Front National Mitglied verhaftet:
Antisemitische Friedhofsschändung aufgeklärt?
Steht eine der größten rechtsextremen
Anschlagsserien in Frankreich kurz vor der Aufklärung? Am Donnerstag, 16.
Dezember sah es so aus.
Von Bernard Schmid, Paris
Seit Ende April 2004 begann von Ostfrankreich her eine
neue Welle antisemitisch motivierter Friedhofsschändungen, aber zeitgleich
auch von Verwüstungen moslemischer Friedhöfe und von Denkmälern zur
Erinnerung an jüdische oder moslemische Soldaten beider Weltkriege. Der
Schwerpunkt dieser Aktionen lag im Elsass.
Die erste und zugleich spektakulärste Schändung war jene
des jüdischen Friedhofs im elsässischen Herrlisheim (in der Nähe von Colmar)
vom 30. April: 127 Gräber wurden verwüstet, zahlreiche Hakenkreuze und
SS-Runen sorgten für eine eindeutige ideologische Handschrift.
Im Zusammenhang mit dieser Tat konnte am 15. Dezember 04
in Colmar erstmals ein Strafverfahren gegen einen Tatverdächtigen
eingeleitet werden. Der 24jährige kahlköpfige Waldarbeiter Lionel Lezeau,
der zunächst die Tatbeteiligung leugnete, bezeichnet sich selbst als
Parteigänger des Front National und ist dort (laut Angaben des
Untersuchungsrichters Pierre Wagner) auch als Mitglied eingeschrieben. Er
war am Dienstag an seinem Arbeitsplatz festgenommen und in der Folgezeit
einem Schriftgutachten unterzogen worden, das ergab, dass er der Urheber
eines Teils der Schmierereien auf dem Friedhof sowie neonazistischer
Inschriften an einer Autobahnbrücke ist; die Staatsanwaltschaft hat jetzt
ein Zweitgutachten zur Überprüfung angeordnet. Bei einer Hausdurchsuchung
wurde bei ihm nationalsozialistische Literatur gefunden. Am Mittwoch wurde
das Strafverfahren gegen ihn eröffnet. Die Kriminalpolizei fahndet aber noch
nach weiteren Tatbeteiligten, da die Schmierereien nicht von einer einzigen
Handschrift stammten.
Der Generalsekretär der rechtsextremen Partei, Carl Lang,
sprach von einer "groben Manipulation" und wollte eine "von Gegnern des
Front National bezahlte Operation nicht ausgeschlossen" wissen.
Ein anderer Rechtsextremist, der 22jährige Neonazi
Matthieu Massé, war bereits im Juli 2004 in Bar-le-Duc festgenommen worden.
Er wurde der Schändung einer Gedenkstätte für jüdische Teilnehmer am Ersten
Weltkrieg in Verdun überführt und später zu einem Jahr Haft verurteilt.
hagalil.com
16-12-2004 |