Immer öfter sei eine "instant-light Inszenierung" jüdischen Lebens zu
beobachten, die mit den tatsächlichen Traditionen oder der jüdischen Kultur
wenig oder nichts gemeinsam haben.
Die
Konsumenten des sogenannten "Jewish Disneylands" bekämen so ein Plagiat des
Originals serviert, das ihren Klischees entspräche und somit Vorurteile über
"die Juden" verfestige und reproduziere, so Weiss. Hierbei seien vor allem
drei Phänomene immer wieder zu beobachten:
1. Die Exotisierung des Jüdischen: Hierbei werden scheinbare Unterschiede
zwischen Juden und Nicht-Juden als charakteristisch hervorgehoben und
einseitig auf die Verschiedenheit zwischen den Kulturen rekurriert. Das
Jüdische erscheint dabei als ein "Fremdkörper" in der Mehrheitskultur.
2. Die Inszenierungen des gegenwärtigen jüdischen Lebens in Europa greifen
vermehrt das Stereotyp des "reichen Judens" auf. In den Darstellung werden
immer wieder der vermeintliche materielle Reichtum der jüdischen Bevölkerung
betont, der teilweise nicht-jüdische Kultur verdränge.
3.
Die Unterschiede zwischen Fiktion und Wirklichkeit verschwimmen in der
Inszenierung. Restaurants in räumlicher Nähe zu jüdischen Einrichtungen
geben vor, typisch "jüdisch" zu sein und lassen ihre Gäste in diesem
Glauben, während auf der Speisekarte beispielsweise Schweinefleisch mit
Sahne-Soße angeboten wird.
In der nachfolgenden Diskussion, moderiert von Dr. Reiner Schiller-Dickhut,
stellvertretender Geschäftsführer der Bündnis für Demokratie und Toleranz,
wurde vor allem auf die Notwendigkeit der Information über Klischees und
Vorurteile verwiesen. Eine fiktive Folklorisierung würde vorhandenes
Schubladen-Denken verfestigen und die Begegnung mit dem tatsächlichen
jüdischen Leben erschweren.
Berlin, 28. April 2004
Im Deutschen Historischen Museum
Jewish
Disneyland – die Aneignung und Enteignung des "Jüdischen"
hagalil.com
26-12-2004 |