Die Eltern der Shajetet 13 melden sich zu Wort:
Moralische Werte in der Armee
Ein
Vorfall in der Eliteeinheit "Shajetet-13", der Kampfschwimmereinheit der 13.
Flottille, bei dem ein bereits verletzter Palästinenser erschossen worden
sein soll, führte zu einer erneuten Debatte um moralische Werte in der
Armee. Im Verlauf dieser Debatte meldeten sich nun auch die Eltern der
beschuldigten Soldaten zu Wort.Bitter und
verzweifelt klagen sie die Politik an, die eine unmögliche Situation
geschaffen und aufrechterhalten habe. Den Medien und Intellektuellen, die
einerseits nicht entschieden genug die Realität der Besatzung zur Kenntnis
nehmen wollen, andererseits aber hohe moralische Standards einfordern,
werfen sie unerträgliche Heuchelei vor:
"Wir haben unsere Söhne in die vorzüglichste Einheit der Armee geschickt, wo
sie die wagemutigsten und gefährlichsten Operationen ausüben. Jetzt müssen
wir, ihre Eltern sehen, wie unsere Kinder verdächtigt werden. Wir wollen
nicht länger schweigen. Unsere Kinder stehen vor unmöglichen Situationen.
Sie sind keine kaltblütigen Mörder! Sie sind gezwungen sich in den besetzten
Gebieten mit unmöglichen Situationen auseinanderzusetzen. Wann werden die
dort oben endlich begreifen, was die Besatzung mit uns macht!?!"
Sie schreiben, die Verwirrung sei gross: "Wenn die juristischen Berater der
Regierung noch nicht in der Lage waren zu entscheiden, ob wir uns im Krieg
befinden oder nicht, wie sollen da unsere Kinder wissen, was erlaubt und was
verboten ist?"
An ihre Kinder appellieren sie: "Ihr haltet euch tage- und nächtelang unter
und über Wasser auf, ihr kämpft täglich gegen Kindermörder. Wir wissen, dass
ihr hart geworden seid, dass ihr aber dennoch auch große Angst habt. Wir
wissen auch, dass ihr zwar entschlossen seid, eure Pflicht zu erfüllen, dass
ihr aber auch nach Hause kommen wollt, und zwar nicht in einem Sarg.
Hütet euch also vor den Ratschlägen der Heuchler von rechts und von links.
Hütete euch vor den Medien, die eure Arbeit in schmierigen Worten
interpretieren. Wir werden es nicht zulassen, dass sie ihre gepflegten Hände
in eurem Blut waschen. Euer Leben ist für uns der höchste Wert. Es kann
sein, dass ihr oder viele eurer Kameraden schon nicht mehr am Leben wärt,
wenn ihr auf diese Stimmen gehört hättet. Euer Überlebensinstinkt darf nicht
beeinträchtigt werden."
Ganz ähnlich fasst es auch ein Kommentar der Jedioth achronoth zusammen:
"Israel verliert nach vier Jahren Terror allmählich den Status des
'auserwählten Volks'. Stattdessen werden wir zu den Aussätzigen der Welt,
und die zunehmende Verschlechterung des internationalen Status unseres
Staates lässt sich nicht mehr ignorieren. Alles führt zur traurigen
Schlussfolgerung, dass die Gebiete der Ursprung allen Übels sind. Natürlich
war das Verhalten der Soldaten, sollten die Vorwürfe stimmen, unwürdig, aber
kann man ihnen wirklich Vorwürfe machen? Monatelang sitzen sie in ihren
Scharfschützen-Stellungen, und ein sekundenlanges Zögern beim Abdrücken
könnte ihnen oder ihren Kameraden das Leben kosten. Sie sind müde, ihre
Nerven sind gespannt. Nein, die Vorwürfe müssen wir einzig und allein an die
Politiker richten und vor allem an die Regierung. Die Finger in der
Regierung und in der Knesset könnten den Abzug endlich ermöglichen und einen
ausgedehnten Urlaub anzutreten. Das hoffen wir, darum beten wir".
Auch im Verteidigungsministerium und im Generalstab muss man sich neben dem
Kampf gegen den Terror auch dem Kampf um das Ansehen und die moralischen
Werte der Armee stellen. Verteidigungsminister Mofas sagte, er habe den
hohen Offizieren die Anweisung erteilt, Soldaten und Offiziere, die "von den
Normen abweichen", auf das Schärfste zu bestrafen. Generalstabschef J’alon
sieht die Stabilität durch die Ereignisse der letzten Wochen erschüttert.
Der Außen- und Sicherheitsausschuss der Knesset soll nun gemeinsam mit dem
Generalstabschef die Kampfmoral der Armee erörtern und Stellungnahmen zum
Grundsatz der "Reinheit der Waffe" ausarbeiten.
General Stern fasste das Dilemma vor dem Rechtskomitee der Knesset
folgendermaßen zusammen: "In jeder Generation muss sich jeder Offizier der
IDF so verhalten, als sei er selbst in Auschwitz gewesen, dafür sorgen, dass
wir nicht tun, was uns angetan wurde, und dass sich das, was uns angetan
wurde, nicht wiederholt".
*) Soldaten der S-13 sollen in Jenin, laut Aussagen
palästinensischer Zeugen und Berichten der Israelischen
Menschenrechtsorganisation "beZelem", einen schwer verletzten Terroristen
erschossen haben. Zuerst waren die Soldaten davon ausgegangen, der Mann sei
tot und hatten dessen Nachbarn aufgefordert die vermeintliche Leiche in
deren Wohnung zu schleppen. Als sie bemerkten, dass der Mann noch lebte,
sollen sie ihn erschossen haben. Als Reaktion hat der Kommandeur der Marine
alle Operationen der Einheit in den besetzten Gebieten eingestellt.
dg /
hagalil.com
09-12-2004 |